Gedanken eines zukünftigen Priesters

Interview mit dem Mitteilungsblatt
Mitteilungsblatt: Hochwürdiger Herr Diakon Deger, in diesem Sommer sollen Sie Ihre Priesterweihe erhalten. Wie fühlt es sich für Sie an, dass dieser besondere Termin näher rückt, und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Nur noch wenige Wochen, das ist für mich eine große Schule der Demut. Denn als Kind und Jugendlicher habe ich verschiedene Priester in meiner Umgebung beobachtet. Dabei habe ich mir das Idealbild eines Priesters aus den positiven Seiten dieser Priestergestalten zusammengefügt. Nun muss ich feststellen, dass ich mir selbst noch nicht alle positiven Seiten aneignen konnte. Das zeigt mir, dass auch nach der Priesterweihe noch viel Arbeit bleibt.

Sie haben nun sechs Studienjahre im Priesterseminar Herz-Jesu in Zaitzkofen verbracht. Wodurch zeichnet sich das Leben dort aus?
Das Leben im Seminar ist geprägt durch die Stille untertags, was sehr angenehm für das Studium und das innerliche Leben ist. In diesem Rahmen fällt einem das Beten leicht. Insofern sind die Ferienzeiten schwieriger, denn das Beten fällt einem da nicht so leicht. Das Leben ist hier sehr ausgewogen. Es gibt genug Zeit für das Studium, für das Gebet und auch für die Erholung.
Jeden Tag hat man nach dem Mittag- und Abendessen eine Freizeit, in der man neben momentan (wegen der großen Anzahl Seminaristen) seltenen Diensten auch genügend Zeit zum Spazieren, Fahrradfahren, Fußballspielen, Musikhören, Zeitunglesen und Reden hat. Mittwochs und sonntags gibt es jeweils auch einen freien Nachmittag.
Je mehr Seminaristen im Seminar sind, desto seltener ist man mit dem Spülen und Tischdecken nach dem Essen an der Reihe. Noch ein ganz kleiner Grund mehr für die Seminaristen, um viele Berufungen zu beten… – Spaß beiseite: Die Seminaristen überlassen es nicht nur den Gläubigen, um Berufungen zu beten. Jeden ersten Sonntag im Monat gibt es eine Berufungswallfahrt des Seminars zu einer der umliegenden Dorfkirchen, wie auch andere Gebets-Initiativen.

