Fronleichnam

Quelle: Distrikt Deutschland

O Gott, Du hast uns in dem wunderbaren Sakramente das Andenken an Dein Leiden hinterlassen: wir bitten dich, laß uns die heiligen Geheimnisse Deines Leibes und Blutes so verehren, daß wir die Frucht Deiner Erlösung allezeit in uns erfahren ...

Kirchengebet am Fronleichnamsfest

Der selige Kardinal ldefons Schuster (+ 1954) beschreibt das Fronleichnamsfest wie folgt:



"In der alten Zeit beherrschte das Gedächtnis an die Einsetzung der hl. Eucharistie die Liturgie des Gründonnerstags, so daß dieser Tag auch dies paschalis genannt wurde. Mit Recht, denn Jesus ist unser Osterlamm, unser Opfer und unsere Opferspeise. Als dann aber der Eifer der Gläubigen nachließ, die Osterkommunion und die Weihe der hl. Öle mit dem Morgenopfer vereinigt wurden und die Andacht der Gläubigen sich mehr der Passion des Erlösers zuwandte, da trat der Gedanke an die Einsetzung des Osteropfers zurück.



Somit wurde es notwendig, zu Ehren der hl. Eucharistie ein eigenes Fest einzuführen, besonders als Irrlehren gegen das hl. Geheimnis verbreitet wurden. Papst Urban IV. feierte Fronleichnam zum ersten Male im Jahre 1264 und Klemens V. dehnte es auf die ganze Kirche aus.



Das Offizium für das Fronleichnamsfest, voll tiefsten dogmatischen Lehrgehalts und unübertroffener Feinheit des Ausdrucks, ist ein Werk des hl. Thomas, der, sich an die liturgischen Traditionen anlehnend, Antiphonen, Lesungen und Responsorien teilweise aus anderen Kirchen herübernahm. Die Prozession nach dem Hochamt wurde erst im 15. Jahrhundert vorgeschrieben.



INTROITUS (Ps 80, 17), vom Pfingstmontag. Das „Weizens Mark“ bedeutet den Leib Jesu, der vom Heiligen Geiste im Schoße der reinsten Jungfrau gebildet wurde. Er heißt das „Mark des Weizens“, denn die hypostatische Union mit dem Worte Gottes erhebt ihn über alle Kreatur. Dieser Gottmensch ist Zweck und Ziel der ganzen Schöpfung. Deshalb konnte Tertullian sagen, der ewige Schöpfer habe Christus, den Urtyp, vor Augen gehabt, als er den Leib Adams bildete.



Die KOLLEKTE zeichnet sich durch theologische Tiefe, Knappheit im sprachlichen Ausdruck und Vornehmheit aus. Sie beweist, daß St. Thomas nicht bloß Theologe war, sondern daß er feinen künstlerischen Geschmack besaß und mit dem liturgischen Gut der Kirche wohl vertraut war. Im allgemeinen sind die Kollekten des späten Mittelalters kraftlos sowohl in den Gedanken als im Ausdruck, die Fronleichnamsoration hingegen darf man als klassisch bezeichnen. Ihr ganz besonderer Vorzug liegt darin, daß in den wenigen, aber glücklich gefaßten Sätzen das ganze Wissen über die hl. Eucharistie enthalten ist.



„Gott, du hast uns in dem wunderbaren Sakramente“. Das Sakrament ist wunderbar, weil es nicht, wie die übrigen Sakramente, die Gnade im Augenblick des Empfangs hervorbringt, sondern weil der Urheber der Gnade in der Eucharistie auch außerhalb des Opfers und der hl. Kommunion sein Leben unter uns fortsetzt. „Das Andenken an dein Leiden hinterlassen“, d. h. das Opfer des Altares. Es ist zwar unblutig, aber doch ein wahres und wirkliches Opfer, eine Erneuerung des Opfers auf Golgotha, und seine mystische Fortsetzung. Jesus setzte die Eucharistie als Opfer ein, um uns seine ganze Liebe zu erzeigen. Nach seiner Auferstehung konnte er sich nicht mehr blutigerweise für uns opfern. Darum wollte er uns wenigstens die Verdienste seines Leidens und Sterbens zuwenden, und trug den Priestern auf, ohne Unterlaß die Opfer unblutigerweise auf den Altären für das Heil der Welt dem Vater darzubringen.



