Predigt von Bischof Fellay in Zaitzkofen

Quelle: Distrikt Deutschland

Predigt von bei den Priesterweihen in Zaitzkofen am 2. Juli 2016

Das Ziel der Kirche ist das Heil der Seelen

von Bischof Bernard Fellay

Liebe Weihekandidaten, liebe Patres, Schwestern, liebe Gläubige,   

zum Beginn dieser Zeremonie der Priesterweihen möchte ich Ihnen einen Text vorlesen, den ich schon vor drei Tagen in Ecône gelesen habe, und darauf werde ich die Predigt in drei Punkten aufbauen: der Glaube - der Priester – Maria.   

Das Ziel der Priesterbruderschaft St. Pius X. besteht vor allem in der Heranbildung von Priestern, was seinerseits eine wesentliche Bedingung ist für die Erneuerung der Kirche und die Wiederherstellung der Gesellschaft. ist.

1. In der großen und schmerzhaften Verwirrung, die augenblicklich in der Kirche herrscht, erfordert die Verkündigung der katholischen Lehre das Anprangern der Irrtümer, die – unseligerweise begünstigt durch eine große Zahl von Hirten bis hin zum Papst selbst – in ihren Schoß eingedrungen sind.

2. Der augenblickliche Zustand des schweren Notstandes gibt der Priesterbruderschaft St. Pius X. das Recht und die Pflicht, allen Seelen, die sich an sie wenden, geistliche Hilfe zu gewähren. Sie sucht dabei nicht in erster Linie die kanonische Anerkennung, auf die sie – als ein katholisches Werk – ein Anrecht hat.

Sie hat nur ein einziges Bestreben: Das zweitausendjährige Licht der Tradition sowohl innerhalb der Gesellschaft wie auch der Kirche treu weiterzutragen. Das ist der einzige Weg, dem es in dieser Epoche der Finsternis zu folgen gilt, wo der Kult des Menschen sich an die Stelle des Kultes gesetzt hat, den wir Gott schulden.

3. Das « Alles in Christus erneuern », welches der heilige Papst Pius X. in Anknüpfung an den hl. Paulus (Eph. 1,10) gewollt hat, kann nicht ohne die Unterstützung eines Papstes verwirklicht werden, der genau diese Rückkehr zur heiligen Tradition fördert. In Erwartung dieses gesegneten Tages will die Priesterbruderschaft St. Pius X. die Anstrengungen verdoppeln, um das Königtum unser Herrn Jesus Christus in der Gesellschaft mit den ihr von der göttlichen Vorsehung gegebenen Mittel zu begründen und auszubreiten.

4. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. betet und nimmt Bußwerke auf sich, damit der Papst die Kraft hat, den Glauben und die Moral vollumfänglich zu verkünden. So wird er – am Vorabend des hundertsten Jahrestages der Erscheinungen von Fatima – den Triumph des Unbefleckten Herzens Mariens beschleunigen, auf den wir unsere Hoffnung setzen.

Manche fragen sich: Was soll dieses Kommuniqué, was soll es bedeuten? Meine lieben Gläubigen, dies entspricht genau dieser Zeit der Verwirrung, in der wir leben. Viele möchten die Dinge ganz schwarz oder ganz weiß, aber so ist es eben nicht. Deshalb bedeutet dieses Kommuniqué nicht, dass wir mit Rom brechen, es bedeutet aber, dass wir Klarheit verlangen, und dass wir nicht bereit sind, unseren Zug entgleisen zu lassen; dass es wichtigere Sachen gibt [als rein kirchenrechtliche Gesichtspunkte], und die zu betonen sind. Eine jede Gesellschaft, sei es also der Staat, sei es die Kirche, haben ein Ziel, sie haben eine Struktur, sie haben ein Recht, sie haben Gesetze. Und so kann man auch von der Kirche sagen, sie sei ein Rechtstaat. Dieses Recht zu haben und zu sehen, zu befolgen, ist die entsprechende Ordnung. Aber es kann Missbräuche geben. Der allererste Punkt bei einer jeden Gesellschaft ist ihr Ziel, das alles beherrscht, das die Struktur festlegt, die Verfassung, die Mittel. So ist das Ziel der Kirche das Heil der Seelen. Und so heißt es auch im Kirchenrecht: das allerhöchste Gesetz ist das Heil der Seelen. Das bedeutet, meine lieben Gläubigen, dass ein jedes Gesetz der Kirche, eine jede Autorität und Autoritätsausübung ihren Wert hat und ihre Kraft aus diesem allerhöchsten Gesetz schöpft: das Heil der Seelen. Das ist wahr für ein jedes Gesetz, das ist wahr für ein jedes Amt, den Papst eingeschlossen! Wenn irgendeine Autorität sich von diesem Ziel entfernt oder sich ihm entgegensetzt, bedeutet das Missbrauch der Autorität, man darf ihr dann nicht folgen. Deshalb sagen wir einerseits, dass wir das Recht haben, als katholisch anerkannt zu werden, das ist normal, das ist richtig, deshalb sagen wir aber auch: Das ist nicht das Allererste. Das Allererste ist das Heil der Seelen. Und wie, wie wird die Kirche die Seelen zum Heil führen? 

