Leben wie die Martyrer. Predigt von Weihbischof de Galarreta bei den Niederen Weihen
Liebe Mitbrüder, liebe Weihekandidaten, liebe Gläubige,
die Niederen Weihen, die Sie, liebe Weihekandidaten, empfangen werden, bestehen in einer wahren Teilnahme am Priestertum unseres Herrn Jesus Christus. Sie empfangen fortschreitend den priesterlichen Charakter der Teilnahme am Priestertum Christi, und dieser priesterliche Charakter ist eine wahre, übernatürliche Gewalt; eine Gewalt, die wirksam und aktiv ist, und die Ihnen erlaubt, heilige Akte zu setzen.
Akte, die in erster Linie hingeordnet sind auf den wahren Kult des wahren Gottes und somit wesentlich hingeordnet auf das heilige Messopfer, das der Kult Gottes par excellence ist. Diese Vollmacht ist aber auch hingeordnet auf die Seelen, die Ihnen anvertraut sein werden, um ihnen die heiligen Güter mitzuteilen. Die Niederen Weihen verleihen Ihnen auch eine Teilnahme an der priesterlichen Gnade, und zwar der Gnade, die Sie fähig macht, diese Vollmachten, die Sie empfangen werden, würdig und in heiliger Weise auszuüben.
Dem Türhüter wird die Sorge für die Kirche übertragen mit allem, was die Kirche enthält: dem Altar, dem Tabernakel, dem heiligen Opfer, der heiligsten Eucharistie. Gleichzeitig aber werden Sie, zukünftige Türhüter, auch Hüter der Kirche, die der mystische Leib Christi ist, Hüter also der heiligen Kirche.
Dem Lektor wird die Vollmacht übertragen, das Wort Gottes zu verkünden, den Glauben zu lehren und ihn zu unterrichten. Somit ist der Lektor Hüter der Heiligen Schrift, der göttlichen Offenbarung, der heiligen Lehre, wie sie im Katechismus durch alle Jahrhunderte weitergetragen wird.
Dem Exorzisten wird die Vollmacht übertragen, die Teufel aus den Besessenen auszutreiben. Sie empfangen also die Vollmacht, die Seelen und die Kirche zu verteidigen gegen alle teuflischen Nachstellungen: Versuchungen, Besessenheit, Lügen, Irrtümer, Sünden. Sie, liebe zukünftige Exorzisten, bekommen die Vollmacht, die bösen Geister zu bekämpfen in der Verteidigung der Kirche und des Glaubens.
Der Akolyth bekommt einen Platz beim heiligen Messopfer, der schon viel näher beim Allerheiligsten ist. Er ist das Licht, er ist beauftragt, für die Lichter der Kirche zu sorgen; das bedeutet aber auch, dass er im Leben der Kirche Licht sein muss für die Seelen. Dieses Licht soll er sein durch seine Lehre, seine Unterhaltungen, sein persönliches Leben, seine Tugenden, durch sein Beispiel. So muss er wirklich das Licht für die Kirche und Licht für die Welt sein.
Diese Ämter, die Sie, liebe Weihekandidaten, vor allem dann ausüben werden, wenn Sie eines Tages Priester sind, werden Sie in außerordentlichen Umständen ausüben, in einer Welt und in einer Zeit, die sehr konkret ist und die wir als eine Zeit der Apostasie bezeichnen können. Wir erleben in unseren westlichen, ehemals katholischen Ländern, wie der Glaube an Christus verloren geht und weithin schon verlorengegangen ist, und wie die Völker in die Gottlosigkeit und Glaubenslosigkeit zurückfallen und in all die Laster, die den Heiden eigen waren. Gleichzeitig zieht diese Apostasie auch die heilige Kirche in Mitleidenschaft. Wir sehen, wie auch in der Kirche der Glaube schwindet, wie die Moral zerfällt, wie die heiligen Sakramente nicht mehr geschätzt und sogar profaniert werden; und wie man gleichzeitig sogar die Natur der Kirche zerstört, ihre Einheit, die in der Autorität besteht, in ihrer Hierarchie und in der Romanität. Wir sehen es alle Tage. Um ein Beispiel zu nennen muss man gar nicht weit gehen; es genügt, die Haltung des Großteils des deutschen Episkopats zu betrachten und die Rückendeckung durch Rom ihrer Machenschaften in der Auflösung des Glaubens und der Moral, der Heiligkeit der Sakramente, selbst der Verfassung der Kirche. Das lässt den niederländischen Kardinal Willem Eijk sagen: „Man muss fürchten, dass wir in die Zeit der großen Apostasie gekommen sind, wie sie vom hl. Apostel Paulus angekündigt wurde“, und es scheint heutzutage tatsächlich evident zu sein.
