Primizpredigt von P. Tomáš Stritzko in Brünn

Quelle: Distrikt Österreich

Predigt von Dekan P. Tomáš Stritzko
anlässlich der Primiz von P. Josef Richtar am 6. Juli 2024 in Brünn

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Hochwürdiger Herr P. Distriktoberer, hochwürdiger Herr P. Regens des Priesterseminares Zaitzkofen, lieber hochwürdiger Neupriester, liebe Mitbrüder in Christo, liebe Gläubige!

Heute, am 6. Juli, ist der Tag, an dem wir uns an die Verbrennung des „Meisters“ Johannes Hus am 6. Juli 1415 erinnern - und Sie, Herr Pater Primiziant, haben für Ihre Primizmesse die Heilige Messe zu Ehren des heiligen Johannes Nepomuk gewählt. Diese beiden waren katholische Priester, beide eigentlich Zeitgenossen. Im Jahre 1393, in dem der heilige Johannes Nepomuk gemartert wurde, ist Hus zum Bakkalaureus der freien Künste promoviert worden, beide waren zu ihrer Zeit bereits bedeutungsvolle Persönlichkeiten, ihr Tod ist ein wichtiger Meilenstein der tschechischen Geschichte, einer hat für unser Vaterland Unglück verursacht, der andere Segen – und beide werden von ihren Verehrern bis heute gefeiert. 

Johannes Hus starb, verbannt aus der Kirche als Häretiker, welcher er wirklich war, und im tschechischen Volk ist er Symbol für den Kampf gegen die katholische Kirche, für den Kampf der Liberalen, Kommunisten und verschiedenen christlichen Sektierer, auch trotz der Tatsache, dass er sich selber bis zum Tode für einen rechtgläubigen katholischen Priester hielt und überzeugt war, dass er als Zeuge für den reinsten katholischen Glauben und für Erneuerung der Sitten sterbe, in welchem Gebiet er sehr rigoristische Forderungen hatte. In der Tat allerdings hat Johannes Hus der katholischen Kirche Schaden gebracht, weil er sich an die Spitze des Aufstandes gegen den Erzbischof stellte, der ihm zuerst seine Reformversuche gönnte, aber als er Hus wegen Irrlehren und Übertreibungen ermahnte, hat Hus die Kirche als Beute dem trunksüchtigen, wüsten Tyrannen Wenzel IV. ausgeliefert. Seine eigenen Laster hinderten den König nicht, von ihm Reformmaßnahmen gegen Männer der Kirche zu fordern. Diese Schritte entsprachen den Machtzwecken des Königs und es handelte sich in keinem Fall um irgendwelche geistliche oder sittliche Erneuerung. Hier hat sich zum ersten Mal der Stolz und die Heuchelei von Johannes Hus gezeigt, welche ihn für den ganzen Rest seines Lebens begleiteten.

Der hl. Johannes Nepomuk wurde gemartert für seine Treue zum Glauben und zu seinen priesterlichen Pflichten in treuer Unterordnung seinem Erzbischof gerade deswegen, da er die Freiheit der Kirche gegen die Machtinteressen desselben verkommenen Königs Wenzel IV. verteidigte.

Es ist bezeichnend, dass der Kult von Hus gerade auf diesem Aufstand aufgebaut ist, von seinen anderen Meinungen absieht und in unserer Geschichte mit Räuberzeiten, mit Zeiten eines geistlichen und kulturellen Niedergangs, des Abfalls vom Glauben und der Verfolgung der Kirche verbunden war.

Der hl. Johannes Nepomuk war ein katholischer Priester, der sich in einem kirchlichen Geist und der Treue zur Kirche in seinem ganzen Leben bewährte, Treue im Dienst unter der Leitung der kirchlichen Oberen, Treue in der Verteidigung der Rechte und der Freiheit der Kirche, Treue in der Liebe zu den unsterblichen Seelen. Er war ein konsequenter Prediger der kirchlichen Lehre, ein Verteidiger der Sitten, aber zugleich ein barmherziger Richter. Der heilige Johannes Nepomuk war von den treuen Katholiken bereits in seiner Zeit hochgeschätzt, und seine Verehrung begleitete den geistlichen und kulturellen Aufschwung unseres Volkes, vor allem bei der Überwindung der häretischen Sektiererei und der katholischen Erneuerung in der Barockzeit, aber auch später, im katholischen Teil der Nationalen-Wiedergeburt-Bewegung, wo das Hl.-Johannes-Erbe, auch dem hl. Johannes Nepomuk gewidmet, eine große Rolle spielte.

