Quatember-Samstag in der Fastenzeit
«Wir bitten Dich, o Herr: komm unserem Tun mit Deinen Eingebungen zuvor und begleite es mit Deiner Hilfe, auf daß all unser Beten und Handeln stets von Dir begonnen, und wie begonnen so auch durch Dich vollendet werde. Durch unsern Herrn Jesus Christus ... Amen.» (V. Oration des Quatember-Samstags in der Fastenzeit)
«Die herrliche V. Kollekte enthält in kurzen Worten die kirchliche Lehre über die Gnade: Gott komme mit seinem himmlischen Antriebe unseren Handlungen zuvor und begleite unser Tun und Wollen mit seinem Beistand. Gilt dieser concursus Dei pravius et simultaneus (Zuvorkommende und begleitende Gnade) schon für die Handlungen der Menschen in der rein natürlichen Ordnung, um wieviel mehr in der übernatürlichen Natur und Gnade wirken zusammen; sie erhalten von Gott den ersten Antrieb und erreichen dann unter seiner Mitwirkung das vorgesteckte Ziel.» (Sel. Ildefons Kardinal Schuster, +1954)
Ursprünglich war der Quatember-Samstag ein strenger Fasttag und hatte keine eigene Liturgie. Die Gläubigen enthielten sich den ganzen Tag von jeder Speise und durchwachten die Nacht von Samstag auf Sonntag. Erst am Ende der Vigil wurde die heilige Messe gefeiert. Aus mütterlicher Sorge hat jedoch die hl. Kirche schon seit Jahrhunderten die Vigilien auf den Samstagmorgen verlegt.
«Aus dem Leben des des hl. Callistus I. (+222) im „Liber Pontificalis“ (Papstbuch) ergibt sich, daß man ursprünglich in Rom nur drei Jahresfasten (Quatember) beobachtete. Diese entsprachen den alten ländlichen Jahrzeitfesten, beim Abschluß der Getreideernte, der Weinlese und der Ölernte zu Beginn des Sommers, Herbstes und Winters.
Ein Frühlingsfasten war in diesem Zyklus nicht einbegriffen, da es stets in die vierzigtätige Fastenzeit fiel. Als man in der goldenen Zeit Leos I. (+461) das jüdische Fasten des ersten Monats nachahmte und in die Frühlingszeit, an den Beginn der Quadragesima legte, mußte die Liturgie etwas geändert werden. Insbesondere wurden die Lesungen mit dem ländlichen Charakter in Beziehung gebracht, der diesen Feiern der alten Römer eigen war.» (Kardinal Schuster OSB, 1954)
Die Gläubigen versammelten sich in der Kirche Santa Maria in Traspontina und zogen zur Stationskirche, die heute der Petersdom ist.
Die alte Kirche Santa Maria in Traspontina erhob sich zwischen der Engelsbrücke und dem Portikus, der nach Sankt Peter führte. Heute liegt sie an der 1950 vollendeten 500 Meter langen Via della Concilliazione, die direkt auf das römische Heiligtum des Apostelfürsten hinführt. Der Bau wurde im 16. Jahrhundert etwas versetzt neu errichtet.
«Die Station ist in der Basilika des hl. Petrus im Vatikan, wo das Volk am Abend zusammenkam, um der Priesterweihe beizuwohnen. Man nannte diesen Tag den Samstag der zwölf Lesungen, weil man anfangs zwölf Stellen aus der Heiligen Schrift las, wie beim Samstag vor Ostern. Die Messe, in welcher die Priesterweihe vorgenommen wurde, fand in der Nacht statt und zwar nach Mitternacht, so daß eigentlich bereits Sonntag war. Später wurde die Messe zur Priesterweihe auf den Samstag vorgerückt; aber um das Gedächtnis des alten Brauchs frisch zu halten und es zu ehren, behielt diese nun samstägliche Messe ihr sonntägliches Evangelium, so daß also die Messe des Quatember-Samstags und des II. Fastensonntags dasselbe Evangelium haben. (Dom Prosper Gueranger OSB, +1875)
«Die Wahl der heutigen Stationskirche entspringt echt römischem Denken und Fühlen. Jede Übertragung kirchlicher Gewalt geht vom hl. Petrus aus, der die Fülle der Weihegewalt besitzt. Folglich müssen alle hl. Weihen in der vatikanischen Basilika erteilt werden. Jedoch findet nur die Weihe des Papstes am Altare statt, der sich über dem Grab Petri erhebt. die übrigen Weihen hingegen in einer der benachbarten Kapellen.
