Die zwölf Artikel des Glaubens: 6. Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur rechten...

Quelle: Distrikt Deutschland

Die zwölf Artikel des Glaubens

6. Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur rechten Hand Gottes des allmächtigen Vaters

Pater Matthias Gaudron

Jesus Christus ist nach seiner Auferstehung nicht zu dem Leben zurückgekehrt, das er vor seinem Leiden mit den Aposteln geführt hat. Er erschien ihnen nur noch zu gewissen Stunden, um sie von seiner Auferstehung zu überzeugen, ihren Glauben an seine Gottheit zu festigen und sie „über die Dinge des Reiches Gottes zu belehren“ (Apg 1,3). Wir können annehmen, dass Jesus seinen Aposteln in dieser Zeit noch viele Anweisungen über die Kirche und die Spendung der Sakramente gegeben hat.

Die Leugnung der Auferstehung

Untersuchen wir zunächst noch, wie die Gegner der Auferstehung die nachösterlichen Ereignisse erklären. Wie wir in der letzten Folge gesehen haben, muss jeder, der die Auferstehung Christi leugnet, eine Erklärung dafür geben, wie das Christentum sich trotz der niederschmetternden Ereignisse am Karfreitag so schnell ausbreiten konnte. Die bekanntesten Theorien hierzu sind die Betrugs-, die Visions- und die Scheintodhypothese. Dabei ist die Vielzahl der Theorien allein schon ein Argument gegen sie, denn sie zeigt, dass die Gegner sich noch nicht einmal auf eine plausible Erklärung einigen konnten.

Die Betrugshypothese ist nach dem Bericht des Evangeliums der älteste Versuch, die Auferstehung zu leugnen. Nach dem Bericht des hl. Matthäus hatte der Hohe Rat die Römer gebeten, das Grab Jesu zu versiegeln und einige Wachsoldaten davorzustellen. Diese Wachen wurden nun die ersten Zeugen der wunderbaren Vorgänge am Grab:

„Einige von der Wache, die in die Stadt gekommen waren, verkündeten den Hohepriestern alles, was geschehen war. Und sie versammelten sich mit den Ältesten, fassten eine Beschluss und gaben den Soldaten genügend Geld, indem sie sagten: „Sagt: ‚Seine Jünger kamen bei Nacht und stahlen ihn, während wir schliefen.‘ Und wenn dies vom Statthalter gehört wird, so werden wir ihn überreden und machen, dass ihr sorgenfrei seid. Sie aber taten, nachdem sie das Geld genommen hatten, wie sie unterrichtet worden waren. Und diese Rede wurde bei den Juden verbreitet bis auf den heutigen Tag“ (Mt 28,11–15).

Die These vom Raub des Leichnams durch einige Jünger wäre ohne die Aufstellung der römischen Wachen glaubwürdiger gewesen. Die Hohepriester haben durch ihr ängstliches Bemühen, das Ende Jesu ganz sicher zu machen, selbst für ein Argument zugunsten der Auferstehung gesorgt, denn dass die Wachen geschlafen haben, ist ganz unwahrscheinlich. Darauf stand bei den Römern die Todesstrafe, weshalb die Hohepriester den Soldaten ja auch versprechen, für sie zu sorgen, falls dem Pilatus das zu Ohren käme. Augustinus spottet über die schlafenden Zeugen, die die Hohepriester anführen wollen:

„So große Wunder geschahen am Grab, dass selbst die Soldaten, die als Wächter gekommen waren, Zeuge werden mussten, wenn sie wirklich die Wahrheit sagen wollten. Aber jene Habgier, die den Jün­ger und Begleiter Christi bestochen hatte, sie bestach auch die Soldaten und Wächter des Grabes. ‚Wir geben euch Geld’, sprachen sie (die Hohepriester). ‚Sagt nur: während ihr schliefet, seien seine Jünger gekommen und hätten ihn gestohlen.’ … Was hast du gesagt, du unglückselige Verschlagenheit? … Schlafende Zeugen führst du an! Wahrlich, du bist selbst eingeschlafen und wurdest zunichte, da du solches erwogen.“

Ganz unabhängig davon muss man sich vor Augen halten, dass die Apostel und Jünger für die Wahrheit der Auferstehung Christi viele Mühen und Verfolgungen auf sich nahmen und viele von ihnen ihr Zeugnis mit ihrem Blut besiegelten. So etwas tut man nicht für eine Lüge.

Die Visionshypothese sagt deshalb, die Jünger hätten nach dem Tod Jesu Erscheinungen oder Halluzinationen gehabt, die sie überzeugt hätten, dass Jesus jetzt im Himmel sei. Jedoch wäre in diesem Fall der Leichnam Jesu im Grab geblieben. Die Gegner der jungen Christengemeinde hätten mit Hohn auf das Grab verwiesen, wenn sie das gekonnt hätten. Weil sie es nicht konnten, stellten sie ja die Behauptung vom Raub des Leichnams auf. Zudem zeigt das Evangelium uns die Jünger als nüchterne Männer, die wenig Neigung zu Visionen und Halluzinationen hatten. Sie kamen ja eher zu langsam als zu schnell zum Glauben an die Auferstehung des Herrn.

