Spes nostra, Salve
Die Hoffnung lässt uns die im Glauben erkannte übernatürliche Wahrheit ersehnen und auf die Verheißung Gottes vertrauen. Sie ist die Tugend, die uns Gott anstreben lässt im grenzenlosen Vertrauen auf seine Gnadenhilfe.
Nun ist Maria in ihrem ganzen Wesen Sehnsucht nach Gott und grenzenloses Vertrauen auf ihn, deshalb nennt sie die Kirche die „Mutter der heiligen Hoffnung“ und sogar „unsere Hoffnung“.
Es gibt sogar einen Augenblick, von dem man sagen kann, dass Maria als einzige die Hoffnung bewahrt hat: am Karsamstag, da Christus im Grab lag und alles vergeblich schien und auch die Treuesten am Glauben an Christus zweifelten angesichts eines so grausamen Todes, hat Maria dieses Vertrauen blind bewahrt.
Es ist die Hoffnung in ihrer reinsten Form, nämlich ein Bauen auf Gott ohne jegliche menschliche Versicherungen, einzig auf sein Wort hin, welchem man unbedingt Kredit gibt. Deshalb wendet die Kirche auf sie das Wort der ewigen Weisheit an: „in me omnis spes vitae et virtutis – in mir ist alle Hoffnung des Lebens und der Tugend.“
In der Tat: die Sicherheit und das Vertrauen, dass ich Gott bis zum Ende treu bleibe, habe ich nicht aus mir selbst, sondern sie ist eine unverdiente Gnade, welche mir wie alle Gnaden durch die Immaculata zukommt. So sagt der heilige Bernhard, dass Maria tota ratio spei meae – die ganze Ursache, der ganze Seinsgrund meiner Hoffnung ist. Das bedeutet, dass die beiden Grundhaltungen der Hoffnung in Maria ihren festen Boden und ihre höchste Entfaltung erhalten:
1. Die Hoffnung als Sehnsucht nach Gott wendet den Menschen ab von den falschen „Hoffnungen“ auf die Güter der Welt und hin auf die wahren, ewigen Güter, die allein seinen Durst löschen und seinen Hunger sättigen können. In diesem Sinn ist die Hoffnung die eigentliche Tugend der Bekehrung, was ja nichts anders bedeutet als „Abwendung von den Gütern der Welt, Hinwendung zu Gott“.
Wenn der Glaube uns die Herrlichkeit des ewigen Glücks aufzeigt, so wächst im Herzen die Sehnsucht nach dem Besitz dieser Güter. Und je mehr diese Sehnsucht wächst, umso ruhiger wird die Seele, umso weniger wird sie von den Süchten und Wünschen der Welt geplagt, welche sie so sehr in Unruhe stürzten. Der heilige Augustinus sagt, dass die Seele, die für Gott geschaffen ist, unruhig bleibt, solange sie ihre Ruhe in Gott nicht gefunden hat, ebenso wie eine Kompassnadel unruhig ist, solange sie nicht genau auf den Magnetpol zeigt.
2. Die Hoffnung ist auch ein Sich Überlassen den Verheißungen Gottes. Wenn Maria „Unsere Hoffnung“ genannt wird, dann ist ihre Gegenwart der Garant, dass sich diese Verheißungen auch erfüllen werden, ja dass sie sich in ihr schon jetzt zu erfüllen beginnen. In der Tat war sie die Hoffnung unserer Stammeltern, als die große Verheißung vom Weibe empfingen, welches der Schlange den Kopf zertreten werde. Seither ist sie die Hoffnung des Menschengeschlechtes. Isaias verbindet die Messiasverheißung mit dem Wunder der Jungfrauengeburt.
Aber vor allem nach der Himmelfahrt Christi bleibt Maria die Hoffnung der Christen: Gott hat uns Maria als unsere Hoffnung gegeben. Es ist ja seine Sache, wie er uns am liebsten erhört. Wer Maria ruft, beschwört sein Liebstes, rührt an die allerempfindlichste Stelle seines Herzens – und findet darum Erhörung. Das weiß die katholische Christenheit schon lange.
Not lehrt beten und Not lehrt die Treue und die Hilfe eines Freundes erst schätzen. Die Not im Volke war allzeit groß und aus dieser Not ist das Vertrauen auf Maria erwachsen. Und weil es nie enttäuscht wurde, darum kann es niemand mehr aus dem Herzen des Volkes reißen.