Wann werden Sakramente gültig gespendet? Glaube und Intention
3. Der rechte Glaube und die notwendige Intention
Welche Rolle spielt der Glaube bei der Sakramentenspendung? Kann ein Priester, der den rechten Glauben verloren hat oder sogar ganz vom Glauben abgefallen ist, noch gültige Sakramente spenden? Diese Fragen wurden zum ersten Mal im sog. Ketzertaufstreit behandelt.
Der Ketzertaufstreit
Bis zum Beginn des 3. Jahrhunderts scheint man eine Taufe, die von Häretikern gespendet worden war, für gültig betrachtet zu haben. Um 220 n. Chr. kam es dann aber in Nordafrika unter Bischof Agrippinus v. Karthago zur gegenteiligen Praxis. Man taufte also diejenigen, die in der Häresie getauft worden waren, von neuem, wenn sie zur Kirche zurückkehrten. Der Nachfolger von Agrippinus, der hl. Cyprian, wollte diese Praxis dann auf zwei Synoden (255 und 256) zum Kirchengesetz erheben. Er argumentierte, der bisherigen falschen Gewohnheit die Wahrheit gegenüberstellen zu wollen. Als er dafür die Zustimmung Roms haben wollte, entschied Papst Stephan I. jedoch dagegen. Man solle keine Neuerung einführen, sondern nur das tun, was der Überlieferung entspreche,[1] nämlich den aus der Häresie zur Kirche Kommenden die Hand zur Buße aufzulegen. Sie seien aber nicht nochmals zu taufen.
Bischof Cyprian beharrte allerdings eigensinnig auf seiner Meinung, obwohl er zugeben musste, dass auch in der nordafrikanischen Kirche früher eine andere Gewohnheit geherrscht hatte. Augustinus meint, er habe zu wenig zwischen der Gültigkeit und der Fruchtbarkeit der Taufe unterschieden. Eine Taufe kann gültig sein, also den sakramentalen Taufcharakter einprägen, aber trotzdem keine Gnade schenken, wenn der Täufling nämlich wegen Schisma oder Häresie in einer schlechten Disposition ist. Wer z. B. wüsste, dass die katholische Kirche die wahre Kirche ist, sich aufgrund irgendwelcher menschlicher Beweggründe aber trotzdem in einer anderen kirchlichen Gemeinschaft taufen ließe, würde die Taufe zwar gültig empfangen, aber keine Gnade erhalten. Diese bekäme er erst, wenn er sich der wahren Kirche anschließt.
Bischof Cyprian wird trotzdem als Heiliger verehrt. Thomas von Aquin schließt sich der Meinung des hl. Augustinus an, Cyprian habe durch sein glorreiches Martyrium das gebüßt, was er im Taufstreit gesündigt hatte (vgl. S Th III, q. 64, a.9, ad 2).
Der Glaube ist keine Gültigkeitsbedingung
Die Entscheidung von Papst Stephan I. behielt in der Kirche ihre Gültigkeit und wurde auf dem Konzil von Trient sogar ausdrücklich zum Dogma erhoben. Das Konzil definierte nämlich: „Wer sagt, die Taufe, die auch von Häretikern im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes mit der Absicht, zu tun, was die Kirche tut, gespendet wird, sei keine wahre Taufe: der sei mit dem Anathema belegt“ (DH 1617). Wenn ein Irrgläubiger das äußere Zeichen der Taufe richtig vollzieht und dabei wenigstens die Absicht hat, zu tun, was die Kirche tut, dann ist diese Taufe gültig.
Das gilt auch dann, wenn der Irrtum sich auf die Wirkungen der Taufe bezieht, wie aus einer Entscheidung des Hl. Offiziums vom 18. Dezember 1872 klar hervorgeht: Die Frage war, ob eine von einem Methodisten gespendete Taufe zweifelhaft sei, weil dieser vor der Taufspendung ausdrücklich erklärt hatte, die Taufe habe keine Wirkung in der Seele. Das Hl. Offizium verneinte diese Frage, da es genüge, wenn der Taufspender den Vollzug der Taufe beabsichtige. Er müsse nicht auch den Zweck des Sakramentes beabsichtigen (vgl. DH 3100 ff.).
Was von der Taufe ausdrücklich definiert wurde, lehrt die Kirche auch in Bezug auf die übrigen Sakramente: Der rechte Glaube ist keine Bedingung für die Gültigkeit einer Sakramentenspendung. Somit kann auch ein Priester, der nicht mehr an die Messe oder die Beichtabsolution glaubt, diese noch gültig feiern bzw. spenden. Ebenso kann ein Bischof, der den rechten Glauben verloren hat, noch gültig firmen und weihen.
Der hl. Thomas v. Aquin argumentiert damit, dass der Spender der Sakramente nicht aus eigener Kraft handle, sondern in der Kraft Christi. Der Glaube sei aber eine Tugend, die zum persönlichen Vermögen des Menschen gehöre. Darum könne auch ein Ungläubiger die Sakramente spenden, wenn er nur tue, was zur Gültigkeit erforderlich ist (vgl. S Th III, q. 64, a.9).
Die Intention, „zu tun, was die Kirche tut“
Wenn der Sakramentenspender auch keinen persönlichen Glauben an die Sakramente haben muss, so muss er doch zumindest die Absicht haben, ein Sakrament zu spenden. Die klassische Formulierung, die wir in dem Dogma von Trient schon kennengelernt haben, lautet, er müsse die Absicht haben, „zu tun, was die Kirche tut“.
