Neujahrsvorsätze für einen Katholiken

Quelle: Distrikt Schweiz

Die ruhigeren Tage nach Weihnachten nutzen viele Menschen dazu, um über das vergangene Jahr und darüber, was sie gerne ändern möchten, nachzudenken. Weniger rauchen, mehr Sport und gesünder essen – das dürften die Klassiker unter den Vorsätzen fürs neue Jahr sein. Dagegen spricht natürlich nichts

Aber kann uns hier auch der Glaube Impulse geben?  

Pater Georg Kopf – Ein ganz klares Ja! Das liturgische Jahr beginnt mit dem 1. Adventssonntag und die Liturgie sagt uns: „Jetzt ist die Zeit gekommen vom Schlaf aufzustehen!“ Was heisst das? Schon im Advent sollte sich der Mensch die Zeit nehmen, sich zurückzuziehen und Gedanken machen. 

Das kann dabei helfen, die Prioritäten im Leben wieder richtig zu setzen. Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um? Welche Verantwortung trage ich vor Gott? All das sind Fragen, über die wir uns in der stillen Zeit und darüber hinaus mehr Klarheit verschaffen können. In jedem Fall sollte die Advent- und Weihnachtszeit ein Anlass sein, dem Alltagstrott zu entkommen und das Bewusstsein auf ein tatsächlich selbstbestimmtes Leben zu lenken. 

Wir dürfen den Fortschritt in unseres spirituellen Lebens nicht dem Zufall überlassen, sondern müssen aktiv daran arbeiten. Der Jahreswechsel kann dann sozusagen der Stichtag sein, um die Ergebnisse dieser Überlegungen in konkreten Vorsätzen umzusetzen. 

 

Das neue Jahr kann auch Anlass bieten, einige Dinge im Leben in Ordnung zu bringen. Was würden Sie empfehlen, welche Bereiche in der eigenen Lebensführung man sich in jedem Fall genauer ansehen sollte?  

Pater Georg Kopf – Der Mensch ist – zum Glück – nicht eindimensional angelegt. Das heisst: Zu einem gelingenden Leben gehören immer verschiedene Aspekte. 

Aus meiner Sicht sollte man den Blick mindestens auf diese drei Bereiche richten: 

Persönliches Wachstum: Wie kann ich als Person wachsen? Wie kann ich mich fortbilden, meine Fähigkeiten besser ausschöpfen? Wie kann ich mein Wissen und meine Fertigkeiten erweitern? 

Sozialer Umgang: Wie kann ich Nächstenliebe im Alltag leben? Wo kann ich konkret der Gefahr des Egozentrismus entgehen? Wie kann ich den Kontakt zu Mitmenschen suchen, pflegen und vertiefen, die guten Geistes sind? 

Gottesliebe: Wie kann ich mein Leben so gestalten, dass ich jederzeit mit gutem Gewissen vor Gott treten kann?  Was ist gewöhnlich die Triebfeder meines Handels und Tuns, ist es wirklich die Liebe zu Gott? Wenn man sich zunächst auf diese drei Hauptgebiete konzentriert, ist man auf einem guten Weg. Priorität hat hierbei aber ganz klar das Hauptgebot unseres Glaubens, Gott zu lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit allen unseren Kräften UND den Nächsten wie uns selbst. 

 

Gibt es so etwas wie ein katholisches Minimum, an dem man auf alle Fälle arbeiten sollte? Eine Gebetsroutine, Glaubensübungen, Aufmerksam- keiten dem Nächsten gegenüber oder ähnliches?  

Pater Georg Kopf – Im Alltag verlieren wir uns leider allzu oft in das tägliche Einerlei. Dabei fällt das Wesentliche oft hinten runter, weil scheinbar andere Dinge dringlicher sind – oder auch einfach irgendwann die Energie fehlt, sich um weitere Aspekte des Lebens zu kümmern. Dem sollten wir unbedingt entgegenwirken! Einkehr und Gebet stärken unsere Beziehung zu Gott, sie tun uns aber auch selbst gut. Als absolutes Minimum würde ich das Morgengebet und eine kurze geistliche Vorbereitung auf den Tag, das Tischgebet sowie das Abendgebet mit dazugehöriger Gewissenserforschung betrachten. Das sind nur ein paar Minuten am Tag – aber diese Zeit sollten wir uns auf alle Fälle für Gott nehmen. Sehr zu empfehlen ist es, täglich den Rosenkranz zu beten und wenn möglich, nicht nur am Sonntag, sondern mindestens ein weiteres Mal auch unter der Woche zur Messe zu gehen. Vor allem, wenn wir merken, dass uns die Sonntagsmesse zu viel ist, sollten wir auch einmal unter der Woche zur hl. Messe gehen. Die katholische Kirche verpflichtet dazu, mindestens einmal im Jahr zu beichten. Besser ist aber, jeden Monat einmal zur Beichte zu gehen. Probieren Sie es – Sie werden die positive Wirkung auf Ihr Glaubensleben selbst spüren! 