Sie, liebe Weihekandidaten, liebe Mitbrüder, werden also diese Ämter ausüben in dieser Zeit der Apostasie, und folglich brauchen wir den Geist und die Charakterstärke der Martyrer. Damit soll nicht gesagt werden, dass Sie als Martyrer sterben müssen, aber Sie müssen so leben wie ein Martyrer. Wir ehren die heiligen Martyrer, aber wir müssen sie auch nachahmen, d.h. nicht, dass wir unser Leben hingeben, sterben müssen, aber die Art und Weise, wie die Martyrer gelebt haben, sollen wir nachahmen. Wir müssen den Geist des Martyriums in uns tragen, denn die Martyrer sind gestorben im Glaubenskampf. Jeder Martyrer gibt sein Leben hin für das Bekenntnis des Glaubens und für die Wahrheit, für das Bekenntnis Jesu Christi. Sie sind Zeugen des Glaubens; das besagt ja auch das griechische Wort Martyrer, das Zeuge heißt. Vor allem müssen Sie natürlich Zeugen sein des Glaubens an unseren Herrn Jesus Christus und seine Wahrheit. Außerdem verachtet der Martyrer die Welt, indem er sein Leben hingibt. Er besiegt die Welt, weil er alle weltlichen Güter geringschätzt. Durch diese Treue erwirbt er sich das ewige Leben.
Der hl. Augustinus erklärt das in sehr schöner Weise indem er sagt: „Die Martyrer geben ihr Beispiel erstens durch die Verachtung der Vergnügungen und der Güter dieser Welt und so siegen sie über die Begierde nach weltlichen Vergnügungen und Reichtümern. Dann aber sind sie auch Sieger über die Furcht vor dem Leiden.“ Sehen Sie, das ist das Bekenntnis des Glaubens, dieser enge Weg, den wir, den jeder Christ gehen muss, aber in erster Linie der Priester, und der begründet ist auf Verzicht, d.h. auf der Tugend der Mäßigkeit, die das Evangelium uns Christen auferlegt, und die uns hilft, die Anhänglichkeit an die irdischen Güter und Vergnügungen zu überwinden. Dann aber ist dieser enge Weg begründet auf den Tugenden des Starkmutes, der Geduld, des Langmutes; jeder Martyrer hat sie geübt und dadurch gesiegt, indem er die Angst vor den Leiden und Verfolgungen überwunden hat. Das ist ganz wesentlich, um ein wahrer Zeuge zu sein, ein beharrlicher Zeuge des katholischen Glaubens.
Hierin sehen wir auch die providentielle Rolle unserer Priesterbruderschaft St. Pius X.: Die Martyrer haben den Glauben bekannt, sie haben die Welt besiegt, wenn es auch kein äußerer Triumph war, so haben sie doch triumphiert durch ihren Glauben, eben durch die Verachtung der weltlichen Dinge aus Liebe zu Gott und zu den Seelen, und durch ihren Starkmut. Das ist der Geist der Martyrer, der uns alle in diesem Glaubenskampf beseelen muss.