Schon die äußere Umgebung war überaus eindrucksvoll. Die alte Peters-Basilika war gewissermaßen das sichtbare Zeichen der Überwindung des Heidentums durch Christi Lehre. Leider wurde sie von den Archäologen nicht genug geschätzt, als sie abgebrochen wurde, um dem heutigen Monumentalbau Bramantes und Michelangelos Platz zu machen. Sie erhob sich an der Stelle, wo einst Nero den ersten Papst gekreuzigt hatte. Um das Grab des galiläischen Fischers, den Christus zum Grundstein seiner Kirche gemacht hatte, schlief eine erlesene Schar heiliger Päpste ihren letzten Schlaf. In der Nähe unterhielten alle katholischen Völker des Erdkreises Pilgerhospize für ihre Landsleute. Man durfte also wohl sagen, Petri Grab sei das Ziel der Sehnsucht der ganzen Christenheit, der Mittelpunkt des katholischen Erdkreises.
In der alten Zeit brachte das Volk die ganze Nacht im Gebet zu. Psalmengesang wechselte mit Lesungen aus der Heiligen Schrift, die lateinisch und griechisch vorgetragen wurden. Zur Verschönerung der Feier trugen bei die herrlichen Gesänge der Schola, das in Überfülle strahlende Licht, das aus silbernen Ampeln herab das Dunkel des Raumes durchflutete, und die Inzensationen des Apostelgrabes mit wohlriechendem orientalischen Weihrauch nach jeder Lesung. Gregor der Große (+604) kürzte die ursprünglichen zwölf Lesungen des römischen Nachtgottesdienstes um die Hälfte; heute sind die fünf Lesungen vor der Epistel noch eine letzte Erinnerung an die alte Vigilienfeier.» (Kardinal Schuster, + 1954)
Lesung aus dem ersten Brief des hl. Paulus an die Thessalonicher (5, 14-23):
Brüder! Wir bitten euch: weiset die Unruhestifter zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmet euch der Schwachen an, habt Geduld mit allen. Sehet zu, daß niemand Böses mit Bösem vergelte, sondern strebet allzeit nach dem Guten, untereinander wie gegen jedermann. Freuet euch allzeit. Betet ohne Unterlaß. Seid dankbar für alles; denn das will Gott von euch allen in Christus Jesus. Den Geist [mit seinen Gaben] löscht nicht aus; Weissagungen mißachtet nicht. Alles prüfet; was gut ist, behaltet. Meidet jede Art des Bösen. Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch ganz und gar, damit euer Geist, eure Seele und euer Leib ohne Fehl bewahrt bleiben für die Ankunft unsres Herrn Jesus Christus.»
Auslegung der Epistel: «Paulus entwirft ein schönes Bild vom wahren Christenleben und spricht auch von den charismatischen Gaben. Für Priesterkandidaten ist dieser Hinweis wohl entsprechend, denn heute muß der Priester mehr als je ein Führer sein und nach außen eine reiche Tätigkeit entfalten. „Den Geist löscht nicht aus.“ Die neuen Verhältnisse, die soziale Umwälzung, die wir erleben, fordern neue Formen und neue Methoden in der Glaubensverbreitung und im Apostolat. Aber der Priester darf in seinem hl. Amt nicht vorgehen wie der Laie. Was den Anschein des Guten, Neuen, Nützlichen hat, darf nicht sogleich angenommen und in der Kirche eingeführt werden; es muß vorher die Billigung der kirchlichen Autorität finden. „Alles prüfet.“ Nur die Kirche wählt also aus, was wahrhaft gut ist an diesen neuen Methoden. „Was gut ist, behaltet.“ » (Kardinal Schuster, +1954)
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus 17, 1-19:
In jener Zeit nahm Jesus den Petrus, Jakobus und Johannes, dessen Bruder, mit sich und führte sie abseits auf einen hohen Berg.
Und er ward vor ihnen verwandelt: Sein Antlitz glänzte wie die Sonne, und seine Kleider wurden leuchtend wie das Licht.
Und siehe, es erschienen ihnen Moses und Elias, die sich mit ihm unterredeten.
Und Petrus nahm das Wort und sprach zu Jesus: „Herr, wie schön ist es doch, daß wir hier sind. Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen: Dir eine, dem Moses eine und dem Elias eine.“
Noch sprach er so und schon kam der Schatten einer lichten Wolke über sie, und eine Stimme aus der Wolke sprach: „Das ist mein vielgeliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Auf diesen sollt ihr hören.“
Als die Jünger dies hörten, fielen sie auf ihr Antlitz nieder und gerieten in gewaltige Furcht.
