Juni 2025: Das Wachstum der Liebe in verschiedenen Stufen
In der Herz-Jesu-Litanei wird die Liebe Jesu durch folgende drei Anrufungen hervorgehoben:
Herz Jesu, brennender Feuerherd der Liebe,
Herz Jesu, Gefäß der Gerechtigkeit und Liebe,
Herz Jesu, voll Güte und Liebe.
Die göttliche Liebe ist das innerste Leben des Herzens Jesu. Deshalb ist auch für uns Katholiken, die wir dem Heiland ähnlich werden sollen, die göttliche Liebe das eigentliche Ideal unseres Lebens. Wir laden die Herz-Jesu-Verehrer zur Betrachtung verschiedener Gesichtspunkte der göttlichen Liebe ein. In diesem Artikel behandeln wir das im geistlichen Leben notwendige Wachstum der Liebe in verschiedenen, aufsteigenden Stufen dieser göttlichen Tugend.
Heiligkeit und Liebe
Man wird nicht heilig, wenn man es lediglich ein wenig wünscht. Man hat auch nicht die Vollkommenheit der Liebe erreicht, nur weil man ein wenig danach verlangt oder ein gewisses Gefühl der Liebe im Herzen spürt. Die Liebe, ebenso wie die Heiligkeit, hat Stufen, die es zu erklimmen gilt, eine nach der anderen. Einmal erreicht, dient ein Grad als Grundlage und Stütze für den nächsten; und so gelangt die Seele je nach ihrem Eifer allmählich zur Verwirklichung ihrer heiligen Bestrebungen.
Es ist daher nützlich, diesen stetigen Aufstieg der Liebe zu beobachten, zu prüfen und zu ordnen, um sich keine Illusionen zu machen und sich auf dem Weg zur Vollkommenheit zu verirren.
Im Leben der Liebe gibt es wesentliche und vorrangige Pflichten, wie die auf jeden Fall zu erfüllenden Standespflichten. Und es gibt moralische Verpflichtungen, wie das Erfüllen der Gebote, die grundlegend und für alle Menschen unabdingbar sind. Dazu kommen noch die Evangelischen Räte wie der Geist der Armut, die standesgemässe Keuschheit und der Geist des Gehorsams, welche der Heiland in der Bergpredigt erklärt hat. Diese Pflichten sind miteinander verknüpft und zeigen der Seele den Weg, den sie gehen muss, um zur Vollkommenheit der Liebe zu gelangen.
Zu behaupten, man könne auf einmal, unvermittelt zur vollkommenen Liebe gelangen, hieße, seine persönliche Unzulänglichkeit verkennen, was ein Hindernis sein wird, und die Anstrengungen zu missachten, die jeder Fortschritt im geistlichen Leben erfordert. Aus diesem Grund wäre der Mangel an Ernsthaftigkeit im Streben nach der Liebe ein grosser Schaden, denn Jesus ruft uns zur vollkommenen Liebe auf und schenkt uns alle Gnaden dazu.
Beweggründe für die Liebe
Die Liebe ist ein zu beglückendes Ideal, als dass man es nicht erlangen möchte. Die Liebe ist ein zu mächtiges Mittel zur Heiligung, als dass man zögern sollte, es zu nutzen. Die Liebe schenkt tiefe Freuden, auf die man gewiss nicht verzichten möchte. Die Liebe ist bereits eine kostbare Belohnung für unsere Bemühungen, deshalb sollten wir großherzig sein, um sie zu vermehren. Die Liebe ist ein zu wirksames Mittel, durch das wir allen Absichten Jesu für uns vollkommen entsprechen können, als dass wir sie nicht allen anderen Mitteln vorziehen sollten.
Die Liebe versichert uns ein glückliches Leben in vertrauter Gesellschaft mit Jesus, der unser höchstes Ziel geworden ist. Deshalb sind wir fest entschlossen, alle Unebenheiten des Weges zu überwinden, um den Gipfel des Glücks in der innigen Vereinigung mit unserem göttlichen Geliebten zu erreichen.
Wir laden alle großherzigen Seelen ein, die wirklich von der Liebe Jesu erfüllt sind, mit uns den Aufstieg mitzugehen, der zum Besitz der vollkommenen Liebe führt.