Der hl. Johannes Nepomuk hat sich während seines Lebens in der Treue zur Kirche bewährt. Als Generalvikar unter dem Prager Erzbischof Johannes von Jenštejn stand er für den Erzbischof und gegen die Willkür des Königs, bestätigte er im Amt den neu gewählten Abt von Kladrau, denn der König wollte auf dem Eigentum des Klosters einen Bischofstuhl gründen für seinen Liebling und Günstling, Wenzel von Buřenice. Das hat dem hl. Johannes Nepomuk den Unwillen des Königs eingebracht, aber seine Treue zur Kirche ist klar bezeugt. Am hl. Johannes Nepomuk sieht man positiv, dass die Gnade Gottes, die auf ihn reich ausgegossen wurde, bis zur Glorie des Martyriums, Frucht der Liebe zur Kirche und eines treuen Dienstes im Gehorsam gegenüber den Oberen ist, dass Gott eine Rebellion gegen die kirchlichen Oberen und ein Sich-Verbünden gegen sie nicht segnet und nie gesegnet hat.

Das zeigt auch sehr gut das negative Beispiel von Johannes Hus, der den Prager Erzbischof schmähte, die Willkür des Königs gegen die Kirche unterstützte und König Wenzel IV. dafür Hus und die Wyclifisten an der Universität vor den kirchlichen Obrigkeiten schützte, so lange, bis es zu Volksaufständen kam, eine Situation, die letztlich auch dem König aus den Händen glitt. Der bekannte mährische Theologe und Historiker, Hochwürden Dr. Jan Sedlák fasst sehr trefflich die Gemütsverfassung von Hus in Konstanz zusammen: „Hus hat sich gänzlich in den Gedanken eingelebt, dass er unschuldig war, dass das ganze Konzil ihm für seine Reformtätigkeit feindlich gesinnt war und, dass er ein Martyrium für die Wahrheit Gottes erleiden sollte… Briefe, die er in jener Zeit an Freunde von Konstanz und von Böhmen schickte, sind ein Ausdruck dieser seelischen Disposition, die an religiösem Wahn grenzt.“

Der einflussreiche Zeitgenosse Štěpán Páleč sagte dazu in einem Brief an Johannes Hus: Die Kardinäle sind für dich rote Teufel, die Doktoren der Theologie Idioten – wer bleibt, den du nicht außer deinen Freunden geschmäht hast? Wer hat vor dir bestanden? Er zeigt Hus deutlich, dass er nur sich selbst als einziges Kriterium aller Dinge sieht und dass er sich ganz außerhalb der Wirklichkeit befindet. Das ist übrigens auch die Folge der verschiedenen Widerstände, wie wir sie heutzutage kennen.

Hier beschreibt man zutreffend den Kern der hussitischen Mentalität, die immer gefährlich war und ist. Der einzige Schutz dagegen ist, alles, was der Priester im Apostolat tut, in seinem Amt, mit den Oberen zu besprechen; was ihren Segen nicht hat, bringt keine Gnaden und keinen wahren Nutzen für die Kirche und das Heil der Seelen. Das gilt nicht nur für Priester, sondern auch für die Gläubigen, es ist notwendig, es zu verlangen, weil nur das ein Ausdruck der wahren Liebe ist und Segen bringt. Menschliche Fehler, die jeder Mensch hat, auch die Oberen überall in der Kirche, dispensieren niemanden vom Gehorsam. Abgesehen davon, dass öfters aus unbedeutenden Kleinigkeiten durch das teuflische Laster des Geschwätzes von Klerus und Gläubigen ganz wahnsinnige Konstruktionen entstehen, die jeglicher Realität entbehren und Hand in Hand mit Verleumdungen und Verlust jeder Urteilskraft einher gehen. Dazu hat auch der Stolz, der ihm den gesunden Verstand und Urteilskraft verdunkelt hatte, Johannes Hus verführt.

Der hl. Johannes Nepomuk war gehorsam seinem Erzbischof bis zum geopferten Leben, eines wahren Martyriums. Er brachte und bringt unserem Volk und der ganzen Kirche Segen durch die Gnaden Gottes. Johannes Hus hat sein Leben pompös seiner eigenen Überzeugung aufgeopfert, im Aufruhr gegen die Kirche und seine Oberen und eine bis heute dauernde Spaltung in unserer Nation verursacht. Als katholische Priester der Tradition, die wir die Ehre haben, einer geistlichen Erneuerung unserer Heimat zu dienen, müssen wir dem heiligen Johannes Nepomuk folgen, unser Apostolat unseren Oberen unterwerfen, die wir dank unserem Gründer Erzbischof Marcel Lefebvre haben, und dies auch von den Gläubigen verlangen, die in unserer Priesterbruderschaft St. Pius X. ihr Zuhause und Zuflucht gefunden haben. Das heißt nicht, keine persönliche Meinung zu haben, das heißt nicht, die eigene Meinung dem Oberen nicht zu präsentieren, sondern es bedeutet, seiner Autorität, die letztlich von Gott stammt, sich zu unterwerfen. Nur so werden wir unserem Volk den wahren Nutzen der geistlichen Erneuerung bringen, und nicht weitere Spaltungen und Zwietracht, die unsere Heimat, die schon jetzt so gespalten ist durch Liberalismus, Kommunismus und vor allem religiösen Liberalismus, noch mehr peinigen würden.