Doch Jesus trat herzu, berührte sie und sprach: „Steht auf, seid ohne Furcht!“
Und sie erhoben ihre Augen und sahen niemand mehr als Jesus allein.
Während sie vom Berge niederstiegen, befahl ihnen Jesus: „Sagt niemand etwas von dem Gesichte, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.“»
Auslegung des Evangeliums: «In der alten Liturgie hatte das Evangelium fast immer eine gewisse Beziehung zur Stationskirche. Für die heutige Feier an Petri Grab wurde die Verklärung Christi gewählt. Petrus ergreift als einziger unter den Aposteln das Wort; später wird er dann für diese Theophanie der beglaubigte Zeuge sein. Der hohe, einsame Bergesgipfel, auf welchem Jesus „sich mit Herrlichkeit umkleidet“, ist ein Symbol des Priesterstandes. Dieser hl. Stand erfordert vollkommene Trennung von den Dingen dieser Welt, ein ganz innerliches Leben und den Geist erhabener Beschauung. Wie Gottes Majestät im Himmel auf den Cherubim thront, so hat auf Erden das Priestertum das ehrenvolle Amt, Gottes Thron zu sein.» (Kardinal Schuster, +1954)
«Das Evangelium will unsere Gedanken auf die hohe Würde lenken, womit heute durch die Weihe die Priester bekleidet worden sind. Die drei Apostel, welche Jesus auf den Berg geführt hat, erscheinen als die Vertreter des Priestertums. Sie allein schauen Jesu in seiner Herrlichkeit. Die übrigen Jünger des Heilandes bleiben in der Ebene zurück. Petrus, Jakobus und Johannes allein stiegen auf die Höhe des Tabor; diese allein sollten auch, sobald die Zeit gekommen, der ganzen Welt verkünden, von welcher Herrlichkeit Jesu umgeben erschien und wie die Stimme seines himmlischen Vaters ertönte, um von der Größe und Göttlichkeit des Menschensohnes Zeugnis abzulegen. „Diese Stimme, welche vom Himmel erscholl“, schreibt denn auch der heilige Petrus (2. Petr. 1, 17f) „haben wir gelehrt, da wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren und sie sprach: Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; diesen höret.“ Ebenso werden auch die Neupriester, welche in der Liturgie geweiht und für welche die Christen gefastet und gebetet haben in die Wolke eintreten, in welcher der Herr thront. Sie werden unter dem Schweigen des heiligen Kanon das Opfer des Heils darbringen. Gott wird in ihre Hände herabsteigen, und ohne daß sie aufhören, Sterbliche und Sünder zu sein, wie alle anderen, werden sie doch täglich mit der Gottheit in Berührung kommen. Die Verzeihung, welche die Christenheit in dieser Zeit der Versöhnung von Gott erwartet, wird durch ihre Hände gehen. Ihre überirdische Vollmacht holt sie vom Himmel herab In dieser Weise hat Gott uns das Heilmittel gegen unseren Hochmut gebracht. Die Schlange hat uns in den ersten Tagen gesagt: „Esset von dieser Frucht und ihr werdet wie Gott sein.“ Wir haben das Unglück gehabt, in die tückische Schlinge zu fallen. Der Tod war die einzige Folge unserer Auflehnung. Gott wollte uns aber erlösen. Allein um uns nicht zu neuen Überhebungen Anlaß zu bieten, spendet er uns dies Heil durch Menschenhand. Sein ewiger Sohn wurde Mensch und ließ andere Menschen zurück zu denen er sagte. „Wie mein Vater mich gesendet, so sendet ich euch.“ (John 20,21) Ehren wir also Gott in diesen Menschen, welche heute der Gegenstand einer so erhabenen Auszeichnung gewesen sind. Begreifen wir, daß die Ehrfurcht vor dem Priesterstand zur Religion Jesu Christi gehört.» (Dom Gueranger, +1875)
«Wie tief wurzelt das hl. Kreuz im Herzen Jesu! Auch inmitten der Herrlichkeit auf dem Tabor redet der Herr mit Moses und Elias von seinem baldigen Tode. Er beweis uns dadurch die ganze Glut seiner Liebe, die ihn antrieb, sich für uns zu opfern.» (Kardinal Schuster, +1954)
Gebet über das Volk
Lasset uns beten.
Neiget in Demut euer Haupt vor Gott.
«Gott, der ersehnte Segen stärke Deine Gläubigen; er bewirke, daß sie nie von Deinem Willen abweichen und lasse sie Deiner Wohltaten sich allezeit erfreuen. Durch unsern Herrn Jesus Christus ... Amen.»
Bild: Stationskirche ist der Petersdom