Fatima: Der Engel der Eucharistie und die Sühnekommunion
Von Pater Heinrich Mörgeli
Bei den ersten Erscheinungen führte der Engel die drei Hirtenkinder durch die Übung der Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe zu einer lebendigen Beziehung zu Gott. So wurde in ihnen das Prinzip und Fundament ihres geistlichen Lebens gelegt: „Der Mensch ist geschaffen, Gott zu erkennen, ihn zu loben, zu verehren und ihm zu dienen, und so seine Seele zu retten.“[1]
Wie ernst die Kinder die Weisungen des Engels nahmen und welche Früchte sie brachten erklärte Lucia in einem Gespräch mit Kanonikus Barthas: „Die Worte des Engels prägten sich unserem Geist ein und wirkten wie ein Licht, in dem wir erkannten, wie sehr Gott uns liebt und wie sehr er geliebt sein will. Wir erkannten ferner den Wert des Opfers und dass der Herr um der Opfer willen die Sünder bekehrt. So begannen wir also, dem Herrn alles aufzuopfern. Wir übten damals als Abtötung, stundenlang zur Erde niedergeworfen das Gebet des Engels zu wiederholen.“
Derselbe Engel erscheint im Herbst und führt sie eine Stufe weiter, nämlich zu einem tieferen Verständnis des größten Geheimnisses unserer Religion: dem allerheiligsten Altarsakrament. Gott möchte dadurch alle Katholiken aufrütteln, denn er hat vorausgesehen, dass es dem Feind im 20. Jahrhundert gelingen wird, dieses kostbarste und lebensnotwendigste Gut der heiligen Kirche zu verfälschen. Diese Ermahnung ist auch für uns höchst aktuell. Sind nicht auch wir, obwohl wir am traditionellen Ritus der hl. Messe festhalten, infolge des Weltgeistes um uns herum versucht, die Größe dieses Geheimnisses zu vergessen und durch Gewöhnung zur Gleichgültigkeit abzugleiten, wie es bei vielen Katholiken vor dem Konzil geschah?
Die Erscheinung des Engels
Lucia schreibt in ihrer „Zweiten Erinnerung“: „Es verging einige Zeit, und wir waren mit unseren Herden auf dem Weg zu einem Grundstück meiner Eltern, das am Hang des schon erwähnten Berges liegt, ein bisschen über den Valinhos. ... Sobald wir dort ankamen, begannen wir auf den Knien, das Gesicht am Boden, das Gebet des Engels zu verrichten: Mein Gott, ich glaube an Dich, ich bete Dich an, ich hoffe und ich liebe Dich ... Ich weiß nicht wie viele Male wir dieses Gebet wiederholt hatten, als wir über uns ein unbekanntes Licht erstrahlen sahen. Wir richteten uns auf, um zu sehen, was geschah, und sahen den Engel. In der linken Hand hielt er einen Kelch; darüber schwebte eine Hostie, von der einige Blutstropfen in den Kelch fielen. Der Engel ließ den Kelch in der Luft schweben, kniete sich bei uns nieder und ließ uns dreimal wiederholen:
Allerheiligste Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist, ich bete Dich aus tiefster Seele an und opfere Dir auf den kostbaren Leib, das Blut, die Seele und die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus, wie Er in allen Tabernakeln der Welt gegenwärtig ist, zur Genugtuung für die Schmähungen, Sakrilegien und Gleichgültigkeiten, durch die Er selbst beleidigt wird. Aufgrund der unendlichen Verdienste Seines heiligsten Herzens und des unbefleckten Herzen Mariens, bitte ich um die Bekehrung der armen Sünder.
Danach erhob er sich, ergriff den Kelch und die Hostie, reichte mir die heilige Hostie, und teilte das Blut im Kelch zwischen Jacinta und Francisco, wobei er sprach:
Empfangt den Leib und trinkt das Blut Jesu Christi, der durch die undankbaren Menschen so furchtbar beleidigt wird. Sühnt ihre Verbrechen und tröstet Euren Gott.
