Die zwölf Artikel des Glaubens: 9. Die heilige katholische Kirche
Christus hat eine Kirche gegründet, die sein Werk bis ans Ende der Welt fortsetzen soll, damit allen Menschen der Weg zum Heil verkündet und ihnen die Heilsgnade zugewendet werden kann.
Die Stiftung der Kirche
Jesus hat aus seinen Jüngern zwölf Apostel ausgewählt, damit sie in seinem Namen die Menschen lehren, leiten und durch die Sakramente heiligen.
Er bestellte zwölf, auf dass sie bei ihm seien und er sie aussende zu predigen, und auf dass sie Gewalt haben, Krankheiten zu heilen und die Dämonen auszutreiben“ (Mk 3,14 f.).
„Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16).
„Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden bindet, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden löst, soll auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 18,18).
„Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19).
„Empfangt den Heiligen Geist. Wem immer ihr die Sünden nachlasst, dem sind sie nachgelassen; wem ihr sie behaltet, dem sind sie behalten." (Joh 20,22 f.).
„So geht denn hin und macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und sie lehrt, alles zu halten, was ich euch geboten habe. Seht, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,19 f.).
Die zwölf Apostel treten somit an die Stelle der zwölf Söhne Jakobs, der Patriarchen des alttestamentlichen Gottesvolks. Sie sind die Grundsteine des neuen Jerusalems, der Kirche (vgl. Apk 21,14).
Die eigentliche Geburtsstunde der Kirche ist die Stunde des Erlösungstodes Christi. Wie Eva aus der Seite des schlafenden Adams gebildet wurde (Gen 2,21 f.), so ging die Kirche gewissermaßen aus der durchbohrten Seite des Gekreuzigten hervor.
Die Kirche begann ihre Sendung jedoch erst an Pfingsten, als ihr der Heilige Geist gesandt wurde (Apg 2). Nach einem Wort des hl. Augustinus kann man sagen, dass der Heilige Geist die Seele der Kirche ist: „Was in unserem Leib die Seele, das ist der Heilige Geist im Leib Christi, der die Kirche ist“ (Sermo 267,4; zitiert von Leo XIII. in Divinum illud).
Die hierarchische Einrichtung der Kirche
Die Kirche ist nach der Lehre des hl. Paulus der geheimnisvolle Leib Christi. Christus „ist das Haupt des Leibes, der Kirche“ (Kol 1,18). Die Gläubigen sind dagegen die Glieder dieses Leibes: „Gleichwie der Leib einer ist, aber viele Glieder hat, alle die vielen Glieder jedoch ein Leib sind, so ist es auch bei Christus“ (1 Kor 12,12). Durch das Bild des Leibes wird zum Ausdruck gebracht, dass die Glieder sich der Leitung des Hauptes unterstellen müssen und nicht alle Glieder dieselbe Stellung und dieselbe Aufgabe haben. Nicht alle sind Apostel, nicht alle Propheten, nicht alle Lehrer oder Wundertäter (vgl. 1 Kor 12,29). Vielmehr sollen „die Glieder einträchtig füreinander Sorge tragen“ (1 Kor 12,25).
Zum Oberhaupt der Kirche hat Christus den Simon erwählt, dem er den Namen Petrus (= Fels) gab:
Ich sage dir: Du bist Petrus. Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben. Was du auf Erden binden wirst, wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, wird im Himmel gelöst sein (Mt 16,18 f.).
Petrus hat die Aufgabe, die Brüder im Glauben zu stärken und die Kirche zu leiten:
Simon, Simon! Siehe, der Satan begehrt, euch wie den Weizen zu sieben. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht nachlasse. Und wenn du dich dereinst bekehrt hast, stärke deine Brüder“ (Lk 22,31 f.).
Weide meine Lämmer … weide meine Schafe“ (Joh 21,15–17)
Da Petrus als Bischof von Rom gestorben ist, ist sein jeweiliger Nachfolger auf dem römischen Bischofsstuhl das sichtbare Oberhaupt der Kirche, der Papst.
