Römischer geht nicht! Worin wahre Romanità besteht und worin nicht

Quelle: Distrikt Deutschland

Erzbischof Marcel Lefebvre hat in dem von ihm gegründeten Institut die Priesterweihen ursprünglich auf das Fest der Apostelfürsten Peter und Paul gelegt. Jedes Jahr kommen deshalb die Mitglieder der Bruderschaft und die mit ihnen verbundenen Gläubigen im Schweizer Ecône zu den überlieferten Zeremonien zusammen, die im Pontificale Romanum und Missale Romanum verzeichnet sind. Hier im Wallis wurde der ehrwürdige Römische Ritus durch die Bischofsweihen von 1988 bewahrt. Was wäre ohne diesen heroischen Akt mit der damals (wie heute wieder) „verbotenen“ Liturgie geschehen? 

Dieser unbedingte Wille zur Treue zur Überlieferung sollte durch das Datum der liturgischen Festfeier der Apostelfürsten „markiert“ werden. Dieser Tag ist nämlich Ausdruck des „römischen Geistes“, den die Mitglieder der Bruderschaft nach dem Willen des Stifters der Priesterbruderschaft St. Pius X. in sich aufnehmen sollen.

Erzbischof Marcel Lefebvre hat diesem römischen Geist ein eigenes Kapitel in seinem „Geistlichen Wegweiser“ gewidmet. 

Der Römische Geist ist der Ausdruck einer kindlichen Liebe zur Römischen Kirche, zum Papsttum und zum regierenden Pontifex, zum Lehramt und seinem Inhalt, zu den Gebräuchen und Traditionen des kirchlichen Lebens.

 

Was der Römische Geist nicht ist:

Für manche liegt der Römische Geist in der Frage der klerikalen Textilien. Es gibt die Anekdote eines heiligen Konvertiten des 19. Jahrhunderts, der nach seinem Studium und seiner Priesterweihe in Rom in seine cismontane Heimat zurückkehrte und dem Sakristan die merkwürdige Anweisung gab, die Altarwäsche „sei selten zu waschen und nie zu bügeln“. Das wäre „die Praxis in Rom“. Diese Karikatur wahrer Romanità hat in gewisser Weise seine Kehrseite in der jüngsten Kleriker-Schelte des regierenden Papstes (im Jahre 2023): „Man braucht nur in die kirchlichen Schneidereien in Rom zu gehen, um den Skandal der jungen Priester zu sehen, die Soutanen und Hüte oder spitzenbesetzte Chorröcke anprobieren.“

Für manche liegt der Römische Geist in einem „absoluten Gehorsam“ gegenüber der kirchlichen Behörde. Diese Scheintugend vergißt, daß ausnahmslos alle Bischöfe auch Söhne der Kirche sind. Auch sie sind an das Glauben- und Traditionsgut gebunden. Und wehe denen, die es nicht weitergeben! Nach Traditionis custodes, Amoris laetitia und Fiducia Supplicans ist diese Haltung eines falschen Gehorsams mehr als fragwürdig.

 

Was ist der Römische Geist denn?

Was die Römische Kirche immer gelehrt hat, das lehren wir, was die Römische Kirche immer verurteilt hat, verurteilen wir. Mit Liebe umfangen wir, was in der Römischen Kirche immer gute und erbauliche Praxis war, mit Hochachtung auf die Monumente der Liturgie, der Theologie und des Kirchenrechts. Wir halten mit ganzer Kraft fest an der Vulgata, am alten Katechismus, an der liturgischen Praxis.

Marcel Lefebvre bekannte, daß er den Römischen Geist erst durch seine Ausbildung im französischen Seminar in der Ewigen Stadt von 1923 bis 1929 empfangen hatte:

„Für mich war das eine Offenbarung. Im Laufe meiner Studien hatte ich noch nicht den Stellenwert dieses Kampfes der Kirche für die Kirche und die Christenheit ermessen können. Ich erinnere mich, dass ich ins Seminar mit manchen Ideen eintrat, die nicht stimmten, die ich im Laufe meiner Seminarjahre korrigierte. Ich glaubte zum Beispiel, dass es ganz ausgezeichnet sei, wenn Staat und Kirche getrennt sind. So ist es: ich war liberal!