Wieder einmal haben wir da einen ersten Grundsatz: Es ist der Glaube. Der Heiland selbst - nicht die Kirche - Gott selbst hat es gesagt: Wer nicht glaubt, ist schon verurteilt. Wer den Glauben, den katholischen Glauben ablehnt, wer dem Irrtum anhängt, wer abweicht, wer diesen Glauben nicht unversehrt und integral bewahrt, der ist verloren für die Ewigkeit - so heißt es im Glaubensbekenntnis des hl. Athanasius - absque dubio - ohne irgendeinen Zweifel. Deshalb bestimmt der Glaube auch jede kirchliche Handlung. Und das ist der erste Punkt, auf den wir setzen und aufbauen. In einer Epoche, wo so viele Irrtümer verbreitet werden, nicht nur draußen, sondern in der Kirche, ist es die erste Aufgabe, diesen Glauben zu bewahren, zu verteidigen, die Irrtümer zu verurteilen und das ist und sollte die erste Aufgabe der höchsten Autoritäten der Kirche sein. 

Wir machen den Autoritäten einen großen Vorwurf: Bei der Taufe lautet die erste Frage: Was begehrst du von der Kirche? Und die Antwort ist: den Glauben. Warum? Weil er zum ewigen Heil führt, zum ewigen Leben! Ohne diesen Glauben haben wir das ewige Heil nicht. Die Kirche hat bis zum Konzil alle ihre Handlungen, ihre Gesetze auf den Schutz und die Verbreitung des Glaubens gesetzt. Seit dem Konzil wurde diese Hauptaufgabe zweitrangig. So haben wir den jetzigen Zustand einer unglaublichen Verwirrung. Und gerade, weil wir das ablehnen, weil wir arbeiten wollen für die Bewahrung und die Verbreitung des Glaubens, wurden wir verurteilt, bis jetzt. Aber eben, das ist so ein Fundament, das wir nicht bereit sind aufzugeben - und wir dürfen es auch nicht! Der Glaube steht an allererster Stelle.

Das Priestertum. Gerade heute dürfen wir Priester weihen; ohne Priester keine hl. Messe. Der allererste Zweck des Priesters ist, die hl. Messe zu zelebrieren. Der Priester ist für die hl. Messe, für das hl. Messopfer da, das identisch ist mit dem Opfer Christi auf dem Kalvarienberg. Ja, meine lieben Gläubigen, jedes Mal, wenn Sie zur hl. Messe gehen, besteigen Sie den Kalvarienberg; jedes Mal treffen Sie den Heiland, der gekreuzigt ist und sakramental am Kreuze stirbt. Der sein Leben erneut für uns hingibt; wegen unserer Sünden, so sagt das Konzil von Trient, wegen unserer täglichen Sünden wird die hl. Messe täglich zelebriert. Die hl. Messe ist die Tat, wodurch die Sünden der Menschen gutgemacht, gesühnt werden, wodurch die armen Menschen, die wir sind, mit dem Herrgott versöhnt werden; damit ist die hl. Messe die Quelle aller Gnaden, absolut aller Gnaden. Der Heiland hat am Kreuz schlicht und einfach alle Gnaden verdient, die wir empfangen. Und das ist wahr für einen jeden Menschen von Adam bis zum Ende der Welt. Alles Gute, einfach alles Gute, das von den Menschen hier auf Erden vollbracht wird, fließt aus dem Kreuze. So kann man die Worte von Padre Pio verstehen: Die Welt könne leichter bestehen ohne Sonne als ohne hl. Messe. So haben wir wirklich keine Hemmungen zu sagen, dass die Wiederherstellung, dass die Arznei für diese unglaubliche Krise der Kirche aus der Messe fließt, und also vom Priester kommen wird. Und nicht nur die Kirche, sondern auch die Gesellschaft, auch diese menschliche Gesellschaft, deren Ziel ein irdisches, ein zeitliches ist, auch sie bedarf gemäß dem Konzil von Trient der Gnade aus dem hl. Messopfer: Ein Mensch kann nicht ohne Sünde leben, wenn er nicht den Beistand der Gnade empfängt; er braucht die Gnade, um nicht zu sündigen. Das ist wahr für jeden Menschen, das ist wahr für die Familie, das ist auch wahr für die Gesellschaft. Will man eine Gesellschaft in der Ordnung, - die Gesellschaft setzt sich zusammen aus Menschen, die alle mit der Erbsünde zur Welt kommen -, dann gibt es keine andere Lösung, als zum Heiland zu gehen. Er ist der Erlöser und führt zum Himmel, er ist auch der Wiederhersteller einer gerechten Gesellschaft hier auf Erden. Und da er der Herrgott ist, ist er auch der Herr dieser Gesellschaft! Noch einmal: Die Wiederherstellung der Gesellschaft fließt aus der hl. Messe.