Die Nachfolger der anderen Apostel sind die Bischöfe, denen die Priester und Diakone als Helfer zur Seite stehen. So weihten die Apostel mit Handauflegung und Gebet die ersten Diakone (Apg 6,6). In Apg 13,3 wird wahrscheinlich die Bischofsweihe von Paulus und Barnabas berichtet. Der hl. Paulus setzte selber den Timotheus zum Bischof von Ephesus und den Titus zum Bischof von Kreta ein. Die Unterscheidung von Bischöfen und Priestern bleibt im Neuen Testament allerdings noch unklar, was wahrscheinlich daran liegt, dass die Judenchristen unter „Priestern“ die alttestamentlichen Priester verstanden, weshalb man die christlichen Liturgen als Älteste (Presbyter) und Aufseher (Episkopoi) bezeichnete. Schon Anfang des 2. Jahrhunderts zeigen die Briefe des hl. Ignatius aber deutlich die katholische Kirchenstruktur: An der Spitze jeder Ortskirche steht ein Bischof, der von einem Kollegium von Priestern und Diakonen umgeben ist.
Die Ämter des Bischofs, Priesters und Diakons sind darum göttlicher Einsetzung. Die niederen Weihen, der Subdiakonat, die Abtsweihe usw. sind dagegen von der Kirche im Laufe der Zeit eingesetzt worden.
Sichtbares und Unsichtbares
In der Kirche gibt es sichtbare und unsichtbare Elemente. Sichtbar sind die Glieder der Kirche, die Inhaber der verschiedenen Ämter, der Kult, den die Kirche Gott darbringt, die Lehrverkündigung, die Spendung der Sakramente und Sakramentalien. Nicht sichtbar sind Christus und der Heilige Geist, also das Haupt und die Seele der Kirche. Unsichtbar ist auch die übernatürliche Gnade, die von Christus als dem Haupt in die Glieder bzw. als dem Weinstock in die Reben überfließt, damit sie Früchte des Glaubens und der Liebe hervorbringen (Joh 15,1–8).
Diese Verbindung von Sichtbarem und Unsichtbarem entspricht der Natur des Menschen, der einen sichtbaren Leib und eine unsichtbare Seele hat und zur Erkenntnis des Geistigen und Übernatürlichen durch sinnfällige Zeichen geleitet werden muss.
Durch die Taufe wird man in den Leib Christi aufgenommen. Damit man nicht wieder von ihm getrennt wird, muss man den Glauben der Kirche bewahren und unter der Leitung des obersten Hirten verbleiben, denn Irrglaube (Häresie) und Schisma trennen vom Leib der Kirche. Die schwere Sünde trennt dagegen noch nicht von ihm. Katholiken, die im Stand der Todsünde leben, bleiben Glieder des Leibes Christi, sind jedoch tote Glieder, da ihnen das göttliche Leben fehlt. Sie sind verdorrte Reben, die keine Frucht bringen und darum in Gefahr sind, abgeschnitten und ins Feuer geworfen zu werden. Von den Menschen, die ohne eigene Schuld nicht zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirche gehören, wegen ihres aufrichtigen Verlangens nach der Wahrheit und dem Guten aber von Gott auf außerordentlichen Wegen die heiligmachende Gnade erlangt haben, kann man sagen, dass sie zur Seele der Kirche gehören, da sie von Christus und seinem Heiligen Geist belebt sind.
Die Unfehlbarkeit der Kirche
Die Kirche ist die „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ (1 Tim 3,15). Da Christus seine Lehre nicht nur den Menschen seiner Zeit predigen wollte, sondern die geoffenbarte Wahrheit bis ans Ende der Welt rein bewahrt bleiben sollte, ergab sich zwangsweise die Notwendigkeit einer Institution, die bei auftretenden Fragen und Unsicherheiten eine sichere Entscheidung fällen kann. So sehen wir schon in Apg 15 die Apostel zusammentreten, um die Frage zu klären, ob die bekehrten Heidenchristen verpflichtet sind, das mosaische Gesetz zu halten. Vom Beschluss dieses sog. Apostelkonzils heißt es dann, dass er unter dem Einfluss des Heiligen Geistes zustande gekommen sei.