Er kniete sich von neuem auf die Erde, wiederholte mit uns noch dreimal das gleiche Gebet: „Allerheiligste Dreifaltigkeit...“ und verschwand. Wir verharrten in der gleichen Haltung und wiederholten immer die gleichen Worte. Als wir uns erhoben, sahen wir, dass es Abend und daher Zeit war, nachhause zu gehen.“
Betrachten wir dieses Geschehen und die Worte des Engels
Der Messkelch, die Hostie und das fließende Blut bezeichnen eindeutig das in der heiligen Messe dargebrachte Kreuzesopfer unseres Herrn. Das vom Engel gesprochene Gebet ist eine kurze und klare Zusammenfassung der katholischen Lehre über das große ‚Geheimnis des Glaubens‘, wobei jedes Wort von Bedeutung ist. Es ist erstaunlich, wie der Engel sich an die Seite der Kinder begibt und mit ihnen zum Gebet niederkniet. Dieser Engel ist kein geringerer ist als der Erzengel Michael, der Engel Portugals[2] und Schutzpatron der heiligen Eucharistie.
Der erhabene Engel schaut unverhüllt die göttliche Herrlichkeit Christi, verborgen unter der Gestalt der Hostie. Mit welchem Ausdruck der Ehrfurcht und Ergriffenheit wird er seinen Gott und Herrn im Geheimnis der Liebe und Herablassung für uns Menschen vor den staunenden Kindern angebetet haben!
Ist das nicht ein Hinweis, wie wir beim Gebet die heiligen Engel einbeziehen sollten, die uns helfen möchten, die Heiligkeit Gottes zu erahnen und ihn mit liebender Andacht zu verehren?
Den kostbaren Leib… gegenwärtig in allen Tabernakeln
Der geistige Mittelpunkt in der Kirche ist das Altarsakrament im Tabernakel, hier eindeutig bezeichnet als lebendige Gegenwart Jesu Christi mit seinem kostbaren (vergöttlichten) Leib, seinem Blut, seiner menschlichen Seele und seiner göttlichen Natur, und zwar im Zustand als Opferlamm. Tatsächlich ist die sakramentale Gegenwart Christi unter den Gestalten von Brot und Wein die Frucht des in der Messe vergegenwärtigten Opfers Jesu am Kreuze. Und die Eucharistie ist nicht nur eine heilige Sache, sondern Jesus selbst, wirklich und lebendig; sein Herz schlägt dort in Liebe zu uns, er betet ohne Unterlass für uns und opfert sich dem Vater als Sühnopfer für die Sünden der Welt auf. Sind wir uns dessen genügend bewusst?
Ich opfere Dir auf…
Deshalb dürfen und sollten wir den im Tabernakel gegenwärtigen Heiland auch außerhalb der hl. Messe so oft wie möglich aufopfern, was jedes Mal den unendlichen Sühnewert des Opfers Christi nach dem Maß unseres Eifers wirksam macht.
In allen Tabernakeln der Welt
Dies ist ein Hinweis dass Jesus in vielen Tabernakeln der Welt vergessen, verlassen und buchstäblich zur Seite gestellt ist. Beten wir mit dem heiligen Alfons von Liguori: „Mein Herr Jesus Christus! Aus Liebe zu den Menschen bist du Tag und Nacht in diesem Sakramente gegenwärtig. … Ich will dir Dank sagen für dieses große Gnadengeschenk; zweitens will ich alle Unbilden wieder gutmachen, die dir von deinen Feinden in diesem Sakramente zugefügt werden; drittens will ich durch diesen Besuch dich an all den Orten der Erde anbeten, wo du in diesem heiligen Sakramente wenig verehrt wirst und ganz verlassen bist. Mein Jesus, ich liebe dich aus ganzem Herzen.“
Zur Genugtuung für die Schmähungen, Sakrilegien und Gleichgültigkeiten
Wir sollten uns vorstellen, mit welchem Entsetzen und bebender Stimme der Fürst der himmlischen Heerscharen diese Ungeheuerlichkeiten ausspricht. Die Engel verhüllen ihr Angesicht vor der Heiligkeit und Majestät Gottes; wie ist es möglich, dass kleine, nichtige Menschen dieses Allerheiligste achtungslos wie irgendeinen Gegenstand behandeln, wie ein Stück Brot?
So wird uns die dringende Notwendigkeit dieser Sühne-Aufopferungen bewusst gemacht. Die Schmähungen sind gewiss die Lästerungen gegen den dreifaltigen Gott, die heute von weltlichen und kirchlichen Behörden offenkundig geduldet werden. Wie wird dadurch der Zorn Gottes über die Völker herab beschworen, denn Gott lässt seiner nicht spotten, seine Langmut hat Grenzen!
