Predigt von Weihbischof Tissier de Mallerais bei den Niederen Weihen am 3. Februar

Quelle: Distrikt Deutschland

Lieber Pater Regens, liebe Mitbrüder, Schwestern und Gläubige,

heute werden wir mit der Hilfe Gottes verschiedenen Kandidaten die Niederen Weihen erteilen und aus ihnen Türhüter oder Pförtner, Lektoren, Exorzisten und Akolythen machen. Lassen Sie mich nur das Amt des Lektors und des Akolythen kommentieren. 

Die Weihe, das Amt und der Geist des Lektors

Dem Lektor ist aufgetragen, die Lesungen des Alten Testamentes vorzulesen und Brot und neue Früchte zu segnen. Der Bischof, liebe Kandidaten, wird Euch sagen: Esto verbi Dei relatores, d.h. seid Überlieferer des Wortes Gottes. Was heißt das? Drei Dinge:

1. Das Wort Gottes liefern. 2. Das Wort Gottes überliefern. 3. Das Wort Gottes vollbringen.

1. Das Wort Gottes liefern. Ihr sollt das Wort angeben oder vortragen, wie es ist, wie es klingt. Einfach das Wort den Zuhörern liefern, ohne Veränderung, ohne Fälschung. Deswegen sagt der Bischof bei der Weihe: „Befleißigt Euch daher, die Worte Gottes, nämlich die heiligen Lesungen, deutlich und vernehmlich zum Verständnis und zur Erbauung der Gläubigen vorzutragen ohne alle lügenhafte Verfälschung.“ 

Deswegen verkündet, wenn Ihr Priester werdet, beim Predigen einfach den Glauben! Erzbischof Lefebvre sagte uns Seminaristen: „Vom Priester fordern die Gläubigen nur einfach den Glauben, das, was sie glauben sollen; das, was man glauben muss, um gerettet zu werden. Keine besondere Apologie des Glaubens, sondern einfach die Glaubenssätze und ihre Erklärung.“ - Das Wort Gottes einfach liefern. 

2. Das ist etwas verschieden: Das Wort Gottes überliefern, d.h. die überlieferte Lehre der Kirche vortragen, was man Tradition nennt: überliefern, was überliefert wurde.  Deswegen werdet Ihr beim Predigen, einst Priester geworden, vermeiden, die Wahrheit zu vermindern, wie die Liberalen es tun; auch werdet Ihr vermeiden, Neuerungen zu erfinden und mit der Wahrheit zu vermischen, wie die Modernisten es tun. Und noch etwas werdet Ihr vermeiden: die Glaubenssätze in anderem Sinn zu interpretieren als die Kirche immer geglaubt und gelehrt hat. Das ist sehr wichtig! Die Wahrheit genauso vorlegen, wie die Kirche sie immer geglaubt und verstanden hat. Dazu ein Beispiel - nur für die Seminaristen, die schon die Theologie studieren: Eine moderne Erklärung des Geheimnisses unserer Erlösung. Was ist Erlösung, wie vollzieht sie sich? Durch das Blut, das der liebe Jesus am Kreuz für uns vergossen hat, ja, aber die Modernen wollen das neu interpretieren! Und ein berühmter Theologieprofessor in Regensburg versuchte in den 60er Jahren eine Annäherung des katholischen Glaubens an den Existenzialismus. Er sagte: Diese Meinung einer Sühneleistung Jesu Christi für unsere Sünden und das Leiden Jesu anstatt uns, um Gott, seinem Vater eine Gerechtigkeitsleistung zu erbringen, das ist veraltet. Das ist alte Theologie, Mittelalter: Anselm, Thomas von Aquin, ja, das ist alt. Unsere Denkweise heute kann dies nicht akzeptieren: Sühneleistung - nein! Nur Liebeleistung. Jesus am Kreuz hat nur für uns geliebt, wie Heidegger und alle Existenzialisten es sagen. Das ist eine Reduzierung des Glaubens, eine Verminderung des Glaubens. Es ist nicht falsch: Jesus Christus am Kreuz hat für uns geliebt, ja, für unsere Lieblosigkeit hat er seinen Vater geliebt. Das ist richtig, aber das ist nicht alles im Geheimnis der Erlösung. Die Erlösung ist zuerst eine Gerechtigkeitsleistung. Jesus hat seinem Vater seine Rechte und seine Ehre wiederherstellen wollen, ein Werk der Gerechtigkeit. So endete dieser Versuch des Theologieprofessors in einer Fälschung des Glaubens, in einer Häresie, die das Werk der Gerechtigkeit Jesu Christi am Kreuz, seine Sühneleistung durch sein Leiden verneint. Das ist für uns nicht der Weg. Solche Interpretationen, nein! Wir sollen einfach den Glauben vortragen.   

3. Die Wahrheit nicht nur liefern, nicht nur überliefern, wie sie immer überliefert wurde, sondern diese Wahrheit auch zu vollbringen in unserem Leben. Aber dies werden wir erklären im Kommentar über die Akolythenweihe.  

Et agenda dicant, et opere impleant - d.h. das, was Ihr sagt zu tun, sollt Ihr im Werk vollbringen.   

Jetzt erklären wir die Akolythenweihe.

