Maria, die Neue Eva

Quelle: Distrikt Deutschland

Dass Christus der „neue Mensch“ (Eph 2;4) ist, der den „alten Adam“ (Kol 3) wiederbelebt, der als der „letzte Adam“ den Schöpfungsauftrag des „ersten Adam“ erfüllt und überhöht, das ist allbekannt (vgl. Röm 5; 1 Kor 15). Doch mit welcher Berechtigung kann der hl. Augustinus sagen: „Eva schlug Wunden, Maria heilte. Denn an die Stelle des Ungehorsams trat Gehorsam; an die Stelle der Treulosigkeit Glaube und Treue“? (Sermo 2).

Gibt es eine biblisch begründete Parallele zwischen Eva und Maria? Seit wann weiß die Kirche um eine mariologische Eva-Typologie? Ist diese Sicht gar apostolischen Ursprungs? Auf welchem Fundament stehen die Worte des hl. Grignion: „Was Eva durch ihren Ungehorsam verdorben und eingebüßt hat, das hat Maria durch ihren Gehorsam wieder gutgemacht. Indem Eva der Schlange folgte, hat sie alle ihre Kinder mit sich ins Verderben gerissen und sie der Schlange überliefert; indem Maria sich vollständig Gott unterwarf, hat sie alle Kinder und Diener gerettet und mit sich der göttlichen Majestät geweiht. (VH 53) Maria ist die getreue Jungfrau. Durch ihre Treue gegen Gott machte sie die Verluste wieder gut, welche die untreue Eva durch ihre Treulosigkeit verursacht hatte.“ (VH 175)

Schon der hl. Justin, Gründer der Katechetenschule in Rom und Märtyrer ((†165), kommt in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon (100) auf die Parallele Eva-Maria zu sprechen: „Andrerseits wissen wir, daß er durch die Jungfrau Mensch geworden ist, damit auf dem gleichen Wege, auf welchen die von der Schlange verursachte Sünde ihren Anfang nahm, die Sünde auch aufgehoben werde. Denn Eva, welche eine unverdorbene Jungfrau war, gebar, nachdem sie das Wort der Schlange empfangen hatte, Sünde und Tod. Die Jungfrau Maria dagegen war voll Glaube und Freude, als der Engel Gabriel ihr die frohe Botschaft brachte... Und sie antwortete: ‚Mir geschehe nach deinem Worte!’“.

Der hl. Irenäus (†202) gilt wegen seines klassischen Werkes Gegen die Häresien als Begründer der Systematischen Theologie. Diese erste Gesamtübersicht des christlichen Glauben trug ihm den Ehrennamen „Vater der Dogmatik“ ein. Für ihn ist das Jawort der Jungfrau Maria Teil des Heilsplans Gottes, in dem Christus die in Adam gefallene Menschheit „rekapituliert“, d.h. die gefallene Menschheitsfamilie unter ein „neues Haupt“ bringt. Diese „Rekapitulation Adams“ durch Christus ist dabei innig verbunden mit dem „Rückkreislauf“ (recirculatio) von Maria zu Eva“: Im „Rückkreislauf von Maria zu Eva“ wird „das (durch Eva) Gebundene dadurch gelöst, dass die Bänder der Knoten zurückgeschlungen werden“ (III, 22,4). „Was die Jungfrau Eva durch Unglauben gebunden,

das hat die Jungfrau Maria durch Glauben gelöst“. Hier eilt Maria der durch Eva vertretenen Menschheit zu Hilf und wird zu ihrer „Fürsprecherin“ wird.

Während der hl. Justin noch Marias Rolle darauf beschränkt, dass sie den Befreier gebiert, „also nicht selbst die Befreiung bringt“, bezeichnet der hl. Irenäus „den Gehorsam Marias direkt als „causa salutis“ (Ursache des Heils) für sie selbst wie für die ganze Menschheit“ (III, 22.4)

Bei Tertullian († nach 220) nun finden wir die Verknüpfung Evas mit dem Tod, wohingegen Maria als Erlöserfigur mit Heil und Leben identifiziert wird. Im Zentrum stehen bei Tertullian aber nicht Ungehorsam und Gehorsam, sondern falscher Glaube/Unglaube und (rechter) Glaube: „Eva hatte der Schlange geglaubt, Maria glaubte dem Gabriel. Was jene durch den Glauben verschuldet hat, hat diese durch den Glauben wieder gut gemacht.“ (de carne 17, 5)