Innerkirchlicher Widerstand gegen „Fiducia supplicans“ (2)

Quelle: FSSPX Aktuell

Die natürliche Familie bricht zusammen, während Rom vorrangig an irreguläre und gleichgeschlechtliche Paare denkt

Vielleicht dachte Kardinal Victor Manuel Fernández, dass der Widerstand gegen Fiducia supplicans allmählich nachlassen würde, doch er hat sich offenbar getäuscht. Die Gegner beruhigten sich nicht und reagierten weiterhin.

In einem Interview mit Edward Pentin vom National Catholic Register, das am 29. Januar in Rom geführt wurde, reagierte auch Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ehemaliger Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, auf die anhaltenden Auswirkungen der Erklärung Fiducia supplicans. Statt nebulöser Rechtfertigungen „müssen wir die Wahrheit [über diese Pseudosegnung] sagen: dass sie Blasphemie ist, dass sie eine Sünde ist. 

Du kannst dich selbst betrügen, du kannst andere betrügen, aber niemand kann Gott betrügen.“ Zur angeblich pastoralen Sorge um Homosexuelle sagt der Prälat: „Man führt diese Menschen nicht durch die Relativierung der Wahrheit und die Abwertung der Gnade zur Kirche zurück, sondern durch das unverfälschte Evangelium Christi.“ 

Der Kardinal prangert eine fehlerhafte Pastoral gegenüber irregulären oder gleichgeschlechtlichen Paaren an, weil diese Pastoral nicht auf der katholischen Heilslehre beruht: „Für die heutigen Autoritäten sind diese [Ehebrecher oder Homosexuellen] nur aufgrund ihrer Schwäche in schwierigen Situationen, sie leugnen daher die Existenz der Sünde als Wille, Böses zu tun und gegen den heiligen Willen Gottes zu handeln: Sie sind nur arme Menschen, und wir müssen ihnen helfen. Aber was ist die Hilfe von Jesus Christus? Es ist die Hilfe der Gnade, es ist die Erneuerung des Lebens. Jeder ist zum Reich Gottes berufen. Ja, jeder ist berufen. Aber das Heil ist das neue Leben in Jesus Christus, es bedeutet, von der Sünde befreit zu sein. Und nicht nur eine moralische Norm einhalten, wie ein von einer Elite festgelegtes Ideal oder von der Gesellschaft aufgestellte Regeln, sondern es nach dem heiligen Willen Jesu tun. Das ist der Sinn der Heiligung, und das ist wahres Glück, das in Gottes Richtung geht. Das ist das wahre Glück – und nicht die hartnäckige Wiederholung der Sünden.“ 

Im Grunde, so Kardinal Müller, besteht das Drama darin, das in Fiducia supplicans angelegt ist: „Es gibt keine klare Anthropologie, keine klare Lehre: Was ist die Gnade? Was ist die Sünde? Was ist die Erbsünde? Was sind persönliche Sünden? Was ist mit dem eigenen Willen und der Zusammenarbeit des freien Willens mit der Gnade zu tun? Im Konzil von Trient haben wir dieses große Dokument über die Rechtfertigung und die Erbsünde. Und dort heißt es: „Wenn jemand sagt, dass man auch mit Hilfe der Gnade nicht in der Lage ist, die Sünde zu meiden, dann ist das anathema sit und man wird von der vollen Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen“. Was Sie brauchen, ist eine echte Abkehr von der Sünde und eine vollständige Bekehrung zum Herrn.“ 

Und er forderte auf: „Lasst uns zur Klarheit des Wortes Gottes zurückkehren, zu dem, was im Katechismus gesagt wird, und nicht zu diesen Verbeugungen vor der völlig falschen LGBT- und Woke-Ideologie. Das ist nicht modern, sondern eine Rückkehr zum alten Heidentum. In der alten heidnischen Welt Griechenlands, Roms und Persiens: Jeder, überall, erlaubte homosexuelle Handlungen und sexuelle Beziehungen mit Minderjährigen. Sie hatten nicht diesen hohen Standard der Moral, der in den Zehn Geboten gegeben wurde. Aber andererseits sagt Paulus, dass auch die Heiden im Licht ihrer Vernunft und ihres Gewissens fähig sind, das zu verstehen, was in ihrem Herzen geschrieben steht [das natürliche Sittengesetz].“ 

Währenddessen verliert die natürliche Familie ihre Bedeutung 

Sandro Magister schlägt seinerseits eine Rückkehr zur Realität vor: Während Rom vorrangig an irreguläre und gleichgeschlechtliche Paare denkt, wird die natürliche Familie in Italien vernachlässigt. Der Vatikanist schreibt auf seiner Website Settimo Cielo vom 9. Februar: „In Italien, der Nation mit 59 Millionen Einwohnern, deren erster Hirte Papst Franziskus ist, werden jährlich etwa 2.000 zivile Eheschließungen zwischen Personen des gleichen Geschlechts registriert. Man kann also mit Recht annehmen, dass darunter nur sehr wenige homosexuelle Paare sind, die an die Kirchentür klopfen, um sich segnen zu lassen, da der Anteil der Bevölkerung, der sich von der Kirche entfernt, in Italien wie in vielen anderen Ländern wächst. Und doch ist die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zum Thema Nr. 1 für die Kirche von Papst Franziskus geworden, es ist das Thema, auf das er seine Autorität in letzter Zeit am meisten ausgeübt hat, was so weit ging, dass er den Widerstand von Kardinälen, Bischöfen, Gläubigen und ganzen Ortskirchen, einschließlich derer in ganz Schwarzafrika, hervorgerufen hat.“

Der italienische Journalist warnte: „Die Statistiken sollten die Kirche zu völlig anderen Sorgen und Verpflichtungen veranlassen. Nicht, wie es heute der Fall ist, auf mehr oder weniger irreguläre, gleichgeschlechtliche Verbindungen fokussiert, sondern auf reguläre Paare, gewöhnliche heterosexuelle Paare, auf Familien im klassischen Sinne des Wortes. Denn in der Zwischenzeit, in der Stille und dem scheinbaren Desinteresse der höchsten Autorität der Kirche, verkümmern diese Familien von Jahr zu Jahr. Bis in die 1970er Jahre gab es in Italien mehr als 400.000 Hochzeiten pro Jahr, die fast alle in der Kirche gefeiert wurden. Während im Jahr 2023 und mit viel mehr Einwohnern als damals die Zahl der kirchlichen Eheschließungen kaum mehr als 70.000 betragen wird. Mit einem brutalen Einbruch von 14 Prozent in nur einem Jahr im Vergleich zu 2022.“ 

Und weiter: „Heute wird in Italien nur noch knapp eine Hochzeit pro tausend Einwohner gefeiert. In der Lombardei, der bevölkerungsreichsten und am stärksten industrialisierten Region, deren Hauptstadt Mailand ist, sind die Zahlen noch niedriger: 0,7 kirchliche Trauungen pro tausend Einwohner. Mit anderen Worten: In einer lombardischen Stadt mit 10.000 Einwohnern werden in einem Jahr gerade einmal sieben kirchliche Trauungen durchgeführt, also so gut wie gar keine.“