Schauen Sie in die Geschichte, wie das geschehen ist. Schauen Sie, wie früher alle Dörfer um die Kirche gebaut worden sind. Das ist eine physische Darstellung von dieser hohen Wahrheit: Die Ordnung in der Gesellschaft fließt aus dem Opfer, das nur der Priester verwirklichen kann. Es gibt keine Hoffnung auf eine Wiederherstellung, auch der Gesellschaft, die jetzt mit solchen unglaublichen Gesetzen zutiefst verletzt ist, die zu ihrem Tod führen. Es gibt keine wahre Lösung ohne den katholischen Priester. Und noch einmal: Wenn wir Priester sagen, dann sagen wir hl. Messe. Wenn wir wüssten, wer der Priester ist! Wenn wir wüssten, wie groß, welche Gewalten in seinen Händen ruhen, er ist allmächtig, aber nicht als Mensch, er bleibt Mensch; aber heute empfängt er den priesterlichen Charakter, und dieser Charakter, dieses Merkmal ist eine eigentliche Teilnahme am Priestertum Jesu Christi. Es gibt nur einen Priester in der wahren Religion, nur einen. Und das ist Jesus Christus. Jesus Christus, der sich vervielfältigt durch seine Priester. Seine Priester werden wie Werkzeuge Jesu erlauben, dass der Hohepriester sich vervielfältigt durch Zeit und Raum. Genauso wie die hl. Hostie; die Präsenz ist zwar verschieden, aber die Vervielfältigung ist dieselbe. Es ist derselbe Heiland, den Sie, meine lieben Gläubigen, im Beichtstuhl finden. Sie empfangen aus den Händen Jesu die hl. Kommunion. Die Worte bei der Wandlung "Das ist Mein Leib" gehören nicht dem Priester, den Sie sehen! Der Priester sagt es zwar mit vollem Bewusstsein; mit ganzem Verstand und Willen sagt er "mein", das ist "mein" Leib - und er weiß ganz genau, wenn er es sagt, dass es nicht sein Leib ist. Er wagt trotzdem zu sagen "mein", weil in diesem Augenblick dieses "mein" mehr dem Heiland als dem Priester gehört, direkt dem Heiland. Der Priester ist nur ein Werkzeug. Was geschieht beim Werkzeug?

Werfen wir einen Blick auf eine Feder: Der Schreiber nimmt die Feder in seine Hand und so schreibt er auf dem Papier. Merkwürdigerweise geht vom Schreiber selbst etwas auf das Papier über. Das ist so wahr, dass es eine Wissenschaft gibt, die Graphologie, wo man diese Schrift auf dem Papier studiert und darin etwas von der Persönlichkeit des Schreibers erkennen kann. Tatsächlich ist etwas von der Persönlichkeit des Hauptwirkenden, also des Schreibers, durch die Feder auf das Papier gekommen. So ist es auch bei der Wandlung, so bei einem jeden Sakrament, so bei einer jeden Predigt; mit verschiedenen Stufen; ja, der Heiland handelt durch den Priester. Bei der Wandlung geht die Allmacht Gottes durch den Priester, die unendliche Macht Gottes, die fähig ist zu schaffen; und hier tut sie noch mehr als schaffen: Die Wandlung kann kein Mensch verwirklichen, nur Gott! So auch die Erteilung der heiligmachenden Gnade, die Teilhabe ist an der göttlichen Natur, am göttlichen Leben: Das kann nur Gott bewirken. Aber Gott ist so mächtig, dass er sich würdigt, Werkzeuge zu benutzen, und sein Hauptwerkzeug ist der Priester. Das verlangt von Ihnen, liebe Weihekandidaten, dass Sie zuerst an Ihr Priestertum glauben und dann daraus leben. Dass diese Annäherung, diese Verähnlichung mit Jesus nicht bloß in der Tat, in den Sakramenten, sondern bei jeder Handlung sich vollzieht. Sie sind nicht nur Priester während Ihres sakramentalen Wirkens, Sie sind Priester auf ewig. Das bedeutet, dass der Heiland eine jede Ihrer Handlungen benutzen möchte, um sein Heil den Seelen zu bringen.    

