Verwirrung innerhalb der Päpstlichen Akademie für das Leben
Eine Buchveröffentlichung sorgt für Diskussionen. Sein Inhalt steht im Widerspruch zum Lehramt der Kirche und das Dikasterium für die Glaubenslehre wurde von der Publikation überrascht.
Doch Mónica López Barahona, Mitglied des Verwaltungsrats der Päpstlichen Akademie für das Leben und Präsidentin der Jérôme-Lejeune-Stiftung in Spanien, kommentierte die jüngste Veröffentlichung dieser vatikanischen Institution wie folgt: „Es ist nicht wahr, dass die Kirche oder das Lehramt ihre moralischen Maßstäbe in Bezug auf bestimmte bioethische Fragen geändert haben; noch nicht einmal, dass der Vatikan einen Prozess zur Überprüfung dieser Fragen eingeleitet hat. […] In keinem Fall stellt dieser Band eine offizielle Erklärung der Akademie dar und noch weniger eine Änderung des kirchlichen Lehramts, das bekanntlich nur in den päpstlichen Enzykliken, den Anweisungen des Dikasteriums für die Glaubenslehre und den ausdrücklichen lehramtlichen Erklärungen enthalten ist.“
Grundlage der Kontroverse ist eine mehr als 500 Seiten starke Zusammenfassung eines theologischen Seminars, das von der Päpstlichen Akademie für das Leben im Jahr 2021 gefördert wurde. Das Buch wird als ein Beitrag bezeichnet, „der eine christliche Sicht des Lebens erarbeitet und sie aus der Perspektive einer Anthropologie darstellt, die der kulturellen Vermittlung des Glaubens in der heutigen Welt angemessen ist“. Das Dokument trägt den Titel „Theologische Ethik des Lebens: Schrift, Tradition und praktische Herausforderungen“.
Die Ärztin López Barahona erklärt, dass „einige der in dem Band enthaltenen Aussagen im Gegensatz zum Lehramt der Kirche zu stehen scheinen.“ Dazu gehören Stellungnahmen, die sich für die „mögliche Zulässigkeit von Empfängnisverhütung in bestimmten Fällen“ aussprechen. Außerdem wird die „Zulässigkeit bestimmter Techniken zur Unterstützung der homologen Fortpflanzung unter bestimmten Bedingungen (ohne Verlust von Embryonen)“ befürwortet. Zusätzlich wird die Annahme der „Nichtexistenz von inhärent schlechten Handlungen“ in dem Zusammenhang unterstützt.
Doch diese Positionen verstoßen gegen die Doktrin der lehramtlichen Dokumente Humanae Vitae, Donum Vitae und Veritatis Splendor, die hingegen in anderen Teilen des umstrittenen Dokuments bejaht werden, so López Barahona. Sie stellt auch fest, dass „nicht alle Beiträge der Personen, die am Seminar teilgenommen haben, in den Text aufgenommen wurden“, wobei sie daran erinnert, dass „es abweichende und kritische Stimmen zu dem, was im Text dargelegt wurde, gegeben hat“. Auf der andren Seite machte die Ärztin darauf aufmerksam, dass diese Veröffentlichung „einen vorsichtigeren Prozess der Ausarbeitung und Veröffentlichung mit allen beteiligten Stellen erfordert, wie z. B. dem Dikasterium für die Glaubenslehre, das den Text meiner Meinung nach vor der Veröffentlichung hätte überarbeiten müssen.“
Aber selbst der Verwaltungsrat der Akademie hatte vor der Veröffentlichung keine Kenntnis von dem Text. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass die Mitglieder der Akademie einen Dialog mit Personen führen, die andere Ansichten zur Bioethik vertreten. Aber „eine solche Diskussion hätte dem Vorstand zur Bewertung vorgelegt werden müssen“ und „nicht veröffentlicht werden dürfen, bevor sie von der zuständigen Kirchenbehörde geprüft und bewertet wurde.“ López Barahona betont, dass „das Buch keine offizielle Erklärung der Päpstlichen Akademie für das Leben zu diesen Fragen ist“ und auch nicht „die moralischen Maßstäbe aller ihrer Mitglieder“ repräsentiert, obwohl einige von ihnen an dem Seminar teilgenommen hatten, das die Kontroverse ausgelöst hatte.
Der Beweis dafür sei, so fügt sie hinzu, dass einige durch die Nachricht von der Veröffentlichung des Buches überrascht schienen. Dies äußerte sich darin, dass viele Menschen, die Akademie konsultierten und um Aufklärung beziehungsweise Richtigstellung baten. Kurz gesagt, das Dokument „sorgte in den Medien und in den sozialen Netzwerken für Verwirrung und Skandale“. So hatten einige Medien tatsächlich übereifrig getitelt, dass „der Vatikan die Debatte über die Verwendung von Verhütungsmitteln ‚unter bestimmten Umständen‘ eröffnet.“
All diese Schwierigkeiten sind nicht neu: Sie resultieren aus dem vorangetriebenen Umbau der Moraltheologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und der Desorientierung, die dadurch entstanden ist. Hier wirkt sich die Reduktion der Unfehlbarkeit der Kirche im moralischen Bereich „auf ein moralisches Minimum“ (Kardinal Joseph Ratzinger) fatal aus. Wenn die Kirche nur ein Minimum an Moral unfehlbar definieren kann, hat das zur Folge, dass es menschliche Handlungen gibt, die nicht mit dem ewigen Ziel verbunden sind und dass es Situationen gibt, in denen Prinzipien nicht ausreichen und jeder nach seinem „Gewissen“ handeln kann. Genau dies ist heute die gängige Lehrmeinung, die sich regelmäßig in den Kontroversen du Schwierigkeiten zeigt, mit denen die Mitglieder der Päpstlichen Akademie für das Leben ständig konfrontiert sind.
(Quellen: InfoCatolica/Aciprensa – FSSPX.Actualités)