In Frankreich wurde die Debatte über Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe vertagt
Nach der vom französischen Präsidenten angekündigten Auflösung der Nationalversammlung am 9. Juni 2024 werden alle Texte, die derzeit im Plenarsaal diskutiert werden, ausgesetzt. Der aktuelle Gesetzentwurf zur Sterbehilfe muss somit erneut eingebracht und von der künftigen Versammlung, die aus den nächsten Parlamentswahlen hervorgeht, erneut beraten werden.
Ist die französische Euthanasie-Debatte Folge der politischen Niederlage Emmanuel Macrons bei den Europawahlen am 9. Juni 2024? Die sofortige Auflösung der Nationalversammlung durch einen angeschlagenen Präsidenten, der von einer Mehrheit der Franzosen desavouiert worden war, könnte dies bestätigen.
Für den Gesetzentwurf über das Lebensende und die Hilfe beim Sterben bedeutete die Auflösung der Nationalversammlung eine Rückkehr zum Anfang der Diskussionen, „obwohl der Text ab dem 10. Juni in die dritte und letzte Woche der parlamentarischen Prüfung hätte treten sollen.“
Eine willkommene Atempause für die Befürworter des Rechts auf Leben, denn nach intensiven Debatten stimmten die etwa 130 Abgeordneten, die am 7. Juni im Plenarsaal anwesend waren – eine enttäuschende Zahl angesichts der Bedeutung des Themas – „mit 88 zu 50 Stimmen für Artikel 5 des Gesetzentwurfs, der die Eröffnung einer Möglichkeit des Zugangs zu Sterbehilfe für Kranke festschreibt“, erklärt die wirtschaftsliberale und konservative französische Tageszeitung Le Figaro.
Nach den in letzter Minute von den Abgeordneten angenommenen Änderungen muss der Patient, „an einer schweren und unheilbaren Erkrankung leiden, die seine Lebensprognose in Frage stellt, im fortgeschrittenen oder im Endstadium“, so ein Kompromiss, wie Le Figaro anmerkt.
Wenn der Patient nicht in der Lage ist, sich selbst die tödliche Substanz zu verabreichen, die sein Leben beenden soll, kann die Sterbehilfe „von einem Arzt oder einem Krankenpfleger durchgeführt werden“, allerdings ohne Beteiligung der Angehörigen, wie es im ursprünglichen Text hieß, so Le Figaro weiter. Die Euthanasie bei Minderjährigen wurde nicht berücksichtigt, wahrscheinlich um die Parlamentarier nicht zu sehr zu verwirren.
Es handelt sich um einen großen anthropologischen Bruch, der über die Verurteilung der Euthanasie sowohl durch das Naturrecht als auch durch die Lehre der Kirche hinausgeht. In dem von der Exekutive vorgelegten Entwurf „werden die Werte der Pflege in ihrem eigentlichen Wesen verdreht, da man uns vorschlägt, darauf zu verzichten, immer den Weg der Linderung zu suchen“, protestierten mehrere Kollektive von Pflegekräften. Diese erinnerten die Abgeordneten daran, dass „eine Linderung, die sich an jede einzelne Situation anpasst und das Risiko des Todeseintritts in Kauf nimmt, niemals das Gleiche ist wie das absichtliche Herbeiführen des Todes einer leidenden Person.“
Seit dem politischen Erdbeben vom 9. Juni 2024, bei dem die von Emmanuel Macron und sein Gefolge rund 14,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielten, sind die Karten neu gemischt und der Gesetzentwurf zur Sterbehilfe wurde zum Leidwesen der Progressiven auf den Herbst verschoben – jedenfalls wahrscheinlich.
„Der entzauberte Westen ist eine unerbittliche und morbide Sartresche Klausur“, schrieb Kardinal François Bustillo auf der Website des Vereins Réseau Vie [Netzwerk Leben] und kommentierte so den Gesetzesentwurf, der im Unterhaus des französischen Parlaments diskutiert wurde.
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(Quellen: Le Figaro/Marianne – FSSPX.Actualités)
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