Besonders prägend ist die Liturgie mit ihren Zeremonien und Gesängen. Im Seminar ist sie besonders feierlich, da es genug Ministranten, Schola-Sänger, Organisten und Priester, Diakone und Subdiakone gibt. Besonders die Weihnachtszeit und die Zeit vor Ostern sind sehr erbaulich und wunderbar mitzufeiern.
Was waren in dieser Zeit Ihre einprägsamsten Erfahrungen?
Erfahrungen habe ich hier persönlich viele gemacht, aber ich würde sie vielleicht in drei Punkten kurz zusammenfassen.
Erstens die Führung Gottes: Ab und zu stand ich vor Schwierigkeiten, die ich selbst nicht lösen konnte. Ich tat, was ich konnte, und Gott führte mich durch die Prüfungen (auch schriftliche!) hindurch. Oft wusste ich nicht, wie das genau vor sich ging.
Zweitens die Nächstenliebe: Der Kontrast zur Welt ist groß. Hier im Seminar fällt mir auf, dass bei sehr vielen Mitbrüdern die göttliche Tugend der Liebe durchleuchtet. Das Leben in der Gemeinschaft wird dadurch entspannt und angenehm. Viele zwischenmenschliche Probleme gibt es im Seminar seltener als anderswo oder überhaupt nicht. Das finde ich besonders anziehend und das ist ein Ansporn zum Fortschreiten auf dem Weg der Vollkommenheit, der das Priestertum ist.
Drittens die Treue und Beharrlichkeit: Nichts wird überstürzt. Unsere Oberen leben uns vor, nichts zu überstürzen und in beharrlicher und treuer Pflichterfüllung auszuharren.
In welcher Form werden Sie neben den Studien auf künftige priesterliche Aufgaben vorbereitet?
Die Rangordnung im Seminar lautet Gebet, Studium, Aktion. Als Erstes hat man das Gebet und die Heiligung im Blick, um sich gut auf die priesterlichen Aufgaben vorzubereiten. Das Studium ist zentral. Weil man es im dem Maß betreibt, wie es dem ersten Ziel dient, heiligt man sich auch durch das Studium. Die Aktion ist im Seminar dem Gebet und Studium untergeordnet.
Als Diakone lernen wir im letzten Jahr, wie man die heilige Messe zelebriert, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Wir haben praktischen Unterricht in Bezug auf die Spendung der Sakramente. Die Diakone predigen jeweils sonntags in den Frühmessen.
Die Seminaristen können ab und zu an verschiedenen Apostolats-Aktionen teilnehmen und während des Sommerapostolats vier Wochen lang das Leben eines Priesters näher kennenlernen.
Im Seminar wird jedem Seminaristen ein besonderer Dienst übertragen, in welchem er Verantwortung übernehmen kann, wie etwa beim Orgelspielen, als Zeremoniar, in der Bibliothek oder beim Unterhalt der Fahrräder, beim Rasenmähen, Haareschneiden oder anderem.
Wann und wie ist für Sie klar geworden, dass Sie eine Berufung haben? Wie haben Sie sie sich auf den Eintritt vorbereitet?
Saulus könnte da einen Moment angeben, aber so war das bei mir nicht. Mein Traum als Kind war es, Schafhirte in Neuseeland zu werden. Vielleicht auch noch Priester, damit ich am Sonntag die Messe habe…, aber das war eher beiläufig. Ab der 5. Klasse durfte ich das Internat der FSSPX in Wangs besuchen.
Während der 5. und 6. Klasse muss sich irgendwie die Überzeugung gefestigt haben, dass ich Priester werden will oder soll. Genauer kann ich das nicht sagen, ich weiß nur, dass es so war. Denn als ich in der 7. Klasse in Latein eine so schlechte Zeugnisnote hatte, dass ich eigentlich hätte rausfliegen müssen, wehrte ich mich nur deshalb stark dagegen, weil das mit dem Weg zum Priestertum nicht in Einklang zu stehen schien. In der Folge wurden dann die Noten in Latein auch viel besser. Und das eigentlich nur, weil ich jetzt verstanden hatte, dass es um des Zieles willen mit dem Latein eben sein musste.
Im Rückblick auf meine ganze Jugend würde ich sagen, dass sich meine Berufung zu einem guten Teil wegen des täglichen Gebetes um eine gute Standeswahl, wegen des Besuchs einer katholischen Schule und wegen des freiwilligen Besuches der heiligen Messe unter der Woche gefestigt hat.
Was raten Sie Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren im Allgemeinen und im Hinblick auf eine mögliche Berufung?
Was wir alle in diesem Alter tun sollten, das ist mit Sicherheit das regelmäßige und aufrichtige Herzensgebet um eine gute Standes- und Berufswahl oder um Treue zu seiner Wahl. Manche haben sich schon mit 20 zu etwas entschieden.
Man soll ein Hauptziel ins Auge fassen und dieses auch ernst nehmen und zielgerichtet anstreben. Sonst jagt man allen möglichen nebensächlichen Vergnügung nach und verschwendet die Zeit, indem man jeden Tag einem neuen Einfall folgt. Dann geht man der Verantwortung aus dem Weg, wird ein Individualist und verliert die Anderen aus den Augen. Ich denke, dass man niemals Priester wird, wenn man auf dem Weg ist, Individualist zu werden.
Im Normalfall muss die Berufung zum Priester wachsen. Deshalb braucht es meines Erachtens zuerst das Gebet, dann auch die Großherzigkeit Gott und dem Nächsten gegenüber. Die Großherzigkeit Gott gegenüber für den Entschluss, sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen – im Bewusstsein, dass Gott es einem zeigen wird, wenn es nicht das Richtige ist. Die Großherzigkeit dem Nächsten gegenüber, weil man nicht für sich Priester wird, sondern für die Seelen. Diese offenherzige, großherzige Nächstenliebe kann man üben wie jede andere Tugend auch.

Im Alter zwischen 15 und 25 Jahren sollten alle einmal eine Berufungsorientierungswoche besuchen. Ich meine damit die Ignatianischen Exerzitien oder zumindest die Jugendwegweiser, wie sie die KJB anbietet. Viele schrecken wegen der Stille davor zurück. Aber das ist unbegründet.
Wir brauchen keine Angst davor zu haben, den Willen Gottes für uns zu erkennen. Es gibt nichts Besseres!