Wenn hingegen von Sakrilegien und Gleichgültigkeiten die Rede ist, sind eindeutig die Vergehen der Katholiken gegen die Liebe und Heiligkeit Gottes im allerheiligsten Altarsakrament gemeint. Wenn schon 1917 solches zu beklagen war, wie viel mehr dann in unserer Zeit, wo nach der ‚Liturgiereform‘ fast jedes eucharistische Experiment und sogar Gräuel an heiliger Stätte ungestraft möglich sind, und man vielerorts gleichgültig, ja sogar verächtlich mit dem Heiland im Sakrament seiner Liebe umgeht, ihn buchstäblich zur Seite stellt, während der Mensch sich selbst in den Mittelpunkt der Feier erhebt. Diese Verbrechen und die unwürdige Behandlung des ALLERHEILIGSTEN schreien zum Himmel! Wie leidet die geschmähte und verachtete Liebe unseres Herrn unter der Nachlässigkeit besonders seiner gottgeweihten Diener. Wie muss dies alle Engel und Heiligen des Himmels erschüttern!
Sind wir von dieser Klage betroffen?
Wohlgemerkt, Sakrilegien wollen wir gewiss nicht begehen; sind wir aber nicht in Gefahr, durch jahrelange Gewöhnung an das Heiligste die Hochschätzung, den Eifer und die Liebesglut zu verlieren, die unserem Heiland im Sakrament gebührt und an den beklagten Geichgültigkeiten mitschuldig zu werden? Wenn wir uns bei der hl. Messe langweilen und es uns schwer fällt, freiwillig eine Anbetungsstunde vor dem Tabernakel zu halten oder wir nicht einmal bereit sind, ihm durch einen kleinen Besuch in seiner Verlassenheit eine Freude zu bereiten, ist das nicht ein Zeichen, dass unsere „erste Liebe“ erkaltet ist?
Erinnern wir uns an die erschütternde Klage des Herzens Jesu gegenüber der hl. Margareta Maria Alacoque: „Mich dürstet und ich habe ein glühendes Verlangen, im allerheiligsten Sakrament von den Menschen geliebt und geehrt zu werden. Dieser Durst verzehrt mich, und ich finde fast niemanden, der sich bemühte, wie ich es wünschte, mich zu laben, indem er meine Liebe einigermaßen erwiderte.“
Weil die Frevel gegen das höchste Gut in unserer Zeit überhandnehmen, ruft U. L. Frau in Fatima durch den Engel jetzt noch inständiger zur Sühne auf.
Dreimaliges Kommuniongebet
Auch das hat seinen tieferen Sinn. Es erinnert uns an das dreimalige „Herr ich bin nicht würdig…“ in der Liturgie, durch das wir uns mit tiefer Demut und Innigkeit auf den Empfang des höchsten Gutes vorbereiten sollten. Wir können selbst die Erfahrung machen: ein einmaliges Stoßgebet bleibt oftmals an der Oberfläche. Wenn wir uns bemühen, gelingt es beim zweiten und dritten Mal, die Intensität zu steigern, die Seele wahrhaft zu öffnen und das Herz zu entflammen.
Das Kommuniongebet des Engels richtet sich erstaunlicherweise nicht nur an Jesus, sondern an die heiligste Dreifaltigkeit. In der Kommunion werden wir durch den Leib Christi tatsächlich in das innertrinitarische Geheimnis hineingenommen. Der Vater fährt fort, in unserer Seele den Sohn in ewiger Hingabe zu schenken, der Sohn will uns mit seiner Vision des Vaters erleuchten und zu ihm hinführen und der Heilige Geist will uns mit dem göttlichen Liebesfeuer entflammen. Welch ein Gnadenreichtum! Es liegt nun an uns, mit unserer Seele in dieses Geheimnis der liebenden Hingabe Gottes einzustimmen. Die Mittel dazu sind eben die göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Deshalb verlangte der Engel von den Kindern nochmals die dreimaligen Akte zur Danksagung nach der Kommunion.