Der Mensch handelt bei der Sakramentenspendung nämlich zwar nur als Werkzeug Christi, aber als ein lebendiges und freies Werkzeug. Er muss daher auch die Absicht haben, hier und jetzt als Werkzeug Christi zu handeln. Er ist keine Sakramenten- oder Zelebrations-Maschine. Ansonsten dürfte kein Priester in der Nähe von Brot und Wein die Einsetzungsworte der Eucharistie vorlesen oder zitieren, da auch ohne seinen Willen alles gewandelt würde, was offensichtlich unsinnig ist.
Die Intention, „zu tun, was die Kirche tut“, darf auch nicht zu eng aufgefasst werden. Wer die Absicht hat, das zu tun, was die Christen im Allgemeinen tun oder was Christus eingesetzt hat, hat die nötige Intention. Wenn ein Heide, Mohammedaner oder Jude jemanden aus Gefälligkeit tauft und dabei die Absicht hat, das zu tun, was die Christen tun, wenn sie taufen, so ist diese Taufe gültig.
Der Ritus muss nicht als Ritus der römisch-katholischen Kirche gewollt werden. Die Protestanten haben natürlich nicht die Absicht, zu tun, was die katholische Kirche tut, wenn sie taufen, aber wenn sie doch tun wollen, was die Christen tun oder was Christus aufgetragen hat, so genügt dies. Unter Pius V. gab es hierzu eine Anfrage in Rom, weil französische Calvinisten ausdrücklich betont hatten, sie wollten bei der Taufe nicht tun, was die römische Kirche tut. Rom antwortete, das Sakrament sei trotzdem gültig, da die Prediger trotz ihrer Irrtümer über die Wirkung der Taufe und die wahre Kirche Christi an der Absicht festhielten, eine wahre christliche Taufe zu spenden, also zu tun, was in der christlichen Kirche bei der Taufe immer getan werde.[2]
So kann auch ein Priester, der nicht an die wahre Gegenwart Christi in der Eucharistie glaubt oder die Messe für ein reines Gedächtnismahl hält, trotzdem die Intention haben, das zu tun, was die Kirche bei der Messe immer getan hat, denn sein irriger Glaube hat keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Messe. Anders wäre es, wenn er ausdrücklich etwas anderes tun wollte, als die Kirche immer getan oder was Christus eingesetzt hat. Ein katholischer Priester kann darum wohl kaum ohne bösen Willen einen Mangel an der notwendigen Intention haben.
Fälle mangelnder Intention
Die Taufe der Zeugen Jehovas ist ungültig, auch wenn sie manchmal die richtige Form und Materie anwenden. Sie setzen sich nämlich ausdrücklich von der übrigen Christenheit ab und wollen nicht tun, was die Christen bei der Taufe tun. Durch die Taufe wird man bei ihnen auch nicht Christ, sondern die Taufe ist nur ein äußeres Bekenntnis, dem Jehova-Gott dienen zu wollen. Nicht alle Zeugen Jehovas dürfen sich als Christen betrachten, sondern dies sind nur die 144.000, die am Ende mit Christus im Himmel herrschen werden. Die übrigen Zeugen Jehovas erwarten nach der Auferstehung ein glückliches Leben auf Erden.
Nach einer im Juli 2001 veröffentlichten Entscheidung der Glaubenskongregation ist auch die Taufe der Mormonen („Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“) ungültig. Die Begriffe Vater, Sohn und Heiliger Geist entsprechen bei ihnen nicht der christlichen Dreifaltigkeit. „Die Unterschiede sind so groß, dass man diese Lehre nicht einmal als Häresie bezeichnen kann, die aus einem falschen Verständnis der christlichen Lehre entstanden sei“, betonte der Vatikan. Die Taufe wurde nach den Mormonen auch nicht von Jesus Christus gestiftet, sondern geht auf Adam zurück.
Auch beim Sakrament der Ehe kann es relativ leicht zu einer Ungültigkeit aufgrund von Intentionsmangel kommen. Die Wesenseigenschaften der Ehe sind ihre Unauflöslichkeit und ihre Hinordnung auf die Zeugung von Kindern. Wer eine dieser beiden Elemente für seine eigene Ehe positiv ausschließt, heiratet ungültig. Auch hier gilt: Wer die Ehe grundsätzlich für auflösbar hält, kann trotzdem gültig heiraten, denn ein Irrtum im Glauben macht das Sakrament nicht ungültig. Entscheidend ist, wie die Brautleute ihre eigene Ehe betrachten: Wollen sie einen Bund fürs Leben schließen oder nicht? Wenn die Brautleute meinen, die Ehe sei zwar grundsätzlich auflösbar, sie sich aber trotzdem ein Ja-Wort für das ganze Leben geben wollen, dann ist ihre Ehe gültig. Ungültig schließt die Ehe ebenso, wer von den ehelichen Rechten zwar Gebrauch machen wollte, aber den Empfang von Kindern grundsätzlich verhindern will.
Anmerkungen
[1] „Nihil innovetur nisi quod traditum est – Nichts soll neu eingeführt werden, als was überliefert ist“ (DH 110).
[2] Vgl. Pastor, Papstgeschichte, Bd. 8: Pius V., S. 150.
Von Pater Matthias Gaudron