Die Wiederkunft Christi

Quelle: Distrikt Schweiz

Sowohl das Evangelium des letzten Sonntages nach Pfingsten als auch das des 1. Adventssonntages sprechen uns von der Wiederkunft Christi. Am Ende des nun bald ausgehenden Kirchenjahres steht der Weltenrichter vor unserem geistigen Auge, und auch zu Beginn des neuen Kirchenjahres soll das Ausschau halten nach der zweiten, endgültigen Ankunft des Gottmenschen unser Herz erfüllen.

    Ganz zu Beginn der Kirchengeschichte haben zwei Engel bereits den Aposteln zugerufen: "Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen ist, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel auffahren sehen" (Apg 1,11) Der hl. Augustinus sagt: „Was nur zu den Aposteln gesagt zu sein scheint, das ist für alle, für die ganze Kirche gesprochen.“

   Vielleicht werden wir nicht zu jenen Menschen gehören, die – auf Erden lebend – dieses gewaltige Ereignis von der Wiederkunft Christi auf den Wolken des Himmels mit ihren leiblichen Augen sehen werden.

   Aber jeder von uns wird in seinem Tod dem Gottmenschen zum persönlichen Gericht begegnen. Auch wenn dann „die Kräfte des Himmels [nicht] werden erschüttert werden“ (Lk.21,26), so werden wir doch ein ähnlich bewegendes Geschehen im Vorgang unseres eigenen Sterbens erleben.

   Zwei Grundhaltungen möchte daher die Kirche allen ihren Kindern durch diese so bedeutsame Anordnung der Evangelientexte am Ende und zu Anfang des liturgischen Jahres mitgeben: die Wachsamkeit und die Sehnsucht!

   Zur Wachsamkeit und zum Bereitsein für das Gericht mahnte schon der Herr selbst immer wieder in seinen Gleichnissen: „Wenn der Hausherr wüßte, zu welcher Stunde der Nacht der Dieb kommt, würde er sicherlich wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen. Darum haltet auch ihr euch bereit: denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht vermutet“ (Mt 24,43f). Und die Apostel fuhren in ihrer Verkündigung mit dieser Mahnung des Herrn fort: „Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, daß jener Tag euch wie ein Dieb überfallen könnte; ... So laßt uns denn nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachsam sein und nüchtern“ (1Thess 54 ff). „So seid auch ihr beharrlich und erstarkt in euren Herzen. ... Seht, der Richter steht vor der Tür!“ (Jak 5,7ff). „Der Herr mache stark eure Herzen, damit sie untadelig seien in Heiligkeit vor unserem Gott und Vater bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen“ (1Thess 3,12).

   Der wiederkehrende Weltenrichter sollte uns aber nicht nur wachsam antreffen. Vielmehr werden die Herzen jener letzten Christen erfüllt sein von einem sehnsüchtigen Verlangen; denn der Herr wird sie aus einer Drangsal erretten, „wie es von Anbeginn der Welt bis jetzt noch keine gegeben hat, noch je geben wird“ (Mt 24,21): „Wenn nun das alles geschieht, dann schauet auf und erhebet eure Häupter, denn eure Erlösung naht.“ (Lk.21,26ff). Ähnlich ist es ja auch im Leben eines jeden Menschen; der Tod ist in den meisten Fällen eine Bedrängnis, die jede bisher erlebte in den Schatten stellen wird. Daher betet die Kirche sehnsuchtsvoll am Sterbelager ihrer Kinder: „Mild und festlich erstrahle dir das Antlitz Christi Jesu, und sein Spruch gewähre dir, allezeit unter denen zu weilen, die ihn umgeben“ (Collectio Rituum, I,3,7). Diese Sehnsucht der Gläubigen ist durchdrungen von einer innigen Liebe. Denn der ankommende Richter ist ja zugleich auch der Bräutigam ihrer Seele. Ihm haben sie aus Dankbarkeit für die große Erlösungstat am Kreuz ihr Herz und ihr Leben geweiht. So sagt der hl. Paulus, daß es Seelen gibt, die das Kommen des Herrn lieben: „Im Übrigen harrt meiner die Krone der Gerechtigkeit, die mir der Herr, der gerechte Richter an jenem Tag geben wird; aber nicht nur mir, sondern auch allen, die seine Wiederkunft lieben“ (2Tim 4,3ff). Das Herannahen des Bräutigams (vgl. Mt 25,6) wird die wahrhaft christliche Seele „voll Jubel hintreten lassen vor seine Herrlichkeit bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (Jud 1,24). Daher sind auch die letzten Worte der Geheimen Offenbarung, ja der Heiligen Schrift überhaupt ein liebender, sehnsuchtsvoller Ruf: „Der das bezeugt [d. h. Christus], spricht: ‚Ja, ich komme bald.‘ - Amen, komm, Herr Jesus!“ (Offb 22, 20).

   Möchten doch auch wir – aufgerüttelt durch diese ernsten Mahnungen der Kirche – immer mehr danach streben, „besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben im Harren auf die selige Hoffnung und das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“ (Tit 2,12f).  

 

Von Pater Matthias Grün