Gerade heute dürfen wir das Fest Mariä Heimsuchung feiern, und da sehen wir etwas Ähnliches bei Maria: Sie bringt den Heiland zu Ihrer Cousine Elisabeth, ganz verborgen, aber sie trägt den Heiland, wie Sie den Heiland tragen. Sie bringt ihn ganz verborgen, man sieht es nicht. So ist die Wirkung der Sakramente, der Gnade, man sieht sie nicht, und doch ist sie unglaublich wirksam. Der liebe Gott hat Maria als sein Werkzeug benutzt, er ist zu uns, er ist zu den Menschen durch Maria gekommen. Und nach der Empfängnis wartet die Gottesmutter nicht, sofort wird sie tätig, man könnte sagen, der Heiland in ihr drängt sie zu dieser apostolischen Wirksamkeit. Sofort, mit Eile sogar geht sie, um den Heiland anderen Menschen zu bringen, dem Vorläufer, der Cousine Elisabeth. Und so, einmal Priester, werden Sie nicht warten. Diese Messe gerade jetzt, die Weihemesse, ist schon Ihre erste hl. Messe. Die Kirche will nicht warten, sofort sollen Sie den Heiland den Menschen bringen. Aber tun Sie es mit der Gottesmutter, folgen Sie dem Beispiel des Heilandes selbst, er wirkt durch Maria, der Mittlerin aller Gnaden. Bleiben Sie bei Maria, ich würde sagen, wie Jesus! Bleiben Sie in Maria, so werden Sie am wirksamsten arbeiten.   

Ich möchte schließen, meine lieben Gläubigen, indem ich Sie daran erinnere, dass wir in einem Jahr den 100. Jahrestag der Erscheinungen von Fatima feiern werden. Und wir wollen dieses Ereignis würdig vorbereiten mit einem neuen Rosenkranzkreuzzug. Aber diesmal möchten wir das sozusagen noch ein bisschen ausschmücken: Wir wollen nicht nur Rosenkränze, also Rosen, der Gottesmutter bringen, wir wollen ihr auch unsere Bußwerke schenken. Wir zielen - es sollte nicht so schwierig sein – auf 50 Millionen Bußwerke ab. Rosenkränze erwarten wir zwar sicher mehr als 12 Millionen, aber nicht bloß äußere Taten, meine Lieben; wir wollen diesen Kreuzzug unternehmen, indem wir uns die Absichten der Gottesmutter selbst, Gottes selbst zu Eigen machen. Maria hat den Sinn dieser Erscheinungen in Fatima angegeben, indem sie sagt, dass ihr Sohn die Andacht zu ihrem Unbefleckten Herzen in die Welt einführen will. Das ist der Zweck, der Sinn der ganzen Geschichte von Fatima bis heute: Die Andacht zum Unbefleckten Herzen Mariä in die Welt einzuführen. Und die allerseligste Jungfrau sagt dazu: Wer diese Andacht übt, der wird gerettet. Sie haben richtig gehört: Der wird gerettet! Verheißung der Gottesmutter! Noch mehr und deutlicher als bei den fünf Samstagen. Warum, warum folgt die Hierarchie diesen Anweisungen nicht? Unsere erste Bitte an den Himmel ist also, dass es Wirklichkeit werde, dass diese Andacht zum Unbefleckten Herzen Mariä wirklich ausgebreitet und gelebt wird, in der ganzen Kirche, in der ganzen Welt. Eine zweite Bitte betrifft den Triumph Mariens; und die dritte die Weihe Russlands durch den Papst, wie die Gottesmutter es dargelegt hat. Und dann ganz am Ende kommt noch eine vierte Bitte dazu, nämlich: Wir flehen um den Schutz des Unbefleckten Herzens Mariens für uns, für die Priesterbruderschaft, für all ihre Werke, für Sie, liebe Gläubige, für uns Priester, Bischöfe, für die ganze Familie der Tradition. Ja, wir setzen unsere ganze Hoffnung auf die Gottesmutter, das Heilmittel für diese schwere Zeit, und wir empfehlen ihr Ihr Priestertum, meine lieben Kandidaten. Amen.    

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.