 

Kann uns vielleicht auch die Bibel Ratschläge geben, was wir uns vornehmen könnten?  

Pater Georg Kopf – Die Bibel ist mit den rund 2.000 Seiten vielleicht das dickste Buch mit Ratschlägen zur persönlichen Lebensführung. Allein die Paulusbriefe sind voll mit Ratschlägen zum Umgang mit dem Nächsten. Oder denken Sie an Prediger 3,1: „Alles hat seine Zeit. Jedes Ding hat seine Stunde unter dem Himmel.“ – Es bringt also nichts, wenn wir die Dinge erzwingen wollen. Oder Sprüche 16,3: „Befiehl dem Herrn deine Werke, so werden deine Pläne gelingen.“ – Ohne Gott ist nicht nur alles nichts, wir müssen unsere Vorsätze und unser Leben auch Gott anvertrauen und für ihn aufopfern, dann kann es gelingen. Das Thema ist eigentlich eine eigene Katechese. Ich kann Sie daher zu einem weiteren Vorsatz animieren: Nehmen Sie das Angebot unserer Patres wahr, gehen Sie zur Christenlehre, in die Bibelstunden, Glaubenskurse oder was sonst gehalten wird. Wir setzen uns nicht nur in der „Hochsaison“ der Neujahrsvorsätze, sondern das gesamte Jahr für die Glaubensvermittlung ein – und freuen uns, wenn Sie daran teilnehmen. 

 

Die meisten Neujahrsvorsätze scheitern schon nach wenigen Tagen. Zu viel hat man auf einmal gewollt, zu ungenau hat man die Ziele formuliert. Haben Sie Tipps, wie es gelingt, die Neujahrsvorsätze tatsächlich  dauerhaft umzusetzen?

Pater Georg Kopf – Ziele sollten SMART sein. Das heißt: Spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert. Schreiben Sie sich Ihre Vorsätze ruhig auf und nehmen Sie diese Notizen immer mal wieder zur Hand, um zu prüfen, ob Sie dem gerecht geworden sind. Konkret heisst SMART, dass Sie ganz genau formulieren sollten, was Sie erreichen wollen. Also nicht „ich möchte meinen Glauben vertiefen“, sondern zum Beispiel „ich möchte jeden Tag zwei Seiten aus der Bibel lesen“. Das Ziel muss auch realistisch sein. Denken Sie zum einen darüber nach, was Sie erreichen möchten, aber auch darüber, was Sie angesichts begrenzter Zeit auch tatsächlich umsetzen können. Und dann sollten Sie sich auch ganz klar vornehmen, was wann zu geschehen hat. Geben Sie Ihrem Vorsatz ein festes Zeitfenster in Ihrem Tagesablauf. Meiner Erfahrung nach hilft das sehr dabei, Vorsätze auch wirklich umzusetzen. 

 

Nun ertappt man sich nach einigen Wochen, dass man manches schon wieder schleifen hat lassen. Was nun?  

Pater Georg Kopf – Wenn man sich dabei ertappt, ist das schonmal ein gutes Zeichen. Dann heisst es: Erneut in sich gehen, sich den Wert des Vorsatzes vergegenwärtigen, die Gründe erforschen, warum man es hat schleifen lassen und – ganz wichtig: nicht verzagen. Sich wieder aufrichten und es erneut angehen. Es gehört zum menschlichen Leben dazu, auch zu scheitern. Nehmen wir die Herausforderung an, können wir wachsen.

 

Welche Rolle können die Beichte und die Betrachtung des Tages dabei spielen, Änderungen im Lebenswandel herbeizuführen?  

Pater Georg Kopf – Die Priester weisen bei jeder Gelegenheit darauf hin, wie wichtig die hl. Beichte ist. Es ist sehr traurig, dass ausgerechnet dieses für den Glauben so wertvolle Sakrament heutzutage als „das vergessene Sakrament“ gilt. Wie soll der Mensch ohne Selbstreflexion, Reue, Busse und Umkehr im Glauben wachsen? Die Beichte ist entscheidend für ein gläubiges Leben. Die tägliche Betrachtung, Vorbereitung auf den Tag sowie die abendliche Gewissenserforschung sind ein zusätzlicher wichtiger Baustein hierzu. Heute würde man das vielleicht Selbstoptimierungsmaßnahme nennen. Aber fest steht: Ohne die Beichte geht es nicht.

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