Den besten Beweis für die Notwendigkeit eines solchen Lehramts gibt der Protestantismus, der sich wegen des Mangels eines Lehramts in zigtausende von Fraktionen aufgespaltet hat.
Träger der höchsten Lehrautorität sind der Papst und die allgemeinen Konzilien. Jedoch ist keineswegs alles, was ein Konzil oder Papst lehrt, unfehlbar. Es gab zwar im 19. Jh. Theologen, die insbesondere die päpstliche Unfehlbarkeit maßlos übertrieben, so als wäre praktisch jedes Wort des Papstes unfehlbar, aber die Kirche hat diese Auffassung nicht angenommen, sondern die päpstliche Unfehlbarkeit auf dem Ersten Vatikanischen Konzil auf klar definierte Fälle begrenzt. Nur wenn der Papst „ex cathedra“ spricht, d. h. wenn er als oberster Lehrer der Kirche verkündet, eine Wahrheit des Glaubens oder der Moral sei von Gott geoffenbart und müsse darum von allen Gläubigen angenommen werden, ist ihm der Beistand des Heiligen Geistes zugesichert, so dass er nicht irren kann. Dasselbe gilt auch für die Konzilien: Nur was sie als verpflichtende Glaubenswahrheit, also als Dogma verkünden, ist unfehlbar.
Natürlich ist man als Katholik verpflichtet, auch die übrige Lehrverkündigung der Kirche mit religiösem Gehorsam anzunehmen. Dieser Gehorsam findet aber seine Grenze dort, wo der Papst und die übrigen Träger des Lehramts selber dem geoffenbarten Glauben ungehorsam werden, gemäß dem Wort des hl. Paulus: „Aber auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten, als wir euch verkündet haben, so sei er verflucht! … Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündet, als ihr empfangen habt, so sei er verflucht!“ (Gal 1,8 f.)
Die Kennzeichen der Kirche
„Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“, beten wir im Credo der Messe. Demgemäß zählt man vier Kennzeichen der wahren Kirche auf:
- Die Einheit ist das erste Kennzeichen. Es gibt nur eine von Christus gegründete Kirche, und diese ist eins im Glauben, eins in den Sakramenten und eins in der Leitung, denn die Kirche verkündet überall denselben Glauben, feiert in der ganzen Welt dasselbe Messopfer, spendet überall die sieben Sakramente und steht unter der Leitung des obersten Hirten.
- Dieses Kennzeichen ist in der nachkonziliaren Kirche allerdings sehr verdunkelt, denn wenn der Glaube auch nicht offiziell geändert wurde, so weichen viele Bischöfe und Priester in ihrer Verkündigung doch oft sehr vom katholischen Glauben ab. Es ist fast wie im Protestantismus, wo jeder Pastor eine andere Lehre verkündet. Auch in der Sakramentenspendung herrscht bei manchen eine solche Unordnung, dass aufgrund von selbstgemachten Formeln oder der Verwendung von falscher Materie nicht einmal die Gültigkeit der Sakramente immer gewährleistet ist.
- Die Heiligkeit der Kirche will besagen, dass sie die Mittel zur Heiligkeit besitzt. Wer nach der Lehre der Kirche lebt und ihre Gnadenmittel gebraucht, wird heilig werden. Wenn viele Katholiken kein heiliges Leben führen, dann gerade deshalb, weil sie den Lehren der Kirche nicht folgen.
- Die Kirche ist katholisch, was „allumfassend“ bedeutet. Sie ist keine Nationalkirche, die nur für ein Volk oder eine Region gegründet wurde, sondern umspannt die ganze Welt. Alle Menschen, gleich welcher Nation, Hautfarbe oder sozialen Stellung, sind zu ihr berufen.
- Die Kirche ist schließlich apostolisch, weil sie „auf dem Fundament der Apostel“ (Eph 2,20) gegründet ist. Sie verkündet noch heute den Glauben der Apostel, und von diesen leitet sich die Gültigkeit ihrer Weihen her. Das ist die apostolische Sukzession. Ist sie in einer Gemeinschaft einmal abgebrochen, wie es z. B. im Protestantismus der Fall ist, kann es dort keine gültigen Weihen mehr geben.