Die Scheintodhypothese schließlich behauptet, Jesus sei am Kreuz nicht gestorben, sondern als Scheintoter begraben worden. Man hat sich sogar zu der Behauptung verstiegen, der Lanzenstich habe einen wohltätigen Aderlass bewirkt. Diese These läuft letztlich auch auf einen Betrug hinaus, denn selbst wenn Jesus im Grab wieder aufgewacht wäre und man ihn trotz der Wachen hätte entfernen können, hätte man ihn monatelang gesund pflegen müssen. Die Ereignisse hätten sich also keinesfalls so zutragen können, wie die Evangelien berichten. Zudem sollte der Lanzenstich gerade den Tod sicher machen. Tatsächlich lässt sich heute sogar ein medizinischer Beweis für den Tod Jesu führen, nämlich aufgrund der Untersuchungen des Turiner Grabtuchs und des Tuches von Oviedo durch die moderne Naturwissenschaft. Da man hier Spuren von postmortalem Blut festgestellt hat, war Jesus sicher tot, als man ihn in das Grabtuch hüllte.

Die Himmelfahrt Christi

Jesus stand zwar mit einem verklärten Leib auf, aber seine Menschheit hatte damit noch nicht ihren endgültigen Zustand der Verherrlichung erlangt. Er erschien seinen Jüngern noch nicht einmal mit der Herrlichkeit, die bei seiner Verklärung auf dem Tabor kurz aufstrahlte. Dieses Noch-nicht-erreicht-Haben seiner endgültigen Bestimmung kann man auch in den Worten an Maria Magdalena angedeutet sehen, er sei noch nicht zu seinem Vater aufgefahren (Joh 20,17).

Vierzig Tage nach der Auferstehung kehrte er aber endgültig zu seinem Vater zurück. Die Auffahrt in den Himmel und seine Aufnahme in eine Wolke, die hier – wie in der Heiligen Schrift oft – sicher ein Symbol für die göttliche Gegenwart ist (vgl. Mt 17,5; Ex 16,10; 19,9.16; 3 Kg 8), sind zwar Bilder, aber man muss sich die Himmelfahrt wirklich als eine lokale Versetzung der Menschheit Christi an einen bestimmten Ort denken, denn wenn der Himmel in erster Linie zwar ein Zustand ist, nämlich die beseligende Schau Gottes von Angesicht zu Angesicht, so muss doch die verklärte Menschheit Jesu – genauso wie die Menschheit der Muttergottes seit ihrer Himmelfahrt – an einem Ort sein. Über die Lage dieses Ortes können wir freilich keine Aussagen machen.

Wir sprechen von der Himmelfahrt Christi, weil Christus aus eigener Kraft in den Himmel aufstieg, während wir bei Maria nur von einer Aufnahme in den Himmel sprechen, da ihr diese als Geschenk zuteilwurde.

Er sitzt zur Rechten des Vaters

Wenn es heißt, Jesus sitze nun zur Rechten des Vaters, ist das natürlich nicht in einem örtlichen Sinn zu verstehen, sondern meint die Anteilnahme an der göttlichen Ehre und Herrschaft, die Jesus nun auch als Mensch zukommt. Der Ps 109 hat dies vom Messias verkündet: „Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde dir als Schemel zu Füßen lege!“ Als Jesus vor dem Hohen Rat sagte, sie würden von nun an „den Menschensohn sehen, sitzend zur Rechten der Macht“ (Mt 26,64), kündete er ihnen damit an, dass die Zeit seiner Erniedrigung nun bald vorüber sein und er an der Herrschaft Gottes teilnehmen werde. Die Ratsherren erfuhren auch wirklich bald darauf von seiner Auferstehung und den Wundern, die an Pfingsten geschahen oder von den Aposteln gewirkt wurden. Sie konnten diese nicht leugnen und hätten daran sehen können, dass Jesus nun zur Rechten Gottes sitzt und mit ihm im Himmel regiert. Auch für die Apostel und Jünger war das Kommen des Heiligen Geistes unter Zeichen und Wundern die Bestätigung dafür, dass Jesus nun beim Vater herrsche und ihnen den Heiligen Geist gesendet habe, wie er versprochen hatte.

Der Hebräerbrief sagt ebenfalls: „Nachdem er die Reinigung von den Sünden vollzogen hatte, hat er sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt“ (1,3). Jesus thront also als Gottmensch im vollen Besitz seiner Herrschermacht im Himmel und wartet in Ruhe, bis alle seine Feinde ihm zu Füßen gelegt sind. Sein Werk ist vollbracht und nichts kann seinen Sieg mehr aufhalten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis alle Feinde ihre Niederlage bekennen müssen.

Die ganze Welt ist Christus nun unterworfen. Damit ist in Erfüllung gegangen, was der Prophet Daniel vom Menschensohn verheißen hatte: „Als er bei dem Hochbetagten angelangt war, führte man ihn vor denselben. Ihm ward nun Herrschaft, Ehre und Königtum verliehen. Ihm müssen alle Völker, Nationen und Zungen dienen. Seine Herrschaft wird ewig dauern und nie vergehen. Niemals wird sein Reich zerstört werden“ (7,13 f.). „Im Namen Jesu muss jedes Knie sich beugen im Himmel, auf Erden und unter der Erde und jede Zunge muss zur Ehre Gottes des Vaters bekennen: Jesus Christus ist der Herr“, schreibt der hl. Paulus (Phil 2,10), und auch im Hebräerbrief heißt es: „Indem er ihm alles unterworfen, hat er nichts gelassen, das ihm nicht unterworfen wäre“. Dabei wird allerdings zugegeben: „Jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen“ (2,8). Die antichristlichen Mächte haben bis zum Ende der Welt noch eine gewisse Wirksamkeit. Wir müssen daher an die Herrschaft Christi glauben, da wir sie noch nicht sehen.