Predigt von Bischof Alfonso de Galarreta bei den Priesterweihen in Zaitzkofen

Quelle: Distrikt Deutschland

Liebe Mitbrüder im Priesteramt, liebe Weihekandidaten, liebe Gläubige,

das katholische Priestertum ist ganz und gar ausgerichtet auf unseren Herrn Jesus Christus; ausgerichtet auf das heilige Messopfer, das die Erneuerung des Kreuzesopfers ist, auf die Eucharistie, das Altarsakrament mit der immerwährenden Gegenwart unseres Herrn und Heilandes unter uns. Jesus Christus hat diese beiden Geheimnisse eingesetzt anlässlich des Letzten Abendmahles am Abend vor seinem Kreuzestod und zeigt damit, dass Heilige Messe und Priestertum ganz innig verbunden sind und zusammengehören.    

Im Ersten Brief an die Korinther macht sich der hl. Paulus zum Echo für diese Lehre, und er zeichnet dort das Bild des Priesters, um die Spaltung in der Kirche von Korinth zu bekämpfen. Und er weist darauf hin, dass der Priester vor allem predigen muss. Was muss er predigen? Das verbum crucis – das Wort des Kreuzes, d.h. die Lehre, das Evangelium des Kreuzes. Gott hat es gefallen, sagt er, die Menschen durch die Predigt von der Torheit des Kreuzes zu retten. Er erinnert die Korinther daran, dass er nichts anderes wissen wolle als den Herrn Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. Der hl. Paulus sagt ausdrücklich, dass er absieht von der weltlichen Redekunst, damit das Kreuz Christi nicht seines Inhalts entleert werde. Und er fügt an, dass Christus, der Gekreuzigte, ein Ärgernis für die Juden, eine Torheit für die Griechen – das sind die Heiden – ist; für jene aber, die gerettet werden, für jene, die glauben, die berufen sind, ist der gekreuzigte Christus Weisheit und Stärke Gottes.    

Sie, liebe Weihekandidaten, sind nun also berufen, cooperatores veritatis, Mitwirkende an der Wahrheit des Wortes Gottes, an der Verkündigung des Geheimnisses der Lehre des Kreuzes zu sein. Diese Wahrheit werdet Ihr zu lehren und zu verkündigen haben.   

Der gekreuzigte Christus ist die Weisheit Gottes, denn er offenbart uns die verborgenen Geheimnisse über das Heil der Menschen. Der gekreuzigte Christus zeigt die Absicht Gottes, uns loszukaufen von der Sünde durch die Menschwerdung des Sohnes Gottes, durch das hl. Kreuzesopfer, durch die Erlösung, durch das Vergießen seines Kostbaren Blutes. Durch den Glauben an dieses Opfer Christi werden wir gerettet und eingegliedert in den geheimnisvollen Leib Christi, die heilige Kirche. Durch Christus werden wir gerettet und auferweckt und erlangen die ewige Glückseligkeit.

Der gekreuzigte Christus offenbart uns auch die Gerechtigkeit Gottes, seine Heiligkeit und seine unendliche Barmherzigkeit. Er offenbart uns die Liebe Gottes zu uns Menschen, die so weit ging, seinen eingeborenen Sohn dem Tode zu überliefern. Er hat ihn nicht geschont, um uns zu retten. Schließlich zeigt uns der gekreuzigte Christus auch die Weisheit des Lebens in unserem praktischen, täglichen Leben, was wir zu tun haben, um unser ewiges Heil zu erlangen. Er ist der Weg, er hat uns den Weg aufgezeigt und die Tugenden vorgelebt, und so ist uns der gekreuzigte Christus eine große Ermutigung und ein Beispiel, dass auch wir diesen königlichen Weg des Kreuzes gehen, der zum Himmel führt.  

