Freitag nach dem Passionssonntag
"Wir bitten Dich, o Herr: gieße huldvoll Deine Gnade in unsre Herzen, auf daß wir unsre bösen Lüste durch freiwillige Abtötung zähmen und so es vorziehen, zeitliche Züchtigung zu ertragen, statt ewigen Strafen überantwortet zu werden. Durch unsern Herrn Jesus Christus ...“
(Kirchengebet am Freitag nach dem Passionssonntag)
Römische Stationskirche ist St. Stephanus auf dem Mons Caelius. Der geographische Zusatz unterscheidet sie von den unzähligen anderen Stephanskirchen der Ewigen Stadt. Die Kirche wurde unter Papst Johannes I. vollendet und mit Mosaiken ausgeschmückt. Bei der Zerstörung der Stadt Nomentum im Jahr 640 durch die Langobarden ließ Papst Theodor die Leiber der dortigen Stadtpatrone Primus und Felician zur Rundkirche St. Stephan übertragen und in einem Oratorium beisetzen von dem noch die Mosaiken der Apside übrig sind. Diese beiden Märtyrer waren die ersten, die ihren feierlichen Einzug in das christliche Rom hielten, denn noch ward das Gesetz, das eine Beerdigung innerhalb des Stadtbezirkes untersagte, allgemein beobachtet. Die Reliquien der Heiligen aus den Katakomben wurden erst im 8. und 9. Jahrhundert in die Kirchen der Stadt überführt.
Lesung aus dem Propheten Jeremias (17, 13-18):
In jenen Tagen betete Jeremias: Herr alle, die Dich verlassen, werden zu Schanden; die von Dir abfallen, werden in den Staub geschrieben, weil sie den Herrn, die Quelle des lebendigen Wassers verlassen haben. Heile mich, o Herr, so bin ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen! Denn Du bist mein Ruhm. Siehe, jene halten mir spottend entgegen: Wo ist des Herren Wort? Es treffe doch ein! Doch ich habe mich nicht einschüchtern lassen und folgte Dir, meinem Hirten; auch habe ich nicht gute Tage nach Menschenart ersehnt, Du weißt es. Was über meine Lippen kam, war recht in Deinen Augen. Werde Du mir nicht zum Schrecken, Du meine Hoffnung am Tage der Drangsal. Meine Verfolger möge Schande treffen, mich aber nicht; laß sie erzittern, mich aber nicht. Der Tag des Unheils möge über sie kommen, und mit doppeltem Schlage zerschmettere sie, o Herr, unser Gott!“
Auslegung der Epistel: „Jeremias ist das Vorbild des von den Juden verfolgten Heilandes; deswegen legt die Kirche im Offizium der Passionszeit dem Erlöser die Worte furchtbaren Schmerzes, gänzlicher Verlassenheit, aber auch sicherer Zuversicht in den Mund, die der Prophet in den Lamentationen ausspricht: Die heutige Lesung stellt den Gerechten in Gegensatz zu seinen Feinden. Jeremias hat nie auf menschlichen Trost seien Hoffnung gesetzt: „Ich habe nicht gute Tage nach Menschenart ersehnt“. Mit diesen Worten enthüllte auch eine edle Seele, der selige Nikolaus von Preußen, im Sterben sein Denken und Wollen. Der Prophet weiß, daß alles irdische vom Winde verweht wird und, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, daß es wie eine Schrift im Sande ist. Gott allein genügt der Seele. Ist Gott für uns, so ficht uns das Urteil der ganzen Welt nicht an. “ (Sel. Ildefons Kardinal Schuster OSB, + 1954)
Aus dem Evangelium nach Johannes (11, 47-54):
In jener Zeit versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer gegen Jesus den Hohen Rat und sagten: "Was sollen wir tun, da dieser Mensch so viele Zeichen wirkt?
Denn lassen wir ihn weiter gewähren, so werden alle an ihn glauben; dann aber kommen die Römer und nehmen uns Land und Leute weg." Einer aber unter ihnen, Kaiphas, der Hohepriester jenes Jahres, sprach zu ihnen: "Ihr versteht nichts, bedenkt auch nicht, daß es für euch besser ist, wenn ein einziger Mensch für das Volk stirbt, als daß das ganze Volk zugrunde gehe."
Das sagte er indes nicht aus sich selbst; vielmehr, weil er in jenem Jahre Hoherpriester war, weissagte er, daß Jesus für das Volk sterben werde, ja, nicht für das Volk allein, sondern auch, um die zerstreuten Kinder Gottes zu einem Volk zu vereinen. Von diesem Tage an waren sie entschlossen, ihn zu töten. Darum wandelte Jesus nicht mehr öffentlich bei den Juden, sondern zog sich von dort zurück in eine Gegend nahe der Steppe, in eine Stadt mit Namen Ephrem. Dort verweilte er mit seinen Jüngern.
Auslegung des Evangeliums: „Der Hohe Rat beschließ endgültig den Tod Jesu- Kaiphas behandelt in anmaßender Weise die Ratsmitglieder wie Unverständige: „Ihr versteht nichts, noch bedenkt ihr ....“ Er spricht die Wahrheit, ja er weissagt sogar, aber nicht aus sich selbst, sondern weil er in jenem Jahre das Amt des Hohenpriesters bekleidete, und weil Gott niemand die Standesgnade vorenthält. Jeder Obere, auch ein Kaiphas, redet im Namen Gottes. Jesus muß für die ganze Menschheit sterben, denn Kaiphas hat es verkündet, und Kaiphas ward vom Heiligen Geiste geleitet, dies Wot zu sprechen, ganz gegen die Absicht des schlauen Hohenpriesters. Jesus stribt, um alle in der Welt zerstreuten Gotteskinder zu einer Familie zu vereinen; von jetzt ab soll es nicht mehr eine jüdische, griechische oder heidnische Familie geben, sondern eine katholische, die Ecclesia sancta Dei. Stephanus, der Patron der heutigen Stationskirche, hat diesen Lieblingswunsch seines Meisters verstanden und hat ihn in den hellenistischen Synagogen von Jerusalem verkündet. Dafür ist zwar der hol. Diakon dem Chauvinismus der Juden zum Opfer gefallen, aber die Frucht seines letzten Gebetes war die Bekehrung eines Paulus, des Apostels der Universalität des Christentums, über die Grenzen Palästinas hinaus.
Jesus starb nicht für die Juden, sondern für alle auf dem Erdenrund zerstreuten Gotteskinder. Daher dürfen auch wir nicht zu sehr auf geographische Grenzen und nationale Unterschiede sehen. Gott sammelt seine Kinder von den entferntesten Winkeln der Erde und macht alle zu Brüdern. Auch die Menschen, die heute anders denken als wir, können sich morgen bekehren und in den Schoß der Kirche zurückkehren. Hüten wir uns deswegen vor feindseliger Voreingenommenheit und Verachtung des Nebenmenschen, verzweifeln wir nicht an der Bekehrung anderer, wie schlecht sie auch sein mögen. Alle Herzen sind in Gottes Hand. Alle, die von fernher kommen, müssen wir freundlich aufnehmen, in dem Bewußtsein, daß auch wir einst von weither kamen, daß auch wir Bekehrte sind.“ (Kardinal Schuster)
Gebet über das Volk
Humiliate capita vestra Deo
Neiget in Demut euer Haupt vor Gott
„Wir bitten Dich, allmächtiger Gott: laß uns, die wir nach Deinem gnadenvollen Schutze verlangen, von jeglichem Übel befreit, Dir ohne Furcht dienen. Durch unsern Herrn Jesus Christus ...“