6. Dezember - Hl. Nikolaus
Der hl. Nikolaus wird etwa zu der Zeit geboren worden sein, in der der Kaiser Diokletian (284 - 305) zur Herrschaft gelangte. Nikolaus kam im im kleinasiatischen Lykien zur Welt, in Patara . Er entstammte einer wohlhabenden Familie.
Es wird erzählt, daß ein Edelmann zu Patara drei Töchter hatte. Weil er aber arm war, wußte er nicht, wie er seinen Töchtern eine Mitgift verschaffen sollte. Darum hatte er vor, sie ins Bordell zu schicken, damit sie sie dort selbst verdienten. Der hl. Nikolaus erfuhr von diesem schändlichen Vorhaben und warf in drei Nächten nacheinander für jede der Töchter einen Goldklumpen durch ein Fenster des Hauses. Es heißt auch, er habe das Gold durch den Kamin in die daran aufgehängten Strümpfe geworfen. Jedenfalls konnte der Edelmann seine drei Töchter dank dieser Gaben verheiraten. - Der hl. Nikolaus wird oft mit drei goldenen Kugeln dargestellt.
Man liest auch davon, daß Nikolaus Abt des Sion-Klosters in der Nähe von Myra in Lykien gewesen sei, doch beruht dies auf einer Verwechslung seiner Person mit einem Abt desselben Namens, der im 6. Jahrhundert lebte.
Bei der Bischofswahl zu Myra am Beginn des 4. Jahrhunderts soll es folgendermaßen zugegangen sein: Dem ältesten der versammelten Bischöfe wurde auf übernatürliche Weise mitgeteilt, es solle nach Gottes Willen derjenige zum Bischof geweiht werden, der als erster früh am nächsten Morgen die Kirche betrete. So fiel die Wahl auf den hl. Nikolaus. Er wurde auf den Stuhl des Bischofs gesetzt, obwohl er erklärte, er sei des so hohen Amtes nicht würdig.
Nach dem Verfolger Diokletian (284 - 305), der das römische Reich in vier Herrschaftsgebiete aufteilte, kam im Osten Galerius an die Macht, der bis dahin sein Mitregent gewesen war (vgl. 14.5., 30.7.). Galerius (305 - 311) ernannte Maximinus Daia (305 - 313) zum Herrscher im Südosten des Reiches und behielt selbst den Nordosten (vgl. 4.12.). Beide setzten die diokletianische Verfolgung (s. 22.4.) grausam fort. Auch der hl. Nikolaus von Myra wurde eingekerkert und schwer mißhandelt. - 325, also fünfzehn bis zwanzig Jahre später, auf dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicaea (s. 31.12.), gehörte der hl. Nikolaus zu den Verteidigern der Rechtgläubigkeit gegen die Irrlehre des Arius (s. 2.5.).
Es wird erzählt, daß während einer Hungersnot zu Myra einmal Getreideschiffe aus Alexandria in den Hafen der Stadt einliefen. Der Bischof bat die Besatzungen um Korn für die notleidende Bevölkerung, doch mochten die Seeleute diesem Wunsch nicht nachkommen, weil das von ihnen geladene Getreide für die Hauptstadt Konstantinopel bestimmt war. Sie fürchteten die ihnen drohende Strafe, wenn sie das Korn nicht in vollständiger Menge ablieferten. Der heilige Bischof aber versicherte ihnen, es werde ihnen nichts geschehen, und so lud jedes Schiff einhundert Scheffel Korn ab. Mit diesem geringen Vorrat versorgte Nikolaus in wunderbarere Weise die gesamte Bevölkerung Myras während der Hungersnot, und es blieb sogar noch Korn für die Aussaat übrig. - Die Getreideschiffe aber fuhren weiter nach Konstantinopel. Zum Erstaunen der Seeleute war beim Löschen der Ladung ebensoviel Korn vorhanden wie in Alexandria eingeladen worden war.
Es wird ferner erzählt, daß auf Betreiben des Kaisers einst drei hohe Offiziere auf Grund falscher Anklagen als Hochverräter zum Tode verurteilt wurden. Sie riefen in ihrem Kerker die Hilfe des hl. Nikolaus an. Der erschien dem Kaiser im Traum. Daraufhin überprüfte der Kaiser die Anklagen noch einmal und sah ein, daß sie unhaltbar waren.
Es heißt, daß sich auf das Gebet des hl. Nikolaus hin ein bedrohlicher Sturm legte, so daß ein vom Untergang bedrohtes Schiff sicher den Hafen erreichte. Daher gilt St. Nikolaus auch als Patron der Seeleute.
Der hl. Nikolaus von Myra starb mit fünfundsechzig Jahren an einem 6. Dezember, der ein Freitag war. Demnach ist das Todesjahr auf 345 oder 351 zu datieren.
Am 9. Mai 1087 wurden die Reliquien des hl. Nikolaus nach Bari in Süditalien (vgl. 8.5.) übertragen, was zu einem Aufschwung der Verehrung des Heiligen im gesamten Abendland führte. - Zu jener Zeit hatten die Türken gerade damit begonnen, Kleinasien zu erobern (s. 23.2.).
Später wurde auch erzählt, daß ein verbrecherischer Wirt drei Scholaren auf der Wanderschaft, die bei ihm übernachteten, ermordete und ausraubte. Um seine Tat zu verheimlichen, steckte er die zerstückelten Leiber wie Schweinefleisch in ein Faß und pökelte sie ein. Als der hl. Nikolaus einmal in dem Wirtshaus einkehrte, wurde ihm das Menschenfleisch vorgesetzt. Der Heilige erkannte das Verbrechen und erweckte die drei Jünglinge wieder zum Leben.
Mancherorts zählt man St. Nikolaus seit dem Spätmittelalter auch zu den Nothelfern (s. 24.9.). Er nimmt dann meistens die Stelle des hl. Erasmus (2.6.) oder die des hl. Vitus (15.6.) ein. - St. Nikolaus gilt vor allem Anwalt der Armen und der unschuldig Verfolgten.