Der gekreuzigte Herr Jesus Christus zeigt uns auch die Kraft Gottes. In seinem Kreuzesopfer übt er diese Kraft aus, also im heiligen Messopfer und in der wirklichen Gegenwart im heiligen Altarsakrament. Oft singen wir – wie auch gestern – Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat: Christus siegt, Christus regiert, Christus herrscht. Und wir beten das in der Gegenwartsform, nicht etwa in der Vergangenheit: Er siegt, denn er siegt durch das hl. Messopfer und die heiligste Eucharistie. Die Kirchengeschichte gibt uns genügend Beweise davon: Er hat gesiegt und geherrscht, wo der Altar und ein Tabernakel aufgebaut waren. Er hat über das ungläubig gebliebene Judentum triumphiert, und noch heute befindet sich in der Grabeskirche auf dem Kalvarienberg zu Jerusalem ein Altar mit Tabernakel. Er ist der Sieger, er herrscht dort. Er besiegt das Heidentum und den Götzendienst: Dort, wo früher ein Jupitertempel war, befindet sich heute eine Kirche mit einem Altar und einem Tabernakel. Und durch die Geschichte hindurch sehen wir, dass Jesus herrscht über die Mächtigen dieser Welt, über die Weisen der Welt, über die Reichen, über Könige und Kaiser. Der hl. Augustinus sagt, dass das Kreuz vom Ort des Opfers, der Strafe, auf die Stirn der Kaiser übertragen und auf diese Weise die Christenheit aufgebaut wurde, eben durch das hl. Opfer der Messe. Oder schauen wir auf das 19. Jahrhundert: Auch hier wurde das verbum crucis, das Wort, die Lehre des Kreuzes gepredigt und hingetragen zu Völkern, die davon noch nie gehört hatten, etwa in Afrika, Asien und Ozeanien. Auch heute zeigt sich uns die Macht des gekreuzigten Herrn Jesus Christus in der kleinen Herde der Treugebliebenen, eben, weil sie festhalten am Altar, am Tabernakel, also am hl. Messopfer, am heiligsten Altarsakrament.

Liebe Weihekandidaten, Sie müssen überzeugt sein von der Allmacht des heiligen Messopfers für die Bekehrung der Seelen, für die Wiederherstellung der Familie, der Gesellschaft, der Völker.

Was sagt der hl. Paulus über die Priester? Dass sie die cooperatores, nämlich Mitarbeiter, Mitwirker mit Gott und seinem Werk sein müssen, Diener Christi, Diener des gekreuzigten Herrn Jesus Christus. Und was wird verlangt von diesen Ausspendern seiner Geheimnisse? Die Treue. Treue wem gegenüber? Treue gegenüber Gott, Jesus Christus und seiner Lehre, der Wahrheit, die er uns offenbart hat, Treue gegenüber seiner Gnade und den Sakramenten. Der hl. Paulus zieht Vergleiche: Er vergleicht die Gläubigen etwa mit einem Acker, der zu bebauen ist, oder auch mit einem Gebäude, das aufgerichtet wird. Bezüglich des Ackers ist es so, dass die einen ihn pflügen, andere pflanzen, wieder andere begießen; aber Gott ist es, der das Wachstum, das Gedeihen der Pflanzen gibt. Oder wenn wir das Bild des Gebäudes nehmen, so bauen die Menschen daran, aber Gott gibt dem Gebäude den Zusammenhalt.

Der hl. Paulus sagt: es kann kein anderer Grund, kein anderes Fundament gelegt werden als Jesus Christus selber. Doch wir sehen, wie in diesem erschreckenden Glaubensabfall viele Kirchenmänner nicht mehr auf diesem Grund, nämlich Jesus Christus, dem Retter und Erlöser, dem ewigen Hohepriester und König, bauen. Die Zurückweisung des Kreuzes Christi, die Zurückweisung des gekreuzigten Christus ist sicher die Ursache der heutigen Krise. Ja, man hört gern von der Brotvermehrung, die Jesus wunderbar gewirkt hat, wie er auf dem Wasser wandelt und von den Toten aufersteht, aber vom Kreuzesopfer Christi will die Welt nichts hören. Und die Geistlichen passen sich der Welt an und predigen nicht mehr Christus, den Gekreuzigten. Die Folge davon ist, dass sie von Christus abfallen. Daher kommen all die Übel, die wir jetzt in der Kirche und in den ehemals christlichen Völkern erleben.

Der Apostel fügt etwas hinzu, das besonders uns gilt: Der Diener Gottes muss treu sein.