Doch hatte er noch einen anderen Grund. Weil das Geheimnis des Kreuzestodes Jesu den meisten Eindruck auf das Herz der Menschen macht und auch die Liebe Jesu am besten zeigt, so wollte er, daß dies Opfer nicht bloß eine geschichtliche Tatsache aus vergangenen Zeiten sei, und darum ohne tiefere Einwirkung auf die späteren Geschlechter, sondern daß der Akt seiner höchsten Liebe zu den Geschöpfen uns immer vor Augen stehe. „Wir bitten: laß uns das hl. Geheimnis deines Leibes und Blutes so verehren, daß wir die Früchte deiner Erlösung allzeit in uns wahrnehmen.“ St. Thomas nennt die Eucharistie „Das Geheimnis des Leibes und Blutes Jesu“, weil das hl. Sakrament nicht eine bloße Erinnerung an Golgotha ist, sondern wahrhaft Jesu Leib und Blut enthält, jenen Leib, der auf der Wage des Kreuzes unser Lösepreis geworden ist. St. Augustin bezeichnet daher das Meßopfer als „Opfer unseres Lösepreises“. Die besondere Gnade, um welche die Kirche uns heute bitten lehrt, ist die Andacht zur hl. Eucharistie, eine Andacht, die nicht nur in Gebeten und Prozessionen besteht, sondern vor allem in der Bewahrung der Gnadenfrüchte des Erlösungsopfers.



Die EPISTEL (1 Kor 11, 23-29) enthält den ältesten Einsetzungsbericht der Eucharistie. Die Erfahrung lehrt, daß der häufige Empfang der hl. Kommunion für eine wohl vorbereitete Seele überaus heilsam ist, aber auch, daß eine unwürdige Kommunion, besonders wenn sie lange Zeit fortgesetzt wird, die Seele verhärtet und immer mehr von Gott entfernt. Diesen Zustand beschreibt Paulus in düsteren Farben; er sagt sogar, daß solche Sünder sich das Gericht hineinessen und hineintrinken. Gleichwie die Speise sich in das Fleisch und Blut des Menschen umwandelt, so ereilt den Schänder der Eucharistie das Gericht Gottes und dringt ihm in sein Fleisch und Blut hinein.



GRADUALE (Ps 144, 15-16), vom 3. Donnerstag der Fastenzeit. Einst hatte der Herr zu Kana der seligsten Jungfrau geantwortet, daß die Zeit noch nicht gekommen sei, um der Menschheit jenen geheimnisvollen Wein zu geben, von dem der Hochzeitswein der Brautleute nur das Vorbild war. Jetzt, in der Fülle der Zeiten, reicht er dem christlichen Volke die göttliche Speise und den göttlichen Trank, die das Geheimnis der vollbrachten Erlösung durch alle Jahrhunderte fortsetzen.



ALLELUJAVERS (Joh 6, 56-57): „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut ist wahrhaft ein Trank.“ Diese beiden Sätze verurteilen alle Irrlehren, welche die wirkliche Gegenwart Jesu im Sakramente nur symbolisch erklären wollen. „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt“, sagt der Herr, „der bleibt in mir und ich in ihm.“ Ich bleibe in ihm und er in mir, d. h. das hl. Sakrament ist gleichsam ein Siegel meiner Gottheit, das der Seele und dem Leibe aufgedrückt wird, so daß sie mir gleichförmig werden. Das allerheiligste Sakrament erfüllt die Seele mit Liebe und läßt sie leben von mir; es gibt ihr Kraft gegen alle Angriffe des bösen Feindes und entreißt sie seinen Händen.



