Vor 50 Jahren: Die Gründungsidee von Erzbischof Lefebvre
Grundsteinlegung des ersten Priesterseminars
Frühe Texte des Gründers der Priesterbruderschaft St. Pius X.
Die Priesterbruderschaft wurde kirchenrechtlich am 1. November 1970 errichtet. Aber schon ein Jahr vorher versammelte Erzbischof Marcel Lefebvre Studenten im Schweizer Freiburg, die sich seiner Leitung anvertrauten. Nach diesen sehr bescheidenen Anfängen konnte schon bald im 100 Kilometer entfernten Wallis ein altes Klostergut bezogen werden, aus dem das weltbekannte Seminar von Ecône wurde.
Seit dem Konzil erreichten Erzbischof Lefebvre, der zu jener Zeit Generaloberer der Kongregation der Spiritanerpatres war, immer wieder verunsicherte Anfragen ratloser Seminaristen. Der Niedergang der Priesterausbildung war tatsächlich bereits überall spürbar. Zunächst verwies der Erzbischof die Ratsuchenden an die Seminare oder Universitäten, die er als „traditioneller“ einschätzte.
Unglücklicherweise schien die konziliare Revolution aber alles mitzureißen: überall wurde die Soutane an den Nagel gehängt, Frömmigkeitsübungen, Gebet, Rosenkranz, die Verehrung der Muttergottes und der Heiligen wurden aufgegeben.
Die Glaubensunterweisung wurde verwüstet und geplündert, die neuen Methoden fegten die Vergangenheit, die philosophia perennis und das ständige Lehramt der Kirche hinweg, die göttliche Liturgie überließ ihren Platz den verschiedensten und am wenigsten sakralen Experimenten. Bevor Erzbischof Lefebvre feststellen musste, dass auch die Zwischenlösungen – wie das französische Seminar in Rom oder die päpstliche Lateran-Universität – scheiterten, sah er sich bald aller Funktionen entbunden, nachdem er im Jahre 1968 angehalten worden war, von seinem Amt zurückzutreten. Er war nun mit 63 Jahren emeritierter Bischof und entschied sich, wie von der Vorsehung gedrängt, selbst eine Ausbildungsstätte in Freiburg in der Schweiz zu errichten.
Im Oktober 1969 stehen die ersten Seminaristen am Bahnhof von Freiburg. Der Erzbischof bringt sie in wechselnden Häusern unter. Sie bitten um eine wirklich katholische geistliche Ausbildung. Parallel dazu studieren sie an der katholischen Universität.
1969–1970: Für die Kirche ist dieses das Entscheidungsjahr, in dem ihr die neue Messe aufgezwungen wird. In Freiburg sind die Anfänge schwierig: Krankheit Erzbischof Lefebvres, Weggang mehrerer Seminaristen. Zur gleichen Zeit erwirbt eine Gruppe eifriger Katholiken im Wallis das Haus und das Gelände von Ecône, welches von den Kanonikern der Kongregation des Großen Sankt Bernhard verkauft wurde. Ihr Ziel ist es, die Gebäude vor einer profanen Nutzung zu bewahren, denn sie haben die feste Hoffnung, das Anwesen weiterhin für religiöse Zwecke nutzen zu können. Sie übereignen es Erzbischof Lefebvre, der zunächst entscheidet, dort das Vorbereitungs- bzw. Spiritualitätsjahr einzurichten, welches er dem Studium der Philosophie und der Theologie voranstellen will. Und so treten zum Beginn des Studienjahres 1970 elf Seminaristen des ersten Studienjahres in Ecône ein, während die älteren Seminaristen ihre Ausbildung in Freiburg fortsetzen.
Am 7. November 1970 verkündet der Erzbischof seinen Seminaristen stolz die offizielle Errichtung der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ in der Diözese Freiburg durch Seine Exzellenz Bischof François Charrière. Die Urkunde trägt das Datum des 1. November 1970, des Festes Allerheiligen. Somit erkannte die katholische Kirche die Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X. an. Am 18. Februar 1971 schickte der Kardinalpräfekt der Kongregation für den Klerus ein Schreiben, welches das vollbrachte Werk lobte. Die Anerkennung und der Segen der Kirche schienen der Bruderschaft eine vielversprechende und heitere Zukunft zu verheißen.
