Predigt von Mgr. Tissier de Mallerais bei der Einkleidung und Tonsur am 2. Februar
Liebe Patres, Brüder, Schwestern, Seminaristen und Gläubige, liebe Anwärter für den Klerikerstand, liebe Soutanenanwärter,
an diesem heiligen Fest Mariä Lichtmess, d.h. Mariä Reinigung und Jesu Darstellung im Tempel, stellt Ihr Euch selbst dem lieben Gott vor:
- die einen, um die Soutane anzuziehen
- die anderen, um sich der Tonsur der Kleriker zu unterziehen.
Beide Zeremonien sind normalerweise eins, aber Ihr erinnert Euch daran, dass der junge Guiseppe Sarto, der zukünftige Papst Pius X., schon beim Eintritt im Knabenseminar zu Treviso mit 14 Jahren die Soutane angezogen hat.
Erstens die Soutane:
Die Soutane ist das eigentliche Kleid des Klerikers. Ihre Form, die den ganzen Leib bedeckt und deren Farbe die Trauer der Welt gegenüber bedeutet, drückt Eure Bereitschaft aus, Euch von den weltlichen Vergnügungen und Anhänglichkeit zu lösen. Auch drückt sie die Tugend der Keuschheit aus, welche den Kleriker kennzeichnet.
Selbstverständlich wird Eure plötzliche äußerliche Umwandlung wahrscheinlich Eure lieben Eltern und Verwandten überraschen - lasst uns besser sagen: mit einer heilsamen Erschütterung und einer heiligen Rührung ergreifen.
Die Mitglieder unserer Priesterbruderschaft betrachten die Soutane als ihr Ordenskleid. „Möget Ihr“, wird der Bischof beten, „den Heiligen Geist empfangen, der in Euch das Ordenskleid auf immer bewahrt, d.h. die Tugend der Gottesverehrung mit dem Ordenskleid bewahrt, so dass Ihr in der Kirche fromm bleibet und ergeben ausharret“.
Erzbischof Lefebvre, unser verehrter Gründer, sagte gewöhnlich: „Eure Soutane ist Euer Ordenskleid.“ Nicht nur als Glieder einer Gesellschaft des Gemeinschaftslebens, sondern auch als einfache, zukünftige Kleriker. Euer Anziehen der Soutane ist schon Eure Weihe an Gott und an den Dienst im Heiligtum. Aber Erzbischof Lefebvre fügte hinzu: „Liebe Seminaristen, Eure Soutane ist an sich selbst eine Predigt:
1. weckt sie die Neugierde der Gleichgültigen, sie drängt Fragen auf, und sie ruft den religiösen Sinn der Menschen wach.
2. ist Eure Soutane auch eine Waffe: Sie wehrt die bösen Geister ab.
3. ist Eure Soutane ein wirksames Mittel für das Apostolat.
Zweitens die Tonsur der Kleriker. Die Tonsur ist keine Weihe, sondern nur ein Sakramentale, welches dem neuen Kleriker seine Standesgnaden gibt. Die Tonsur ist nicht nur ein verehrungswürdiger Ritus, sondern eine Quelle der Gnade. Wie alle Sakramentalien, die von der Kirche eingesetzt wurden, ist die Tonsur ein Werk der Gnade. Sie vermittelt die Gnade durch das Werk der Kirche.
Der Ritus der Tonsur besteht darin, dass der Bischof dem Kandidaten fünf Haarbüschel abschneidet als ein Überbleibsel der vollkommenen Rasur des Kopfes im Mittelalter. Und zweitens, indem er das Chorhemd anzieht. Als Papst Paul VI. 1970 die Tonsur abschaffte, sagte er, dass die Tonsur „eine obsolete, veraltete Gewohnheit“ sei. Aber - Dank sei Gott - Erzbischof Lefebvre behielt die Tonsur bei, nicht nur für uns, sondern für die ganze Kirche. Er sagte uns Seminaristen: „Ihr seid keine Universitätsstudenten, sondern wahre Kleriker, Mitglieder des katholischen Klerus.“
Die Bedeutung des heutigen bescheidenen Ritus des Abschneidens einiger Haarbüschel wird vom Pontifikale Romanum erläutert: „Allmächtiger Gott“, wird der Bischof sprechen, „reinige diese Deine Diener von aller Dienstbarkeit des weltlichen Lebens, auf dass sie, die jetzt die Schmach des weltlichen Anzuges ablegen, Deine Gnade in Ewigkeit genießen...“ Und während der Bischof Eure Haare abschneidet, betet Ihr mit ihm diesen Vers des Psalms: „Der Herr ist der Anteil meines Erbes und meines Kelches; Du bist es, o Herr, der mir mein Erbe zurückstellen wird.“ Ihr seid also der Anteil des Herrn und der Herr ist Euer Anteil. Sein Kelch, der Kelch seines Leidens, und - so Gott will! - der Kelch Eurer künftigen heiligen Messe ist Euer Anteil: und auch ein Kelch des Leidens...
Der junge Marcel Lefebvre empfing die Tonsur als Seminarist in Rom in der Basilika und zugleich der Kathedrale Roms, St. Johann im Lateran, am 19. Dezember 1925, gerade eine Woche nach der Unterzeichnung des Rundschreibens Papst Pius XI. Quas primas, welches die soziale und politische Königsherrschaft unseres Herrn Jesus Christus feierlich verkündigt. Stellt Euch die Freude des jungen Tonsuranwärters Marcel Lefebvre vor, als er aus dem Munde des lieben Paters Markus Voegtli, seines Beichtvaters, diese Nachricht über die Enzyklika von Papst Pius XI. hörte. Also wird der junge Marcel ein Kleriker des Christkönigs werden! In jener Zeit war Rom, war Papst Pius XI., wie seine Vorgänger, Leuchtturm der ewigen Wahrheit. Und Marcel Lefebvre war bereit, für diese ewige Wahrheit als Kleriker, als künftiger Priester zu kämpfen, um die Seelen in diese Wahrheit hineinzustellen. - Er wusste nicht wo oder wann, noch unter welchen äußeren Umständen der Kirche er in den Kampf um die Königsherrschaft Christi eingreifen würde, aber er war bereit; bereit, durch die Vermittlung der Mutter dieses Priesterkönigs Jesu Christi einzugreifen. Am Vorabend seiner Einkleidung und Tonsur rief der Pater Regens alle betroffenen Seminaristen in sein Amtszimmer. Und zu Marcel sagte er einfach, kurz und bündig: „Erinnern Sie sich daran, dass Sie von nun an nicht mehr sich selbst gehören. Sie gehören der Kirche.“ Amen.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.