Spaniens Bischöfe lehnen die Legalisierung der Euthanasie entschieden ab
Das spanische Parlament (Congreso de los Diputados) hat am 17. Dezember 2020 den Gesetzesentwurf „Entkriminalisierung der Euthanasie“ angenommen: 198 Abgeordnete stimmten dafür, 138 dagegen, und 2 enthielten sich der Stimme. Der Text muss im Februar 2021 noch vom Senat gebilligt werden, um Gesetzeskraft zu erlangen.
Diese Abstimmung geschah nicht ohne den energischen Widerstand der Bischöfe des Landes, die das Gesetz kategorisch ablehnten und stattdessen eine Ausweitung der Palliativversorgung forderten. Derzeit werden Sterbehilfe bzw. Beihilfe zum Selbstmord mit zwei bis zehn Jahren Haft geahndet. Im Falle einer schweren Erkrankung und bei gleichzeitig bestehenden Todeswunsch bestand für die Gerichte schon bisher die Möglichkeit, das Strafmaß zu reduzieren.
Leben ist ein Geschenk, Euthanasie ist ein Versagen
Am 11. Dezember rief die spanische Bischofskonferenz die Katholiken Spaniens zu einem Fast- und Gebetstag für den 16. Dezember auf, um Gottes Beistand anzurufen, damit der spanische Staat dem Leben in seinen Gesetzen mehr Respekt erweisen möge. In einer Pressemitteilung mit dem Titel "Leben ist ein Geschenk, Euthanasie ist ein Versagen" forderten die Bischöfe weiters dazu auf, die Palliativversorgung auszuweiten, damit die Familien bei der Pflege ihrer schwerkranken Angehörigen entlastet werden mögen.
Am Tag nach der Abstimmung forderte der Bischof von Valencia, Kardinal Antonio Canizares, auf, alle Kirchen seiner Diözese zum Zeichen der Trauer schwarz zu beflaggen. Die Gläubigen wurden eingeladen, dasselbe an den Fenstern ihrer Häuser zu tun. "Noch einmal sagen wir: Nein zu diesem widernatürlichen und schändlichen Gesetz, Nein zur Sterbehilfe und Ja zur Palliativversorgung", schrieb der Bischof in einem Hirtenbrief.
Auch der Präsident der spanischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Barcelona, Kardinal Juan José Omella, forderte mehr öffentliche Mittel für die Palliativversorgung. "Wenn ein Mensch spürt, dass es andere gibt, die für ihn da sind, die ihn lieben, dann will er nicht sterben", sagte der Prälat.
„Jemanden beim Sterben behilflich zu sein, bedeutet nur, noch mehr Leid in diese Welt zu bringen“, sagte Kardinal Carlos Osoro Sierra, Erzbischof von Madrid. "Liebe hat nichts mit Töten zu tun, der Auftrag des Menschen ist es, stets für das Leben einzutreten und dabei alle verfügbaren Mittel zu nutzen, um dies zu tun.“ Der Erzbischof der spanischen Hauptstadt äußerte auch seine Befürchtung, dass aufgrund dieses Gesetzes in Hinkunft ältere oder schutzbedürftige Menschen, die von der Hilfe ihrer Familien abhängig sind, sich unter Druck fühlen werden, sich letzten Endes selbst töten zu müssen.
Nur Gott allein steht die Entscheidung über Leben und Tod zu
Dieses Gesetz zeuge von nichts anderem als von Egoismus und Konsumdenken, fügte Msgr. Jess Sanz Montes, Erzbischof von Oviedo, angesichts der Legalisierung der Beihilfe zum Selbstmord hinzu. Wenn sich der Mensch anmaße, über das Leben vor der Geburt und am Ende der Lebensreise bestimmen zu wollen, so setze sich der Mensch an die Stelle Gottes.
Diese Position brachte ihm scharfe Kritik von Seiten der PSOE ein, jener linken Partei, die derzeit an der Macht ist: "Der Erzbischof von Oviedo solle nicht Gott spielen, wenn er über Alte, Kranke und deren Familien entscheiden will."
"Wir haben einen großen sozialen Fortschritt für unser Land erreicht", erklärte der sozialistische Regierungspräsident Spaniens, Pedro Sanchez, nach der Abstimmung auf Twitter. „Wir schreiten voran in der Freiheit, in den Bürgerrechten und in der Menschenwürde! (sic)“ Spanien wird nach den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Kanada und Neuseeland das sechste Land der Welt sein, das Sterbehilfe zulässt.
Finanzierung der Sterbehilfe durch die öffentliche Hand
Der Gesetzentwurf erlaubt Sterbehilfe für Menschen, die "an einer schweren, behindernden oder unheilbaren Krankheit leiden", sofern dies durch zwei Ärzte und eine Kommission bestätigt wird. Das Projekt sieht auch die Erstattung des "Verfahrens" durch die Sozialversicherung vor. Für Angehörige der Gesundheitsberufe, die sich der Durchführung der Sterbehilfe verweigern, ist eine Gewissensklausel vorgesehen.
Jede Region Spaniens muss über eine eigene Kontrollkommission verfügen, die vor der Verabreichung der Sterbehilfe die Situation beurteilt und danach den Ablauf überprüft. Der Eingriff kann in einem Krankenhaus oder zu Hause durchgeführt werden, aber nicht in einem Altenheim.
Es bestehe ein "individuelles Recht, nicht auf Anträge auf Gesundheitsmaßnahmen zu reagieren, die durch dieses Gesetz geregelt sind und die mit den eigenen Überzeugungen der beteiligten Parteien unvereinbar sind." Die Regionen müssen jedoch sicherstellen, dass dieses Recht auf Einspruch aus Gewissensgründen „den Zugang und die Qualität dieses Dienstes nicht beeinträchtigt!“