Empfangt den Leib und trinkt das Blut Jesu Christi
Das größte aber ist die Kommunion als Sühne, die der Engel den drei Kindern reicht. Vor Gott, der durch die undankbaren Menschen so furchtbar beleidigt wird, sind diese liebenden und durch die vielen Sühnegebete geläuterten Kinderherzen so wohlgefällig, dass sie ihn wahrhaft trösten können: „Sühnt ihre Verbrechen und tröstet Euren Gott!“ Durch ihre Anbetung und reine Liebe bereiteten sie Gott überaus große Genugtuung für viele Sakrilegien.
Es war eine wirkliche Kommunion, wie Lucia in ihren Erinnerungen bezeugt. Während Lucia die Hostie gereicht wurde, durften Jacinta und Francisco sakramental das kostbare Blut empfangen, denn sie waren noch nicht zur ersten Kommunion geführt worden. Jacinta erklärte auf die Frage Franciscos, was sie denn empfangen hätten, mit unaussprechlicher Glückseligkeit: „Es war ebenfalls die heilige Kommunion, ich habe gespürt, dass Gott in mir war, ich wusste aber nicht wie.“ Das göttliche Blut des verklärten Christus muss von unbeschreiblicher Süßigkeit sein, wie heilige Mystiker bezeugen, wenn sie die Liebe Christi aus seiner Herzenswunde trinken durften.
Erzbischof Marcel Lefebvre entwickelt dazu den schönen Gedanken: „Was bedeutet dieses Blut? Es ist das Zeichen seiner Liebe für uns. Das Vergießen des Blutes bedeutet, dass unser Herr uns seine Liebe und seinen Heiligen Geist mitteilt.“ [3]
Die Bekehrung der armen Sünder
Die Gottesmutter möchte in zweiter Linie die Sünder vom ewigen Verderben retten. Deshalb lässt sie uns durch den Engel bitten, um des heiligsten Herzens Jesu und ihres unbefleckten Herzen willen, stellvertretend für deren Bekehrung zu bitten. Warum sind hier ausdrücklich ihre Herzen genannt? Die vereinten Herzen schenken uns nicht nur ihre unendlichen Verdienste sondern das Höchste, was sie haben, sich selbst, zutiefst, ganz und gar, mehr können sie nicht geben! Wir dürfen die vereinten Herzen in Anspruch nehmen und sie der heiligsten Dreifaltigkeit als letztes und zugleich mächtigstes Mittel für die Rettung der Welt darbringen. Welch eine Liebe und Barmherzigkeit!
Nehmen wir uns ein Beispiel!
Die vom Engel geoffenbarten Gebete sind reich und wirksam. Wenn wir nur schon das erste Gebet mit den göttlichen Tugenden regelmäßig üben, vor allem zu Beginn des Rosenkranzes und der Betrachtung, und es auch tagsüber erneuern, wird es auch bei uns wirken wie ein Licht, in dem wir erkennen, wie sehr Gott uns liebt und wie sehr er geliebt sein will.
Besonders aber dieses zweite, trinitarische Gebet wird uns das Verständnis und die Liebe zum wahren Gott und zum Heiland im Sakrament vermehren und uns angesichts der unzähligen Sakrilegien und der Gleichgültigkeit vieler Katholiken IHM gegenüber zur Sühne und größerem Eifer entflammen. Wir werden angeleitet, die Kommunion nicht nur individuell als Mittel zu sehen, um persönliche Gnaden zu erlangen, sondern als große Tat unserer in Gott entflammten Herzen zur Mitwirkung der Heiligung des ganzen mystischen Leibes Christi. Wenn wir die fortschreitende Glaubenslosigkeit in der Welt beobachten, wird uns das ein dauernder Ansporn sein, die Hinopferung Christi im Sakrament durch diesen Sühne-Akt des Engels mit umso größerem Eifer und noch öfters zu wiederholen.
Wir werden erfahren dürfen, was das Herz Jesu der hl. Margareta Maria für die Sühnekommunion verheißen hat: „Ich verspreche dir, dass mein Herz sich weit öffnen wird und jene mit dem Strom seiner göttlichen Liebe überschütten wird, die ihm diese Ehre erweisen und sich dafür einsetzen, dass auch andere es tun.“
Das Herz Mariens, das in flammender Liebe mit dem Herzen ihres göttlichen Sohnes verbunden ist, wird uns den innersten Zugang zu den unendlichen Reichtümern des Herzen Jesu erschließen und unser schwaches Bemühen um Glaube und Liebe ergänzen, besonders wenn wir die Sühnekommunion üben.