Der heilige Johannes Nepomuk war ein treuer Priester im Dienste der unsterblichen Seelen, Spender der Sakramente, Prediger, Beichtvater. Er hatte im Auge das Wohl der ihm anvertrauten Seelen, er riss nicht ihre Aufmerksamkeit selbstgefällig an sich, für eine Selbstpräsentierung im Verlangen nach Beliebtheit, wie es bei Hus der Fall war, sondern er mahnte zum ordentlichen Leben, lehrte die Lehre der Kirche, glaubte die Wahrheiten des Glaubens, sowie die heilige Kirche sie zum Glauben vorlegt. Was für einen Unterschied im Vergleich mit Hus, der durch seine übertriebenen Angriffe gegen Missstände die Kirche beschmutzte, den Irrlehren des englischen Reformators John Wyclif anhing und mit dem Remanenz-Irrtum das Allerheiligste Altarsakrament angriff.

Der heilige Johannes Nepomuk war ein beliebter Beichtvater, er hat die anvertrauten Seelen zum Bußsakrament geführt. Zu diesen gehörte auch die Königin Sophie, die sehr bedrängt war von ihrem Mann – König Wenzel IV., der ihr viele ungerechte Vorwürfe machte. Das war die zweite Ursache des Hasses des Königs gegen den heiligen Johannes Nepomuk, Wenzel IV. kam so weit, dass er beim Quälen des heiligen Johannes Nepomuk ihn nicht nur für die Verteidigung der Rechte der Kirche peinigte, sondern auch versuchte, das Beichtgeheimnis zu brechen. Es ist tragisch, wie Wenzel IV., diese ganze gespaltene Persönlichkeit, von der überliefert wird, dass er auf der einen Seite auch zu den einfachen Menschen freigiebig und barmherzig sein konnte, sich Leidenschaften und Trunksucht hingab, zum bestialischen Tyrann wurde und im Kreise seiner Kumpanen, auf deren Seite später auch Hus und die Prager Wyclifisten standen, die Kirche erniedrigte, die er als gewählter Kaiser verteidigen sollte.

Gott aber ist gerecht und oft zeigt er seine Urteile bereits hier auf Erden. Der Leib des heiligen Johannes Nepomuk wurde aus der Moldau geborgen, beigesetzt in der Kathedrale, verherrlicht durch Wunder und  ruht nun in einem herrlichen silbernen Grabmal. Und heute steht auch eine Reliquie von ihm hier am Primizaltar. Der Leib des gottlosen Königs wurde vom hussitischen Pöbel aus dem Grab geholt und geschmäht, während die Asche von Johannes Hus vom Wasser des Rhein weggespült wurde.

Wenn wir die Zeit des hl. Johannes Nepomuk betrachten, die Zeit, in der er lebte, und die Zeit, die unmittelbar darauf folgte, sehen wir, dass die Hoffnung unserer Nation auf diejenigen gründet, welche dem katholischen Glauben treu bleiben, dass der Himmel sich zu ihnen neigt, auch wenn sie in einer gottlosen und bösen Zeit leben. Das ist eine große Botschaft für unser priesterliches Leben, für unser Apostolat!

Unsere Kapellen müssen Zufluchtstätte für die Gläubigen sein, die unter der Leitung ihrer Priester mit einer ordentlichen Priesterausbildung, den katholischen Glauben und das katholische Leben bewahren wollen, beten wollen auch für untreue kirchliche Obere und Priester und zu den eigenen kirchlichen Oberen stets mit der angebrachten Hochachtung und Unterwerfung hintreten. Unsere Kapellen dürfen keine Orte der Revolution „gegen alle“ sein, der Verhöhnung, des Verdachtes und prinzipiellen Misstrauens, der religiösen Extravaganzen, individueller Vorstellungen von der scheinbar wahrsten Frömmigkeit und Sittlichkeit, also letztlich Orte des auferweckten Hussitentums. 

Wir brauchen Priester, die ihr Leben für Kirche und Heimat aufopfern, im Priestertum nicht sich selbst suchen, wie wir das bei Hus sehen, sondern in ihm Dienst und Selbsthingabe suchen. Sie sind nicht Sklaven ihrer Leidenschaften, sondern sie unterwerfen sich in der Erfüllung der Pflichten, mit Verantwortung für die anvertrauten Aufgaben, für das Heil der unsterblichen Seelen. Wer sich nicht in seiner Weihe aufgeopfert hat, wer nicht bereit ist, für das Priesterleben alles hinzugeben, selbst die sittlich erlaubten Dinge, die zu einem Hindernis der Erfüllung der Sendung des Priesters werden, der ist eigentlich des Priestertums Christi nicht wirklich würdig. Das ist nicht etwas Negatives, das ist das süße Joch unseres Herrn, der unsere Hoffnung ist, aber auch eine sehr schwere und schwerwiegende Verpflichtung; deshalb erbitten wir uns und allen katholischen Priestern die Gnade für ihre Erfüllung.

Amen.

Gelobt sei Jesus Christus und Seine göttliche Mutter Maria!

(Der Primizprediger trug die Predigt zuerst auf Tschechisch vor, sodann auf Deutsch).