Über die helfende Gnade - sie lässt uns das Gute wollen und auch vollbringen
Ausschnitt aus dem Fastentuch der Pfarrkirche in Haimburg, Kärnten, aus dem Jahr 1504
Diese zuvorkommende Gnade wird in der Heiligen Schrift mit vielen Namen bezeichnet. So wird sie Anziehung genannt, Berufung, Stimme, Zuvorkommen, Erleuchtung, Anklopfen…
Drei Bezeichnungen beziehen sich jedoch im Besonderen auf unseren Gegenstand:
Die Gnade wird ein Pfeil genannt. Im Psalm 45 lesen wir: „In deiner Würde und Schönheit; für Wahrheit und Milde ...; deine Pfeile sind scharf. Und bei Jesaja: „Vom Mutterleib an hat der Herr mich gerufen; vom Schoß meiner Mutter an hat er meines Namens gedacht… Er hat meinen Mund einem scharfen Schwert gleich gemacht und hat mich wie einen erlesenen Pfeil gemacht; in seinem Körper verbarg er mich.“ Gott hat Christus verborgen, doch in welchem Körper? In der Brust des Vaters, im Schoß des Vaters. Welchen Pfeil? Christus selbst, da er in das Herz eindringt durch die Liebe.
Warum aber wird die zuvorkommende Gnade ein Pfeil genannt?
- Weil sie jene durchbohrt, die nicht daran denken. Wie es im umgekehrten Sinn die Bösen machen. Psalm 11: „Ich vertraue auf den Herrn, denn siehe, die Sünder spannen den Bogen, sie halten ihre Pfeile im Köcher bereit, um sie im Dunkeln auf jene abzuschießen, die aufrichtigen Herzens sind.“
- Weil sie von ferne wirkt, denn die Sünder haben sich entfernt. Ein schöner Vergleich von der Liebe, die einen trifft…
Sie wird Einsprechung genannt. Gen 2,7: „Er hauchte in sein Angesicht den Odem des Lebens.“ Der Sünder ist ja tot; er wird lebendig durch die zuvorkommende Gnade.
Sie wird Einladung genannt, Aufforderung, damit die freie Entscheidung sichtbar wird. Es ist ja wunderbar, auf wieviele Weisen und auf welchen Wegen Er die Herzen verwundet und durchbohrt…
Die gewöhnliche Weise ist aber das Wort Gottes.
Durch diese zuvorkommende Gnade wird also unser Wille angeregt. Sie läßt uns das Gute wollen und vollbringen; sie wirkt in uns das Wollen. Denn noch brauchen wir die helfende Gnade. Denn sich im Allgemeinen bekehren wollen, ist schon etwas Großes; sich schnell bekehren wollen, etwas Größeres; sich jetzt bekehren wollen, das Größte….
Auszug aus einem Predigtentwurf des hl. Franz von Sales, Grenoble, 12. März 1618
Passend zu diesen Überlegungen ein Tagesgebet vom Quatembersamstag (Samstag vor dem 2. Fastensonntag), das wir zu unserem täglichen Gebet machen sollten:
Wir bitten Dich, oh Herr, komm unserem Tun mit Deinen Eingebungen zuvor und begleite es mit Deiner Hilfe, auf dass all unser Beten und Handeln stets von Dir begonnen, und wie begonnen, so auch durch Dich vollendet werde.