Zur Kommunionandacht schreibt Prälat Robert Mäder in seinem Buch „Jesus der König“[4]: „Machen wir uns die kostbarste Zeit nach der heiligen Kommunion nicht so kompliziert, so umständlich, unnatürlich. Denken wir nur eines: Jesus ist da. Alles andere macht sich von selber. Und wenn dich nachher jemand fragt: Was hast du gemacht, dann sagt: Vieles, in Wirklichkeit nur eines: Ich habe 15 Minuten geglaubt, gehofft, geliebt. Das ist Kommunion! Jesus und du! Jesus im Mittelpunkt der Seele! Jesus als König! Komme und sehe, wie süß der Herr ist. Aber komme alleine. Lass die Welt vor der Türe. Wenn du einmal verstehst, richtig zu kommunizieren, wirst du auch bald verstehen, richtig und heilig zu leben.“
Anmerkungen
[1] Vgl. Ignatianische Exerzitien Nr. 23
[2] Die Verehrung des „Engels von Portugal“ ist den Portugiesen sehr vertraut. Papst Leo X. erlaubte zu seiner Ehre um 1504 ein liturgisches Fest.
[3] Am 7. Juli 1979 in Fanjeaux, zitiert aus „Das Opfer unserer Altäre“ Sarto Verlag 2012, Seite 145.
[4] Jesus der König von Robert Mäder, Verlag St. Michael, CH-9403 Goldach, aus dem Kapitel Das Königsmahl, Seite 69.
Bericht über die Herkunft des Kelches und der Hostie der wunderbaren Kommunion
Am 29. September 1916 zelebrierte Pfarrer Luis da Costa Carvalho in Juncal, einem kleinen Dorf 25 km westlich von Fatima die hl. Messe zu Ehren des hl. Erzengels Michael, des Kirchenpatrons. Nach der Prozession mit der Monstranz legte der Pfarrer die große konsekrierte Hostie in den Tabernakel und verschloss Tabernakel und Kirchenportal. Pfarrer Carvalho hatte die sonderbare Angewohnheit, den leeren Kelch neben der Hostie in den Tabernakel zu stellen. Als der Pfarrer das nächste Mal den Tabernakel öffnete, fehlte die große Hostie, und der Kelch stand an einem anderen Platz. Inzwischen war keine hl. Messe zelebriert worden. Der Priester fragte sich, wer die konsekrierte Hostie und den Kelch aus dem verschlossenen Tabernakel genommen haben könnte, ohne in die ebenfalls verschlossene Kirche einzubrechen. "Wir haben es hier mit einem übernatürlichen Ereignis zu tun", meinte der fromme Priester, als er das Geschehen einigen Freunden anvertraute.
Pfarrer Carvalho hatte den Wunsch, nicht zu sterben, bevor Gott ihm dieses Geheimnis erklärt hatte. Sein Verlangen wurde erfüllt, denn Zeugen erinnern sich an seine Worte, "dass er jetzt in Frieden sterben könne, weil er weiß, dass es der hl. Erzengel Michael gewesen war, der in seine Kirche kam, um Kelch und Hostie den Seherkindern von Fatima zu bringen". Er hatte dies auch in seinem Tagebuch festgehalten.
Pfarrer Dias, der als Nachfolger von Pfarrer Carvalho in das Geheimnis eingeweiht wurde, gab gegenüber Domherr Galamba de Oliveira, der im Jahre 1942 ausführlich über den "Engel von Portugal" berichtete, folgende Erklärung ab: "Da das Eingreifen des Engels von Fatima mit dem geheimnisvollen Ereignis in der Kirche von Juncal zeitlich zusammenfällt, sind beide miteinander verbunden, denn es war der hl. Erzengel Michael selbst, der die konsekrierte Hostie nahm und sich den Kelch ausgeliehen hatte, um den kleinen Hirtenkindern die Kommunion zu spenden, die aus seiner eigenen Kirche stammte."
Aus „Die Gebete des Engels von Fatima“ von P. Gérard Mura, nach einem Bericht von Joăo de Verdade „Săo Miguel e Fatima“, Regina Mundi Press, Fatima 1999.