Das Amt des Akolythen besteht darin, die Leuchter zu tragen bei der Zeremonie, die Lichter der Kirche anzuzünden und Wein und Wasser für das heilige Messopfer herbeizubringen. Die geistige Anwendung dieses Amtes ist die folgende gemäß dem Pontifikale Romanum: „Während ihr Gott das Licht mit den Händen vortragt, sollt ihr mit euren Werken der Finsternis nicht dienen.“ Licht - Finsternis. Wenn Ihr das Licht für Gott tragt, könnt Ihr nicht der Finsternis dienen und dadurch anderen Beispiele der Treulosigkeit und Unverlässlichkeit geben. Schüttelt, sagt das Pontifikale, schüttelt die Werke der Finsternis ab und ziehet die Waffen des Lichtes an, die, wie der hl. Apostel Paulus sagt, Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit sind. Die Waffen des Lichtes: die Güte, Güte mit den Seelen. Die Gerechtigkeit, die Seelen in der Gerechtigkeit leben zu lassen, die Seelen in der Wahrheit leben zu lassen. Und die Wahrheit. Das ist Apostolat, das ist Seelsorge. 

Und das Pontifikale Romanum schließt mit drei Folgerungen:

1. Seid daher eifrig in jeglicher Gerechtigkeit und Güte und Wahrheit, damit Ihr euch selbst und die Kirche Gottes erleuchtet. Seid Licht für euch selbst und für die Kirche. Ich würde hinzufügen: Verbergt Euer Licht nicht unter dem Scheffel des Zweiten Vatikanischen Konzils und löscht es nicht aus. Dies würde der Todesstoß Eures Predigteifers sein!  

Unser verehrter Gründer, Erzbischof Lefebvre, meinte mit Kardinal Pie, dem berühmten Kard. Pie, dass die Kirche ihre Wahrheit nicht besser ins Licht stellen kann, als wenn sie die entgegengesetzten Irrtümer anprangert und verurteilt. Das ist die Art und Weise der Kirche, wie die Konzilien oder die päpstlichen Erklärungen die Wahrheit lehren, indem sie, die Kirche, die entgegengesetzten Irrtümer verurteilt. Und ein Bischof soll es tun. Und Sie sollen es tun. Aber Erzbischof Lefebvre sagte noch etwas anderes. Er sagte uns über den Kampf für den Glauben etwas Wichtiges: Dieser Kampf gegen die Irrtümer, besonders die Irrtümer von heute, dieser Kampf für den Glauben besteht nicht in einer rein theoretischen Auseinandersetzung. Dieser Kampf ist keine reine intellektuelle Disputierübung. Gewiss vernachlässigt dieser Kampf weder die Kenntnis der katholischen Grundsätze noch die Widerlegung der entgegengesetzten Irrtümer, aber dieser Kampf ist wesentlich übernatürlich. Dieser Kampf ist ein Kampf von Geistern, ein Kampf um die Seelen, ein Kampf, der übernatürlich ist, ein Kampf, wie der hl. Paulus sagt, gegen die Geister der Finsternis, die in der Luft schweben, um die Menschen zu verführen. Das ist der wahre Kampf des Glaubens. Ein Kampf des Gebetes, ein Kampf der Sühne. So kämpfet eifrig gegen die heutigen Irrtümer, aber kämpfet auch den Kampf des Gebetes und der Sühne. Deswegen setzt das Amt des Akolythen die Übung mancher christlicher Tugenden voraus. Es setzt das Werk unserer Heiligung voraus und besonders, gemäß dem Pontifikale, die Übung und das Erwerben der Tugend der Keuschheit. Eure Lenden seien daher umgürtet, auf dass Ihr Kinder des Lichtes seid. Dann werdet Ihr im göttlichen Opfer Wein und Wasser würdig darreichen, wenn Ihr Euch selbst durch ein keusches Leben und gute Werke Gott als Opfer dargebracht haben werdet.   

Im Französischen Priesterseminar Santa Chiara in Rom lehrte der liebe Pater Markus Voegtli den Erzbischof, den jungen Seminaristen Marcel, was er die Vollständigkeit des Priestertums nannte: Das Opfer des Priesters, um schlussendlich die Königsherrschaft Jesu Christi in vier Etappen zu erlangen.

1. Etappe: Zuerst die persönliche Entsagung des Priesters, damit er sich der Fülle der Gottesliebe erfreue. Die Entsagung des Priesters.

2. Danach das Predigen der vollständigen Wahrheit der Kirche bezüglich unseres Herrn Jesus Christus als Priester und König, besonders in der Priesterbruderschaft St. Pius X. Jesus Christus als Priester und als König verkündigen.

3. Das hl. Messopfer zelebrieren, das an sich eine Verkündigung der Herrschaft Jesu Christi ist, durch das Holz seines Kreuzes. Regnavit a ligno Deus - Gott herrscht vom Holz seines Kreuzes aus. Gerade dies proklamiert das hl. Messopfer. Und

4. endlich die Errichtung dieser Herrschaft unseres Herrn Jesus Christus in den Seelen, in den Familien, in den Schulen und auch in der Gesellschaft. Das ist das Programm unserer Priester, besonders in der Priesterbruderschaft. Das nannte P. Voegtli „die Vollständigkeit des Priestertums“.

So beten wir, meine lieben Seminaristen, dass der liebe Gott durch die Vermittlung der allerseligsten Jungfrau Maria diesen Geist des Priestertums gebe, durch die Vermittlung Mariens als Hüterin des Glaubens und als Jungfrau der Jungfrauen.

Amen.