In der herrlichen SEQUENZ faßt der Aquinate die ganze Lehre über die Eucharistie zusammen. Es war wohl nicht leicht, ein Thema, das ganz klare und treffende Ausdrücke verlangt, in eine dichterische Form zu bringen. St. Thomas hat dies meisterhaft verstanden:



„Deinen Heiland, Sion, preise,

Lobe ihn, in Wort und Weise, 

Der dir Hirt und Führer ist.



Was du kannst, das sollst du wagen;

Ihm gebührend Lob zu sagen,

Man vergebens sich vermißt.



Brot, des Lob das Lied verkündet,

Das, lebendig, Leben zündet,

Beut sich heute festlich dar.



Daß er’s einst im heil’gen Saale

Den zwölf Brüdern gab beim Mahle,

Ist jedweden Zweifels bar.



Lob erschalle, Lob ertöne,

Gott genehm, voll hoher Schöne

Sei des Herzens Jubellaut.



Denn das Fest wird heut begangen

Von des Tages Glanz umfangen,

Der uns dieses Pfand vertraut.



Neuen Königs Tafelrunde;

Neues Lamm im Neuen Bunde

Hat des alten End’ gebracht.



Neues treibt das Alte fort,

Schatten scheucht der Wahrheit Wort

Und das Licht verbannt die Nacht.



Was beim Mahl durch ihn geschehen,

Das hieß Christus uns begehen

Zum Gedächtnis seinen Tod.



Treu befolgend heil’ge Lehren,

Weihen, unser Heil zu mehren,

Wir als Opfer Wein und Brot.



Wie der Christen Glaube lehret,

Brot in Christi Fleisch sich kehret,

Und in Christi Blut der Wein.



Sehen kannst du’s nicht noch fassen,

Starker Glaube wird’s nicht lassen

Trotz Natur und Augenschein.



Unter beiderlei Gestalten,

Die als Zeichen hier nur walten,

Birgt sich göttliche Substanz.



Blut als Trank und Fleisch als Speise:

Christus ist auf beide Weise

Bei uns ungeteilt und ganz.



Wer ihn aufnimmt, bei ihm weilet,

Hat ihn voll und ungeteilet,

Ungebrochen, unbrechbar.



Einer nimmt und Tausend nehmen,

Gleichviel stets, soviel auch kämen,

Immer bleibt er, was er war.



Gute kommen, Böse kommen,

Doch nicht jedem will es frommen,

Leben bringt’s und Todesbann.



Bösen Tod, den Guten Leben:

Sieh, das Gleiche wird gegeben, 

Doch nicht Gleiches man gewann.



Wird das Sakrament gespalten,

Laß den festen Glauben walten:

Jedem Teil bleibt der Gestalten



Stets des Ganzen Vollgehalt.

Nichts muß dann vom Wesen weichen,

Brechen kann man nur das Zeichen,



Nimmer doch das Sein erreichen,

Zustand bleibt ihm und Gestalt.

Sieh, das Brot, der Engel Gabe,



Wird den Pilgern hier zur Labe,

Wahrhaft ist’s der Kinder Habe,

Nicht den Hunden werft es hin.



Längst im Bild war’s vorbereitet:

Isaak, der zum Opfer schreitet,

Osterlamm, zum Mahl bereitet,

Manna nach der Väter Sinn.



Guter Hirt, du wahre Speise,

Dich barmherzig uns erweise,

Nähre uns auf unserer Reise,

Deine Güter, Jesu, weise

Uns im wahren Lebensland.



Du, der alles weiß und leitet,

Hier im Todestal uns weidet: 

Dort, wo licht dein Reich sich breitet,

Sei uns Los und Tisch bereitet

In der Heiligen Verband. Amen. Alleluja.



