Erzbischof Lefebvre: Die Nachfolge Petri ist in Rom
Die Thronbesteigung Petri durch Päpste, die sich von der Tradition entfernen, könnte einige Priester und Gläubige dazu verleiten, Lösungen zu suchen, die Mgr Lefebvre als vereinfacht bezeichnete.
Auf Grund einer Krise, die nicht mehr zu enden scheint, und angesichts skandalöser Begebenheiten sind manche dazu geneigt, übereilte Schlüsse zu ziehen und alles aufzugeben. Mgr Lefebvre, der mehrere Päpste erlebt und mit eigenen Augen diverse Skandale gesehen hat, bleibt hingegen kategorisch. Die Schiene des Sedisvakantismus ist eine Sackgasse. Auch wenn wir Meinungsverschiedenheiten mit dem Papst haben können, geht doch unsere Bindung an die ersten Apostel zwangsläufig an dem Nachfolger Petri nicht vorbei. In diesem Sinne wendet Mgr Lefebvre sich einige Monate vor seinem Tode an die Priester der Bruderschaft Sankt Pius X.
"Ich meine dennoch, dass wir eine Bindung an Rom brauchen. Es ist doch in Rom, wo sich die Nachfolge Petri befindet, die Nachfolge der Apostel, des Apostels Petrus, das Primat Petri und der Kirche. Wenn man diese Bindung abbricht, ist man wirklich wie ein Schiff, das den Wirren eines Stromes ausgesetzt ist; wir wissen dann nicht, mit welchem Ort und mit welcher Person wir verbunden sind.
Ich denke, wir können wahrlich in der Person, die allen vorangehenden Päpsten nachfolgt, den Nachfolger Petri sehen. Denn er sitzt auf dem Stuhl Petri. Er wurde in der Lateranbasilika als Bischof von Rom empfangen. (Es ist ja der Bischof von Rom, der der Nachfolger Petri ist!) Er wurde von allen Bischöfen der Welt als sein Nachfolger anerkannt.
Was soll ich denn sagen! Man kann annehmen, dass er wahrhaftig der Nachfolger Petri ist! Und in diesem Sinne binden wir uns an ihn und durch ihn an alle seine Vorgänger. Auf ontologischer Weise, wenn man so sagen darf. Was er aber tut, was er denkt und sagt, das ist natürlich etwas anderes. Das ein großer Schmerz für die katholische Kirche und für uns, eine solche Sache feststellen zu müssen. Aber ich denke, das ist die Lösung, die der Realität entspricht.
Die Lösung des Sedisvakantismus ist keine Lösung; daraus ergeben sich zahlreiche Probleme. Denn wenn es seit Paul VI. keine Päpste mehr gegeben hätte, dann wären alle Kardinäle ungültig, die von diesen Päpsten ernannt wurden. Dann wären die Wahlen, die die Kardinäle als Mitglieder des Konklaves durchgeführt haben, nichtig. Und wer sollte dann die Verbindung zu Johannes XXIII. wiederherstellen? Und was, wenn man dazu noch meint, dass Johannes XXIII. auch kein Papst war? Also ich weiß es nicht! Muss man zurück bis zum Papst Pius XII.? Wer kann das Band wiederherstellen? Denn wenn diese Kardinäle ungültig zu Kardinälen ernannt wurden, so können sie keinen zukünftigen Papst wählen. Wer wird uns den neuen Papst bestimmen? Wir sind vollständig verloren! Es ist nicht erstaunlich, dass es in diesen Kreisen Leute gab, die sich einen Papst auserwählt haben. Das ist logisch. Halten wir uns an die Lösung des gesunden Menschenverstandes, die auch die Lösung ist, die uns die allgemeinen Gläubigen vorzeigen.
Jedes Mal, wenn es Geschichten um den Sedisvakantismus gab, die in der Bruderschaft für Unruhe gesorgt haben, stellten wir fest, dass die Gläubigen im Allgemeinen nicht gefolgt sind. Diese Gläubigen sind uns gefolgt, sie sind der Lösung der Bruderschaft gefolgt. Und wenn ich mir vorstelle, dass wir – ich meine die Verantwortlichen der Bruderschaft, die Mehrheit der Priester – eines Tages die Entscheidung treffen und sagen würden: „Nun behaupten wir, dass es keinen Papst gibt“, dann würden uns die Gläubigen nicht folgen. Und das zu Recht! Betrachten Sie das Beispiel von Bordeaux: Als Pater Guépin mit seinem Mitbruder Pater Belmont, der gerade dort war, gegangen ist, meinten sie, dass sie zwei Drittel der Gemeinde mitnehmen würden. Es waren aber nicht mehr als zwei, drei Familien.
Nein, die Gläubigen haben den richtigen Sinn für den Glauben. Sehen Sie, wie sie auf die Bischofsweihen reagiert haben. Die Gläubigen haben den Sinn für den Glauben. Sie haben den gesunden Menschenverstand und den Sinn für den Glauben. Man kann dem Urteil unserer guten Christen und unserer Gläubigen vertrauen.“
(Erzbischof Marcel Lefebvre bei den Priesterexerzitien 1989)