Die erste Stufe: Die Flucht vor der Sünde
Die erste Bedingung der Liebe ist der Zustand in der Gnade. Die Seele, in der die Sünde wohnt, ist eine Seele, die nicht liebt oder zu wenig liebt, je nach der Schwere ihrer Verfehlungen. Ob die Sünde lässlich oder Todsünde ist, sie ist auf jeden Fall ein Hindernis für die Liebe. Das ist leicht zu verstehen, denn wie kann man es wagen, jemandem zu sagen, dass man ihn liebt, wenn man nicht fürchtet, ihn zu betrüben? Wie kann man selbst an seine Liebe glauben, wenn man nicht sorgfältig vermeidet, was ihr schaden könnte?
Mit Worten zu lieben ist leicht, deshalb aber nicht immer wahr. Wahrhaft zu lieben bedeutet, es durch Taten zu beweisen. Der Gedanke an den geliebten Menschen muss uns darauf achten lassen, nichts zu tun, was ihm missfallen könnte, geschweige denn ihn schwer zu beleidigen.
Das ist die erste Gewissheit, welche die Liebe hervorbringt; würde sie fehlen, wäre unsere Liebe dem ersten Anlass zum Fall ausgeliefert und könnte der Versuchung nicht siegreich widerstehen. Wenn die Versuchungen der Welt und unsere eigenen Neigungen scheinbar eingeschlafen sind und uns in Ruhe lassen, sind wir geneigt, über unsere persönlichen Kräfte Illusionen zu hegen. Und wenn wir in diesem Zustand nicht durch die Furcht vor der Sünde und den festen Entschluss, sie nicht zu begehen, gestärkt sind, laufen wir sehr leicht in die Niederlage hinein und fallen in die Sünde.
Lassen wir uns nicht durch die trügerische Hoffnung selbsttäuschen, uns von der Sünde, ohne die Kraft der Liebe fernhalten zu können. Unsere Überlegungen, ebenso wie der trügerische Glauben an ein übertriebenes Selbstvertrauen, können uns in einigen Fällen aufrecht halten, werden uns nicht immer treu bewahren können. Nur die Liebe kann uns den Sieg sichern, denn die Liebe wird immer der große Antrieb unserer Bemühungen und die mächtige Quelle der Gnaden bleiben, die wir brauchen, um der Sünde zu entkommen.
Was kann uns auf diesem fatalen Weg aufhalten, wenn nicht die Liebe, die wir zu Jesus haben und die unsere Schutzwehr gegenüber dem Feind sein wird? Entschlossen, ihm niemals den geringsten Schmerz zuzufügen, werden wir daran denken, unsere Liebe zu bewahren, und uns von allem fernhalten, was sie mindern oder uns rauben könnte.
Diese Sorge um die Liebe wird uns in der Gefahr scharfsichtig machen und uns wachsam halten, damit wir den Feind nicht zu nahekommen lassen, damit wir jede Gelegenheit meiden, die unsere Tugend in Gefahr bringen könnte, damit wir uns durch Gebet, kluge Vorsicht und Abtötung gegen unsere eigene Schwäche wappnen und unseren Mut im Kampf aufrechterhalten.
Ein einfacher Blick auf Jesus, dem wir um jeden Preis treu bleiben wollen, ist bereits eine Kraft. Eine Herzensliebe, die unsere Liebe zu Jesus gegen die Einflüsterungen des Bösen in den Kampf bringt, ist für uns sofort ein Licht und bewirkt eine Verdopplung unserer Energie. Solange wir Jesus nicht aus den Augen verlieren und unser Herz an sein Herz binden, spüren wir eine göttliche Hilfe, die den Sieg sichert.
Jesus zu lieben bedeutet wirklich, die Reinheit unsrer Seele zu bewahren, die Zahl unserer Unvollkommenheiten zu verringern, unsere Widerstandskraft gegen Versuchungen zu stärken und uns ein ganzes Arsenal an Waffen zu verschaffen, um allen Feinden entgegenzutreten.
Lieben heißt, Jesus gegenüber empfindsam zu werden, alle Gelegenheiten zu nutzen, um ihm den Vorzug zu geben, und bereit zu sein, alles zu erdulden, anstatt ihm durch Untreue Schmerz zuzufügen.
Nicht zu sündigen, weil man liebt, bedeutet in der richtigen Weise zu lieben. Nicht zu sündigen, weil man liebt, ist die erste Wirkung der Liebe. Stärken wir unsere Seelen in dieser treuen Liebe, die uns vor jeder Sünde bewahren wird.
Fortsetzung folgt