Versetzungen in den Distrikten – so funktionieren sie
Jedes Jahr finden in den Distrikten der Priesterbruderschaft St. Pius X. Versetzungen von Priestern, Brüdern und Oblatinnen statt. Sie gehören zu den schwierigsten Entscheidungen der Distriktoberen. Was steckt dahinter?
Hinter allem steckt eine ganz natürliche Erklärung – zumindest für die Versetzungen in den Distrikten mag dies gelten; auch wenn ihnen lange Überlegungen und intensives Gebet vorausgehen. Für alle Betroffenen bedeuten sie zumeist Aufbruch und Neubeginn, aber auch Abschied. Nicht selten fällt es Gläubigen schwer, wenn ein vertrauter Pater eine neue Aufgabe erhält und den Ort wechseln. „Das zeigt, dass die Gläubigen den betreffenden Pater ins Herz geschlossen haben und er gute Arbeit geleistet hat. Und natürlich beziehen wir die Wünsche und vor allem das Wohl der Gläubigen immer in unsere Entscheidungen ein. Es gibt aber eine ganze Reihe an Punkten, die dabei einfließen. Das macht es in der Planung recht komplex“, berichtet Pater Stefan Pfluger, der seit 2019 Distriktoberer in Deutschland ist. Beispielsweise geht es darum, dass sich die Patres entwickeln, neue Erfahrungen sammeln und dadurch wachsen können. Gerade junge Priester werden öfters versetzt, sodass sie unterschiedliche Aspekte der priesterlichen Arbeit kennenlernen können: Priorat, Schule, Jugend, Senioren, Familien, Exerzitien, mehr pastoral oder mehr administrativ, Stadt, ländliches Gebiet und mehr – so unterschiedlich eben, wie das priesterliche Apostolat im Alltag ist. So begegnen die Patres einem breiten Spektrum an Gläubigen und können lernen, Stärken ausbauen und an sich arbeiten. Das war in den Bistümern immer die Regel. Um die Priester in ihrer Entwicklung zu fördern, wird der Obere ihnen nach und nach größere Verantwortung übertragen.
Im Zentrum der Pflichten des Distriktoberen steht die Sorge um das Priestertum und das geistliche Leben der Patres in seinem Distrikt. Der Obere muss dem Priester helfen, dass er Zeit für Gebet und Studium findet und dass er nicht durch die Pastoral aufgefressen wird.
Er trägt zudem Verantwortung für die physische und psychische Gesundheit seiner Priester. Deshalb muss er dort, wo ein Priester älter und damit weniger leistungsfähig wird, überlastet ist oder gar krank zu werden droht, das Maß an Verantwortung und die Arbeitsbelastung reduzieren. Das kann eine Versetzung notwendig machen. „Gerade die starke Belastung der Kleriker wird oft unterschätzt. Sie müssen eine Vielzahl Aufgaben übernehmen, die oft auch abseits ihres eigentlichen Tätigkeitsfeldes liegen: Sie haben Theologie studiert, wurden ausgebildet für die geistliche Sorge ihrer Gläubigen. Im Alltag sind sie aber viel unterwegs, um weit entfernte Kapellen und Messorte zu betreuen, müssen Kirchen unterhalten und renovieren, manchmal sogar planen und bauen, sorgen sich um die Finanzen und Güter von Prioraten, managen ihr Personal, kümmern sich um Menschen, die neben geistlichen Fragen auch mit Alltags- und psychischen Problemen auf sie zukommen“, ergänzt Pater Stefan Pfluger die vielfältigen Aufgaben, die auf Priester zukommen. Es ist zudem nicht unüblich, dass Patres im Laufe ihres Lebens mehrere Sprachen erlenen müssen und in unterschiedlichen Ländern und Kulturen eingesetzt werden. Viele gehen gerade in dieser Abwechslung und Vielfalt auf, andere wünschen sich einen stärkeren Fokus auf Gebet und Kontemplation. Darauf muss ein Distriktoberer bei seinen Personalentscheidungen ebenso achten wie auf eine ausgewogene Besetzung der Priorate. Es gilt das passende Gleichgewicht zu finden und die Anforderungen von Apostolat und Gemeinschaftsleben auszubalancieren, wobei das Gemeinschaftsleben und die Statuten dem Apostolat die Form geben. Das war dem Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X. immer äußerst wichtig.
„Das Apostolat der Priesterbruderschaft ist seit über 50 Jahren eine echte Erfolgsgeschichte. Die Zahl der Gläubigen steigt stetig“, resümiert Pater Stefan Pfluger. Besonders seit Corona ist die Zahl derer, die ihre geistliche Heimat bei der Priesterbruderschaft gefunden haben, massiv gestiegen. Die vielen dadurch hinzukommenden Beichten, seelsorglichen Gespräche, zusätzlichen hl. Messen und mehr gehören zu den großen aktuellen – gleichwohl sehr positiv zu bewertenden – Herausforderungen bei den Personalentscheidungen.
Ein Distriktoberer kann nur die Priester ernennen, die ihm anvertraut worden sind. Über die Aufteilung der Priester auf die Distrikte und Seminare entscheidet das Generalhaus. Deshalb kommt es vor, dass Priester abgezogen werden, um im Seminar oder einem anderen Land eingesetzt zu werden.
Auch aus dem Beispiel anderer priesterlicher Gemeinschaften oder Orden weiß man, dass gerade die ersten vier, fünf, sechs Jahrzehnte geprägt sind von vielen Versetzungen. Auf jeden Fall wägen die Verantwortlichen die verschiedenen Bedürfnisse und Erfordernisse ab und behalten das Ganze im Blick.