In diesem gewaltigen Kampf, den wir zu führen haben, sind wir auch Erben zweier treuer Zeugen Christi und des wahren Glaubens in dieser Apostasie. Wir sind Erben des Kampfes von Erzbischof Lefebvre und Bischof de Castro Mayer, wir brauchen nur ihrem Beispiel zu folgen. Der hl. Paulus fordert die Christen im Hebräerbrief auf: „Gedenket eurer Vorsteher, die euch das Wort Gottes gepredigt haben. Betrachtet ihr Ende und ahmt ihren Glauben nach.“ Wir sollen uns also erinnern an unsere Vorsteher, an unsere Gründer, die uns so treu das Wort Gottes und den Glauben vermittelt haben. Erwägen wir, wie sie gestorben sind für das Zeugnis unseres Glaubens, wie sie verurteilt wurden von der Welt und von Männern der Kirche. Wir müssen ihren Glauben nachahmen. Der hl. Paulus fügt hinzu im Hebräerbrief: „Jesus Christus ist der gleiche, gestern, heute und in Ewigkeit.“ Dann sagt er noch: „Lasst euch nicht verwirren durch vielfältige fremde Lehren, sondern stärkt euer Herz in der Gnade.“ Und er fügt hinzu: „Wir haben einen Altar.“ Dieser Altar ist die Quelle der Gnade und der Stärke, die wir brauchen. Das ist es, was unser Gründer uns überliefert hat, und er ermutigt uns, ebenfalls Zeugnis abzulegen. „Wie Christus außerhalb der Stadt gekreuzigt wurde, so lasst auch uns die Stadt verlassen“, diese apostatische Welt, „und seine Schmach mit ihm teilen. (…) Bringt durch Christus beständig Lobopfer dar: das Bekenntnis seines Namens als Frucht der Lippen“, so die Worte des hl. Paulus. Wir dürfen also keine Angst haben, das Opfer der heiligen Messe fortzusetzen – habemus altare – und das Lobopfer, zu dem uns der hl. Paulus auffordert und das im öffentlichen Bekenntnis der Wahrheit unseres Glaubens besteht.
Das heutige Evangelium soll uns in diesem Vertrauen stärken. Wir sehen, wie sich der Herr mit seinen Aposteln im Boot – ein Zeichen der Kirche – befindet, als sich ein schwerer Sturm erhebt und das Boot droht unterzugehen. Die Apostel sind verzagt und voller Angst, sie wecken den schlafenden Herrn und rufen ihn an: „Herr, Herr rette uns! Wir gehen zugrunde!“ Doch unser Heiland wirft ihnen ihre Kleingläubigkeit vor: „Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen!“ Und er steht auf, streckt seine Hand aus und gebietet dem Sturm, und es tritt eine große Stille ein. In gleicher Weise ist das ein Beispiel für unser Leben: Christus verlangt von uns, dass wir kämpfen, nicht dass wir siegen. Er verlangt von uns, dass wir ausharren in diesem Kampf; und dann, wann er will und wie er es will, wird er ein Wort sprechen und diese schreckliche Krise wird ein Ende haben. Haben wir also diesen festen Glauben im Kampf, diesen absoluten Glauben an unseren Herrn Jesus Christus. Der hl. Paulus fährt weiter in seinem Brief: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber wir kämpfen für die Stadt, die im Himmel ist“, das ist unsere Heimat, und das wird unser Sieg sein.
So wollen wir den Heiland bitten, dass wir seine wahren Jünger sein dürfen, wahre Apostel, wahre Priester, wahre Ordensleute, wahre Christen in diesem Kampf für den Glauben. Vertrauen wir auf die Allmacht Jesu Christi, der unser Herr und Meister ist, vertrauen wir auf seine allmächtige Hilfe und auf die Hilfe seiner Mutter, der allerseligsten Jungfrau Maria, auf ihr Unbeflecktes Herz. Kämpfen wir also den guten Kampf für den Glauben und vollenden wir unseren Lebenslauf wie unsere Vorsteher in der Treue zum wahren Glauben für die Ehre Gottes und für das Heil der Seelen.
Amen.