EVANGELIUM (Joh 6, 56-59). Jesus spricht in der Synagoge von Kapharnaum von den Wirkungen der eucharistischen Speise. Wie der Vater von Ewigkeit her, im Glanze der Gottheit, den Sohn aus seiner Wesenheit zeugt und ihm sein eigenes Leben gibt, so wandelt Jesus durch die Eucharistie die Seele in sich und gießt ihr durch die Gnade sein Leben ein. Augustinus faßt diesen Vorgang in die Worte zusammen: „Du wandelst mich nicht in dich, sondern du verwandelst dich in mich.“ Die durch die Eucharistie genährte Seele lebt, und lebt doch nicht, gerade wie Jesus in der Eucharistie sich opfert und dennoch glorreich lebt. Sie lebt nicht mehr sich, der alte Mensch ist gestorben: Jesus lebt in ihr. Der mystische Tod nimmt ihr das Leben nicht, denn in Jesus lebt sie ein ganz heiliges und gottwürdiges Leben. Daran dachte der Apostel Paulus, als er schrieb: „Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir.“ (Gal 2, 20).



OFFERTORIUM (3 Mos 21, 6). Heilige sollen die Priester sein, um sich würdig dem Altare Gottes zu nahen und ihm Weihrauch und Schaubrote darzubringen; und doch waren jene Brote nur ein Symbol der Eucharistie. Wenn nun Gott schon für den Dienst am Vorbilde einen so hohen Grad von Heiligkeit verlangt, wie heilig muß dann der Priester des Neuen Bundes sein, der Brot und Wein in den Leib und das Blut des Herrn wandelt, Gott darbringt, dem gläubigen Volke zur Vergebung der Sünden austeilt.



Die SEKRET erklärt ein Wort des hl. Paulus: Das eine eucharistische Brot, an dem alle teilnehmen, und der eine eucharistische Kelch, zu dem alle hinzutreten, ist ein Sinnbild der Einheit des Glaubens und der Liebe; es einigt die Glieder des mystischen Leibes, der Kirche, die sich an dem einen göttlichen Mahle sättigen (Tertullian).



PRÄFATION, wie an Weihnachten. Die hl. Eucharistie setzt ja unter uns die Menschwerdung und die leibliche Gegenwart Jesu auf Erden fort.



COMMUNIO (1 Kor 2, 26-27). Das eucharistische Opfer feiert das Andenken an den Tod Jesu. Die alten Christen nahmen nicht nur am Opfer teil, sondern genossen auch die Opferspeise, und nur die Kranken empfingen die hl. Kommunion außerhalb der hl. Messe. St. Paulus setzt hier die beiden Begriffe Kommunion und Gedächtnisopfer an den Tod Jesu einander gleich. Streng genommen ist das eucharistische Opfer mit der Konsekration vollendet. Der Genuß der Opferspeise durch den Opfernden gehört nur zu seiner Vollständigkeit. Aus diesem Grunde muß der konsekrierende Priester die hl. Gaben wirklich genießen, während für die beiwohnenden Gläubigen die geistliche Kommunion genügt.



POSTCOMMUNIO. Die Sekret hat vom Frieden und der brüderlichen Eintracht gesprochen; die Postcommunio weist noch auf eine andere Frucht der hl. Kommunion: das Anrecht auf den Besitz Gottes. Dieses Anrecht gründet sich auf die Treue Gottes, der sich uns hienieden ganz schenkt und die hl. Kommunion zum Unterpfand für die Ewigkeit macht.



Die Eucharistie ist der höchste Beweis der Liebe Gottes. Deshalb schließen die Orientalen sie - für die Krankenkommunion - in eine goldene Taube ein, das Symbol des Heiligen Geistes, der göttlichen Liebe. Der ganz besondere Liebescharakter der Eucharistie und ihr inniges Verhältnis zum Heiligungswerke des Heiligen Geistes läßt uns ahnen, wie groß die Sünde einer unwürdigen Kommunion und die Verunehrung des Allerheiligsten sein muß. Noch mehr: Jesus gibt sich uns in der hl. Kommunion als Unterpfand des ewigen Lebens; wir dürfen ihn hier schon auf Erden besitzen. Wie groß muß daher sein Schmerz sein, wenn der treulose Judas und seine Jünger das Brot des Lebens sich zum Gerichte und zum Tode genießen."