Und er sagt, man kann ein Gebäude aufrichten mit Gold, Silber und Edelsteinen, oder aber auch mit Holz, Heu und Stroh. Man kann also auf dem wahren Fundament auf zweierlei Weisen bauen. So muss jeder schauen, wie er baut, denn alles wird durch das Feuer des Gerichtes gehen müssen, auch unser Priestertum, das wir von Christus erhalten haben. Die mit Gold, Silber oder Edelsteinen gebaut haben, werden dafür den Lohn erhalten. Jene, die mit Holz, Heu und Stroh gebaut haben, werden durch das Feuer gehen und vernichtet werden, obwohl sie auf den guten Grund gebaut sind, merken wir uns das wohl! Es ist also an uns gerichtet. Von diesen sagt Paulus, diese Menschen, deren Werke vernichtet werden, obwohl sie auf gutem Grund gebaut haben, werden zwar gerettet, aber nicht, ohne durch das Feuer zu gehen, d.h. durch das Fegfeuer. Daher achte jeder darauf, wie er baut!

Stehen Sie also, liebe Weihekandidaten, treu zum Priestertum, treu zu Christus, treu zu Gott, treu zu unserem Gründer, der uns in getreuer Weise genau das weitergegeben hat, was er empfangen hat, diesen Glauben und dieses Priestertum: „Tradidi quod et accepi – ich habe das weitergegeben, was ich empfangen habe“. Mögen Sie einst dasselbe sagen können!    

Erzbischof Lefebvre hat uns Christus, den Gekreuzigten, gepredigt und diese Predigt an uns weitergegeben. Er hat das hl. Messopfer gepredigt und gezeigt, dass wir leben sollen aus dem lebendigen Glauben an diese Geheimnisse. Und wir sollen treu sein in diesem Dienst an Christus, mit brennender Liebe ihn vollbringen. Wie der hl. Paulus an die Korinther schreibt: sie sollen seine Nachahmer sein, wie er Nachahmer Christi ist, und nichts anderes – so hätte auch der Erzbischof uns sagen können. Zweimal benützt er in diesem Schreiben den Ausdruck tradidi – ich habe weitergegeben. Zunächst bezieht er ihn auf die Hl. Messe. Er sagt: „Ich habe euch weitergegeben, was ich empfangen habe: dass Christus für die Sünden gestorben ist.“ Und er meint damit die Hl. Messe, das Altarsakrament, das Priestertum, das Jesus im Abendmahlsaal eingesetzt hat. Das, was er empfangen hat, hat er weitergegeben. Und an der zweiten Stelle, gegen Ende des Briefes, bezieht er diesen Ausdruck auf die Predigt des Kreuzes. Er ermahnt sie, sie sollen sich immer daran erinnern, welches Evangelium er gepredigt hat, das sie von ihm erhalten haben, und dass sie nur durch dieses Evangelium gerettet werden, wenn sie es treu bewahren, so wie er es bewahrt habe. Nämlich, dass Christus gestorben ist für unsere Sünden, dass er am dritten Tag auferstanden ist vom Tod nach der Heiligen Schrift. Also: Treue bezüglich des Geheimnisses des Kreuzes, bezüglich der Hl. Messe, des Altarsakramentes und des Priestertums. Das hat uns auch unser heiliger und verehrter Gründer, Erzbischof Lefebvre, weitergegeben.   

Bitten wir also an diesem Tag die Schmerzensmutter Maria, uns diese Gnade der Vereinigung und der Treue zum ewigen Hohepriester zu schenken. Unter dem Kreuz ist sie die Miterlöserin geworden, indem sie sich dem Opfer unseres Herrn vereinigt hat. Sie hat sich im Verein mit Jesus aufgeopfert und kam so zur vollkommensten Vereinigung mit ihm. Das Laterankonzil lehrt, dass Christus, der ewige Hohepriester, selber Priester und zugleich Opfergabe ist. Und dies zeigt uns auch die Schmerzensmutter, ihr schmerzhaftes und unbeflecktes Herz, sie lässt uns Jesus, den ewigen Hohepriester und das Opfer, die Opfergabe selbst besser verstehen und lieben. Sie zeigt uns, wie wir in unserem priesterlichen Dienst ihm die Treue bewahren sollen zur größeren Ehre Gottes und für das Heil der Seelen. Und so schließe ich mit der Empfehlung des hl. Paulus: „Seid wachsam! Steht fest im Glauben! Seid männlich stark im Kampf und vollbringt alle Werke in der Liebe.“ Das ist die Gnade, die wir Ihnen, liebe Weihekandidaten, am heutigen Tag erflehen und wünschen.  

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.