Ein unberechenbarer Kardinal

Quelle: FSSPX Aktuell

Katholische Universität ITI, in der Nähe von Wien gelegen

Kardinal Christoph Schönborn, seit 1995 Erzbischof von Wien, Mitglied des Dominikanerordens, der Internationalen Theologischen Kommission und Mitverfasser des Katechismus der Katholischen Kirche, gilt als konservativ, aber „sehr offen“.

Der Erzbischof von Wien kann in der Tat überraschen. So brach er als Teilnehmer an der zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Europa (1.-23. Oktober 1999) das geradezu penetrante Schweigen der Kirche über die Verbrechen des Kommunismus. 

Dieses Schweigen wurde auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil offensichtlich, wo der Kommunismus durch die Entscheidung der Päpste, die es durchführten, sorgfältig vermieden wurde. Der Grund dafür ist heute bekannt: Johannes XXIII. wollte unbedingt Beobachter der russisch-orthodoxen Kirche dabei haben und ließ sich versprechen, dass das Thema nicht angesprochen würde. 

Die Geschichte dieser Geheimabsprache wurde nun rekonstruiert. Sie wurde „im August 1962 in Paris zwischen Metropolit Nikodim und Bischof Jan Willebrands und später in Metz zwischen demselben Nikodim und Kardinal Eugène Tisserant, der Russisch sprach, geschlossen. France nouvelle, die zentrale Wochenzeitung der Kommunistischen Partei Frankreichs, berichtete über den Inhalt des Geschäfts […].“ 

Es wurde also geschwiegen. Der Abschnitt, der sich in Gaudium et spes mit dem Atheismus befasst, vermeidet es, den Kommunismus zu nennen, der nirgendwo in den Konzilsdokumenten auftaucht. Und das trotz einer starken Bewegung, die die Verurteilung dieser schrecklichen Ideologie bewirken wollte. 

So hatte der Coetus internationalis patrum, der die konservativen Bischöfe vereinte, die Unterschriften von 454 Konzilsvätern bekommen. Sie forderten die Verurteilung des Kommunismus. Rechtzeitig am 9. November 1964 eingereicht, wurde der Schriftsatz in keiner Weise berücksichtigt. Was war geschehen? Er war von Bischof Achille Glorieux „verlegt“ worden... 

Die Rede von Kardinal Schönborn auf der Europa-Synode 

Dieses Schweigen wurde auf der Synode über Europa gewissermaßen gebrochen, als Kardinal Schönborn am 7. Oktober 1999 eine mit Beifall bedachte Rede hielt. Er stellte fest, dass die Verbrechen des Kommunismus „oft noch in eine ‚Wolke‘ von Unwissenheit und Schweigen gehüllt sind“, berichtete cath.ch. Und er fragte: „Sind nicht auch wir an diesem Schweigen beteiligt, die Christen und Bischöfe des Westens?“ 

Er fügt hinzu: „Sollten wir nicht während der Synode dafür um Vergebung bitten? Damit wir das Gedenken an die Märtyrer mit reinem Herzen feiern können?" Es dauerte bis zum Fall der Mauer und 35 Jahre, bis dieses „Zeichen der Zeit“ von den durch die Ökumene verblendeten römischen Behörden wahrgenommen wurde. 

Doch der Erzbischof von Wien bietet auch andere Facetten. Er öffnet seine Kathedrale regelmäßig – einmal im Jahr – für ein Konzert einer LGBT-Vereinigung mit allen denkbaren Ausschreitungen. Im Jahr 2018 stellte sich ein Schauspieler halb entblößt auf dem Altar – gemeint ist der neue Mess-„Tisch“ – inmitten von als Dämonen verkleideten Schauspielern zur Schau. 

Er hat weiterhin die „Freiheit, vom Glauben abzufallen“ als Teil der „Religionsfreiheit“ bekräftigt. Andererseits erklärt er auch, dass „die Ehe für alle eine Realitätsverweigerung ist“. Er greift währenddessen auch den deutschen Synodalausschuss an und wirft den Katholiken vor, dass sie nichts gegen die Entchristlichung Europas unternehmen. Ganz offensichtlich ist Christoph Schönborn ein unberechenbarer Kardinal.

Entschiedene Opposition gegen die Frauenordination 

Die Tagespost vom 2. Juni 2024 berichtet, dass Erzbischof Schönborn in einer Predigt an der katholischen Universität ITI „Forderungen nach einer Öffnung des Weihesakraments für Frauen eine klare Absage erteilt hat“. Er sagte, er sei „zutiefst davon überzeugt, dass die Kirche dies nicht ändern kann und darf.“ 

Der Erzbischof ergänzte: Die „Frage der Öffnung des Weihesakraments“ scheine sich heute „mit Macht der Kirche aufzudrängen“, und alle gesellschaftlichen Beweise schienen dafür zu sprechen, dass die kirchliche Ordnung „der letzte Rest eines patriarchalischen Systems“ und damit diskriminierend sei, sagte der Kardinal in seiner Predigt. 

Aber es beruhe nicht auf Engstirnigkeit, dass die Kirche das Sakrament der Weihe den Männern vorbehalten hat. Vielmehr handele es sich um ein „Depositum, das uns anvertraut wurde“, fügte er hinzu. Und er erinnerte daran, dass Papst Johannes Paul II. klar gesagt habe, dass er diese Ordnung nicht ändern könne, „weil er den Auftrag hatte, die Tatsache zu bewahren, dass die Kirche Braut ist.“