Ich begriff, dass ich viele falsche Ideen hatte. Ich war glücklich, die Wahrheit kennenzulernen, glücklich, zu erfahren, dass ich im Irrtum war und dass es notwendig war, meine Auffassung über bestimmte Dinge zu ändern, vor allem durch das Studium der päpstlichen Enzykliken, die uns eben alle modernen Irrtümer aufzeigten, diese herrlichen Enzykliken.“

„In Rom“, sagt er später zu seinen Seminaristen, „hatte man die Überzeugung, in einer Schule des Glaubens zu sein. Das Leben Roms selbst war eine Schule des Glaubens: all die Heiligtümer, die Stationen der Fastenzeit, die Zeremonien der Heiligsprechungen im Petersdom, die Audienzen des Heiligen Vaters. ...“

Seit seinen Seminarjahren war es die ständige Sorge Marcel Lefebvres, sich ganz einfach in die Kontinuität der päpstlichen Urteile einzureihen und keinerlei persönliche Ideen zu hegen. Er wollte ganz einfach „der Wahrheit der Kirche, wie sie sie immer gelehrt hat“, treu sein. Infolgedessen kann der Glaube nur Vorrang vor einem falschen Gehorsam haben.

Während des Zweiten Vatikanischen Konzils, an dessen sämtlichen Sitzungen er als Konzilsvater teilnahm, wurde er Zeuge, wie mehrfach handstreichartig und tiefgreifend in den Verlauf dieser Versammlung im Sinne einer Revolution in der Kirche eingegriffen wurde. Er reagiert als echter Römer: um sich der Unterwanderung des Konzils entgegenzustellen, gründete er eine Vereinigung von Bischöfen, den Coetus, der die mit Irrtümern behafteten Schemata korrigierten oder zurückwiesen. Als Papst Paul VI. unter Mithilfe von Pater Bugnini nach dem Konzil im Jahre 1969 einen neuen Messritus produziert, den „Novus Ordo Missae“, sammelt Erzbischof Lefebvre eine Gruppe von Theologen, die eine Kritik desselben vorlegen. Vor allem hält er fest an dem, was er empfangen hatte.

 

Römisch sein, bedeutet das Festhalten an der Überlieferung

„Wir befinden uns in einer wahrhaft dramatischen Situation! Wir müssen uns entscheiden zwischen einem sozusagen scheinbaren Gehorsam … und der Bewahrung unseres Glaubens. Wir entscheiden uns dafür, unseren Glauben nicht aufzugeben, denn darin können wir uns nicht täuschen. In dem, was die Kirche zweitausend Jahre lang gelehrt hat, kann die Kirche nicht irren. Das ist völlig unmöglich.“ (Predigt am 29. Juni 1976)

Wahre Romanität bedeutet nicht blinde Unterwerfung unter absolutistische – von den Entscheidungen der Vorgänger losgelöste – Entscheidungen der höchsten Autorität. Sie ist die Treue zu ihrem ständigen und unvergänglichen Lehramt, welches apostolisch ist, weil es sich an die Lehre der Apostel bindet. Das heutige Lehramt hat in dem Maße Autorität, in dem es sich in diese Kontinuität einordnet. Diese Kontinuität muss zweifelsohne normalerweise vorausgesetzt werden, in Zeiten der Krise jedoch, wie in der Epoche der arianischen Häresie, ist die Kontinuität der Lehre selbst das Kriterium ihrer Wahrheit.

Erzbischof Lefevre sagte deshalb: „Niemand hängt mehr als wir am Lehramt der Päpste, der Konzilien und der Bischöfe! Und deshalb können wir ein Lehramt nicht akzeptieren, das dem Lehramt aller Zeiten nicht treu ist. Das Lehramt ist von seinem Wesen her kontinuierlich, traditionell. Das Ziel des Lehramtes ist es, das depositum fidei weiterzugeben. Das kann niemals im Widerspruch stehen zu dem, was zuvor gelehrt worden ist. Der heilige Paulus sagt selbst: ‚Doch wenn selbst wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten, als wir euch verkündet haben, so sei er verflucht!‘ (Gal. 1,8).“ 

Am 9. Mai hat Papst Franziskus die Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom angekündigt und ein Heiliges Jahr 2025 ausgerufen. Eine gute Gelegenheit, die Liebe zu Rom und zur Kirche mit einer Wallfahrt auszudrücken. 

Auf jeden Fall drückt sich diese Liebe und ein authentischer römischer Geist auch in der öfteren Teilnahme an der Heiligen Messe aus oder an den diesjährigen Priesterweihen in Ecône oder Zaitzkofen. Römischer geht nicht!