Wer ist der neue Generalobere?
In den Wochen nach seiner Wahl zum Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. fragen sich viele: Wer ist der neue Mann an der Spitze der Bruderschaft? Alter, Nationalität, sein Werdegang seit seiner Weihe sind aus dem offiziellen Kommuniqué bekannt. Aber die Journalisten sagen, er sei anders als sein Vorgänger.
Pater Davide Pagliarani hat in einem Interview im Jahr 2011 auf der Seite des italienischen Distrikts als Oberer desselben verlautbart: „Wie in jeder menschlichen Gesellschaft existieren in der Bruderschaft Schattierungen und unterschiedliche Auffassungen unter den Mitgliedern. Zu denken, es sei bei uns anders, wäre blauäugig. Dennoch glaube ich, dass man leicht in den Irrtum der Vereinfachung fällt, wenn man die Ausgewogenheit des Urteils verliert, oder wenn man seine Aussagen auf Vorurteile stützt: Das endet mit der Aufstellung von Parteien, in die man ohne Unterschied die einen wie die anderen schablonenhaft einordnet.
Die Mitglieder der Bruderschaft erkennen klar und deutlich, dass die Identität ihrer Kongregation auf einer Basis begründet ist, welche sich die Tradition nennt. Dieses Prinzip besitzt im Schoß der Bruderschaft universale Gültigkeit und begründet die Einheit der Bruderschaft selbst. Ich glaube, dass man objektiv gesehen kein stärkeres Prinzip der Einheit finden kann: Es ist genau diese grundsätzliche Einheit im Wesentlichen, welche es den Mitgliedern erlaubt, in den Dingen, die zur Diskussion stehen, unterschiedliche Einschätzungen zu haben.“
Und was sagt der neue General zu den Beziehungen zu Rom? Insider aus der Presse glauben zu wissen, er sei „dagegen“. Auch hierzu hat sich Pater Pagliarani bereits positioniert. Er antwortete im gleichen Interview:
„Die kanonische Situation, in der sich die Bruderschaft augenblicklich befindet, resultiert aus ihrem Widerstand gegen die Irrtümer, welche die Kirche gefangen halten. Infolgedessen hängt die Möglichkeit einer Annäherung der Bruderschaft bezüglich einer Regulierung der kanonischen Frage nicht von uns ab, sondern von der Hierarchie. Diese muss akzeptieren, dass die Tradition dazu beiträgt, die Kirche aus der Krise zu führen.“
Er präzisiert: „Der römische Geist, mit dem die Bruderschaft der römischen Kirche dienen will (besteht darin), alles nur Mögliche zu unternehmen, damit die Kirche sich die Tradition wieder zu eigen macht, und zwar zuerst in Rom selbst. Die Kirchengeschichte lehrt uns, dass keine allumfassende, wirksame und nachhaltige Reform möglich ist, wenn Rom sich nicht zuerst selbst erneuert und wenn die Reform nicht von Rom ausgeht.“
Die kommenden Monate werden den voreiligen Journalisten und Beobachtern zeigen, ob diese Analyse von Pater Pagliarani als Distriktoberer von Italien mit der des neuen Generaloberen übereinstimmt, oder ob da ein anderer an die Spitze der Priesterbruderschaft St. Pius X. gewählt worden ist…
Den Priestern und Gläubigen der Tradition hingegen genügt diese Antwort jetzt schon.
Abbé Alain Lorans