Wort des Distriktoberen

Quelle: Distrikt Schweiz

Wort des Distriktoberen

Auszug aus dem MB Nr. 449 (Juni 2016)

Mit grossem Interesse habe ich die Nummer 13 der historischen Zeitschrift Passé Simple aus der Westschweiz gelesen, denn diese Ausgabe versetzt den Leser in verschiedene Epochen und in mehrere, zum Teil ziemlich entfernte, Regionen, und doch ist alles wieder so nahe aus den Gründen, die ich Ihnen hier darlegen möchte.

Es geht um die Geschichte eines Walliser Jesuiten mit Namen Maurice Gailland. Er wurde 1815 in Verbier geboren, gerade als Europa wieder erwachte. Er macht sein Noviziat in Brig, dann studiert er in Freiburg, wo er 1846 zum Priester geweiht wird. Aber die Epoche ist gefährlich für die Gesellschaft Jesu in der Schweiz. Die Freisinnigen zittern vor Empörung angesichts dieses Ordens, da sie sehr wohl die Macht der Bekehrung der Söhne des hl. Ignatius erkannt haben, die diese grossen Liberalen nicht tolerieren können. Sie schrecken vor keiner Verleumdung zurück, um sie zu vertreiben. Als Folge des Sonderbundkriegs erreichen sie ihr Ziel. Nachdem sie wunderbare Missionierungsprojekte realisiert haben, wurden die Jesuiten aus unserem Land vertrieben. Man erinnert sich vielleicht an den Art. 58 aus der Verfassung von 1848, wo schwarz auf weiss geschrieben stand: Der Jesuitenorden und die Gesellschaften, die ihm angegliedert sind, dürfen in keinem Teil der Schweiz aufgenommen werden.

Aber Gott sieht so viel weiter als wir kleinen Menschen! Im Jahre 1848 schifft sich Maurice Gailland mit weiteren sechs Mitbrüdern nach Amerika ein, um dort die Indianer vom Stamm der Potawatomi im Herzen der Vereinigten Staaten zu missionieren. Er folgt dem Weg der Siedler nach Westen, er geht an Kansas City und Topeka vorbei und erreicht endlich seine neue Mission. Sie heisst Sancta Maria! Es handelt sich um das St Mary’s College, das nach einer schönen Geschichte und vielen Höhepunkten im Jahre 1978 von der Priesterbruderschaft St. Pius X. gekauft wird! Es ist sogar das grösste Werk unserer Tradition auf dem amerikanischen Kontinent. Die Verbindung ist wunderbar und beweist, wie sehr die Verfolgung die Christen wie durch einen Windhauch in ein neues Land führt, dahin, wo der liebe Gott eine Neupflanzung vorgesehen hat.

Auf dem Friedhof dieses Kollegs kann man noch die Gräber aus jener Empoche sehen mit den lateinischen Namen des Herkunftslandes der Priester und Brüder: Belca, Helvetus, Gallus, Germanus, Italus, Hibernus, Anglus. Aber die Zeiten waren hart: Cholera, Trockenheit, Bürgerkrieg. Aber Pater Gailland bringt seine Hilfe und seine Unterstützung diesen armen Indianern: "Lieber Gott, verschone meine Indianer in diesen beschwerlichen Tagen, die ich heraufziehen sehe. Sie werden aus ihren Behausungen vertrieben und wie Hunde behandelt werden, die es nicht verdienen, mitten unter Weissen zu leben und sie werden aus ihren Reservaten vertrieben werden."



Was die Missionare bis zu den Grenzen der Erde gebracht haben, ist der Glaube und die Sakramente. Aber auch eine Entwicklung, die zuerst eine Frucht der Studien ist, und da ist die Effizienz der Jesuiten ebenfalls bekannt. Auch die Technik wurde gefördert. St Mary’s wurde eine riesige Modellfarm mit Ställen, die für jene Zeit auf dem neuesten Stand waren. Diese schöne Armee von Priestern konnte alle Erwartungen erfüllen; ihre Kapazität, die Zivilisation auszubreiten, blieb lange Zeit aussergewöhnlich! Es ist möglich, dass diese Jesuiten weiterhin diese technische Effektivität behalten haben, aber was die Missionierung betrifft, ist sie beendet. Die meisten Jesuiten sind Modernisten bis zu den Fingerspitzen.



Sogar jener, der in Rom in Weiss gekleidet ist, hat das Unmögliche möglich gemacht: gewisse Konkubinate annehmbar zu machen. Die berühmte Jesuitenzeitschrift La Civiltà cattolica zögert nicht zu schreiben: "Eine Entwicklung in der Lehre der Kirche ist nicht nur möglich, sondern sie ist notwendig, um auf die pastoralen Herausforderungen zu antworten."

Man kann sich fragen, was sie mit dem iota aus dem Evangelium machen, das jenen verurteilt, der das kleinste der Gebote übertritt (s. Mt 5,18). Alle Jesuiten seit dem Ursprung des Ordens bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil würden sich mit Vehemenz (und Gott weiss, wie sehr sie dazu fähig waren) gegen solche Irrtümer erheben.So sind wir die neuen Indianer geworden, die man in ein Reservat hineinpfercht mit der Aufgabe, einige altmodische Traditionen zu bewahren, und man fragt sich nur, für wie lange. Denn es wird sicher ein Moment kommen, wo die Freiheit für die Tradition gebremst oder sogar blockiert werden wird! Aber nein, man muss das Land verlassen und in ein fernes Land gehen, um seinen Glauben zu bewahren. Gott wird daraus ein höheres Gut entstehen lassen. Fürchten Sie nichts, ich habe nicht die Gabe der Prophezeiung, aber mir scheint, dass sich der Schraubstock um Europa schliesst; wie diese Spanngurten, die man zum Festbinden braucht, zuerst ziehen sie überhaupt nicht fest, aber dann ziehen sie sich zusammen und schliesslich ist das Objekt unbeweglich! Jedes antichristliche Gesetz ist eine Zacke, jede Pflichtvernachlässigung unserer Regierungen ist eine weitere, jedes Verlassen der Lehre durch die Autoritäten in der Kirche ist wiederum eine Zacke. Und man fühlt, dass dies ziemlich schnell vor sich geht. Der Eindruck, sich betrogen zu fühlen, wird immer stärker; die Wirklichkeit, die wir unseren Kindern hinterlassen, wird offensichtlich!

Nur einer kann dies in Licht umwandeln, unser Herrgott, der daraus ein umso grösseres Werk bewirken kann. Darin liegt unsere Hoffnung, und so lange sollen wir fortfahren, seiner Vorsehung zu folgen, indem wir unsererseits unsere Standespflichten erfüllen. Möge die allerseligste Jungfrau Maria uns unterstützen.

Pater Henry Wuilloud