Leitideen von Msgr. Lefebvre
Es lohnt sich, einen kurzen Blick auf die ersten Rundbriefe des Erzbischofs an die Freunde und Wohltäter zu werfen, um zu erkennen, welch schönes Ideal unserem verehrten Stifter mit seiner Gründung vorschwebte. Hier einige Zitate:
„Wir haben keinen anderen Ehrgeiz, als heilige Priester heranzubilden, so wie sie Unser Herr herangebildet hat. Die heiligen Traditionen der Kirche sind einfach und klar auf diesem Gebiet, das ihr wesentliches ist.“ (Aus dem Rundbrief von Erzbischof Marcel Lefebvre an die Freunde und Wohltäter Nr. 1 vom 1. November 1971)
„Diese Gesellschaft von Weltpriestern nach dem Vorbild der Missionsgesellschaften ist dazu bestimmt, den Priesterberuf in allen Regionen, wohin sie gerufen werden, wo es auch sei, auszuüben, sobald es sich um priesterliche Aufgaben handelt. Diese Gesellschaft ist das Missionsideal vieler junger Leute, die gerne in Gruppen und nicht vereinzelt arbeiten wollen. Der Gruppe können auch Priester angehören, die im gleichen Sektor arbeiten und regelmäßig zusammenkommen. Die Idee, den Klerus besser zu verteilen, wird ebenfalls verwirklicht, einem Wunsch entsprechend, der im Konzil ausgesprochen wurde. Deshalb erhielten wir auch einen ermutigenden Brief Seiner Eminenz des Kardinals Wright, Präfekt der Heiligen Kongregation für den Klerus.“ (Aus dem Rundbrief von Erzbischof Marcel Lefebvre an die Freunde und Wohltäter Nr. 2 vom 1. März 1972)
„Die große Mehrheit dieser jungen Leute bittet ..., in der Bruderschaft arbeiten zu dürfen, damit sie das priesterliche Ideal in einer Welt der Säkularisierung und Laizisierung aufrechterhalten können.“ (Aus dem Rundbrief von Erzbischof Marcel Lefebvre an die Freunde und Wohltäter Nr. 2 vom 1. März 1972)
„Die Gesellschaft ist keine klösterliche Gemeinschaft mit Gelübden und Noviziat. Aber wir bemühen uns, eine gute und solide geistliche Ausbildung zu vermitteln. Was machen die jungen Priester nachher? Einige werden zunächst in der Bruderschaft tätig sein, später wird die Gemeinschaft nach dem Willen der göttlichen Vorsehung im Einverständnis mit den Bischöfen dort arbeiten, wo es am nötigsten ist.“ (Aus dem Rundbrief von Erzbischof Marcel Lefebvre an die Freunde und Wohltäter Nr. 2 vom 1. März 1972)
„Die Bildung, die die Seminaristen erhalten, ist, was die Lehre und den Geist betrifft, diejenige, die von jeher in der Kirche vermittelt wurde. Wir legen besonderes Gewicht auf die Gesinnung. Deshalb geht den fünf Jahren Philosophie und Theologie ein Jahr der Spiritualität voraus. Die Liturgie spielt im Leben unseres Priesterseminars eine sehr große Rolle. Sie wird nach den kirchlichen Traditionen vollzogen. Die Sprache ist Latein. Der gregorianische Gesang steht hoch in Ehren. Das heilige Messopfer ist das Herz des Seminars, denn vor allem dafür werden die zukünftigen Priester ausgebildet. Sie wissen, dass der Priester für das Opfer am Altar bestimmt ist.“ (Aus dem Rundbrief von Erzbischof Marcel Lefebvre an die Freunde und Wohltäter Nr. 2 vom 1. März 1972)
„Unsere Zukunft liegt in Gottes Händen. Er wird mit diesen Priestern tun, was Ihm beliebt. Sie werden aus den reinsten Quellen des kirchlichen Lehramtes geformt, dem Sitz und dem Priestertum Petri in Rom aus ganzem Herzen verbunden, beseelt von einem wahrhaft priesterlichen Geist, der sich aus dem heiligen Messopfer, wie es das Konzil von Trient für alle Zeiten definiert hat, aufbaut und Männer eines lebendigen Glaubens schafft, die an die Kraft des Messopfers und an die Gnade der Sakramente glauben. So werden sie vorbereitet sein, an allen Orten und in jeglicher Gesellschaftsschicht Aufgaben zu übernehmen. Denn es sind Priester von dem Schlag, wie sie die Gläubigen und die Ungläubigen mit Ungeduld erwarten.“ (Aus dem Rundbrief von Erzbischof Marcel Lefebvre an die Freunde und Wohltäter Nr. 3 vom 1. November 1972)