Erzbischof Marcel Lefebvre: „Wir verlangen nichts, als dass wir tun dürfen, was...

Quelle: Distrikt Deutschland

Erzbischof Marcel Lefebvre

„Wir verlangen nichts, als dass wir tun dürfen, was unsere Vorfahren getan haben“

Aus der Predigt vom 26. Mai 1975 in der römischen Basilika San Lorenzo fuori le mura

Während dieser Wallfahrt [zum Heiligen Jahr] mit unserem lieben Seminar von Ecône, mit Ihnen allen, die Sie als Pilger aus den verschiedenen Erdteilen aus den verschiedenen Ländern der Welt gekommen sind, haben wir auf die denkbar deutlichste Weise unsere Verbundenheit mit dem ewigen Rom zum Ausdruck gebracht und ebenso unsere Verehrung für den hl. Petrus, für den hl. Paulus, für alle Märtyrer dieser römischen Erde, für alle, deren Namen wir im römischen Kanon lesen, der uns alle diese Erinnerungen an Rom vor Augen führt, dem wir bis ins Tiefste unseres Herzens verbunden sind. Diese Erde, die wir betreten haben, ist eine heilige Erde, eine gesegnete Erde, eine Erde, der wir bis zu unserem letzten Atemzug verbunden sein müssen, eine Erde, die der Weg zum Paradies ist. Haben Sie das nicht während dieser Wallfahrt, während des Besuchens der Basiliken gespürt, meine lieben Pilger? Wir haben gestern in St. Peter und in der Basilika des hl. Sebastian und vorgestern in der Basilika des hl. Johannes im Lateran, in Groß St. Marien und in der Basilika Santa Croce in Gerusalemme in gewissem Sinn für Stunden die Ewigkeit erlebt. Diese Erinnerungsstätten sind so sehr mit den Seligen des Himmels verbunden, dass man im Himmel sicher oft an Rom denken muss. Man kann sich den Himmel nicht ohne Rom vorstellen, wo es so viele Märtyrer gegeben hat, so viele Heilige, so viel himmlischen Segen, der von dort erteilt wurde, so viele gespendete Sakramente, so viele heilige Messopfer, die in allen diesen Kapellen, in allen diesen Kirchen gefeiert wurden. Das göttliche Leben wird in dieser Ewigen Stadt auf wahrhaft außerordentliche Weise ausgegossen.

Aber müssen wir nicht leider auch, bevor wir heimkehren, einen Blick auf das Elend unserer Zeit werfen, auf das Elend unserer heiligen katholischen und römischen Kirche? Wir sind dazu absolut verpflichtet, wir können da nicht unsere Augen verschließen! Gerade weil wir so an unserer Kirche hängen, sind wir hierhergekommen, weil wir das zum Ausdruck bringen wollten, weil wir das trotz der Anstrengungen, trotz der Ausgaben, trotz der Schwierigkeiten bekennen wollten. Wir wollten unseren Glauben bekennen angesichts der Gottlosigkeit, angesichts der Gotteslästerungen, die sich überall breitmachen. Müssen wir das nicht leider bestätigen? Sakrilegien, die durch Personen, durch Organisationen geschehen, von denen wir ganz im Gegenteil die Bekräftigung unseres Glaubens, die Segnungen des Glaubens, den wir bekennen, erwarten müssten! Aber wir können nicht umhin festzustellen, wie es ja auch die Verantwortlichen jener Ämter, jener Kongregationen feststellen, dass sich die Kirche in einer tragischen, in einer dramatischen Situation befindet, dass sie eine Krise erleidet, wie sie eine solche während ihrer ganzen Geschichte noch nie erlebt hat. Und doch scheint man trotz dieser Feststellung nicht wieder zum Weg der Tradition zurückkehren zu wollen, zu diesem Weg, der für uns ein so sicherer ist und auf den uns alle diese Basiliken gewissermaßen mit lauter Stimme hinweisen. Diese Steine könnten uns sagen, was Tradition ist! Sie könnten es uns sagen, weil sie in diesen Basiliken Generationen vorüberziehen sahen, die das taten, was auch wir gerade getan haben, nichts anderes! Und gerade damit sind diese Generationen in das ewige Leben, in den Himmel aufgestiegen. Wir verlangen nichts, als dass wir tun dürfen, was unsere Vorfahren getan haben. Es ist etwas so Einfaches, so Schönes, so Heiligendes, so Wunderbares, was wir von denen erflehen, die in der Kirche die Verantwortlichen sind, nämlich dass sie in der Kirche das Leben fortbestehen lassen, das Leben durch das heilige Messopfer, das Leben durch die Sakramente, das Leben durch die Bekräftigung des Credo, durch den Kampf gegen die Häresien, dass sie das Leben fortbestehen lassen durch den Kampf gegen die Irrtümer, durch den Kampf gegen alle jene, die dieses Leben, das für uns alles bedeutet und das unser ewiges Leben sein wird, aus unserem Herzen reißen wollen. Wir flehen sie an: „Um Gottes willen, helfen Sie uns! Schützen Sie uns, schützen Sie unser ewiges Leben, schützen Sie unser Leben der Gnade! Deswegen haben Sie doch Priester, Bischöfe, Kardinäle geschaffen!“ So werden wir also den lieben Gott von ganzem Herzen anflehen, diese Menschen, die für das Leben der Kirche verantwortlich sind, zu erleuchten, zu inspirieren, damit ihr Glaube immer größer, immer stärker wird und sie endlich das Zeichen zum Kampf für die Wahrheit geben gegen alle jene, die die Kirche zerstören wollen. Unser Heiliger Vater, der Papst, hat selbst erklärt: Es gibt Fermente der Selbstzerstörung in der Kirche. Und so fragen wir: Wo sind diese Fermente der Selbstzerstörung in der Kirche? Sie sind also in der Kirche, im Innern der Kirche! Auch das müssen wir leider feststellen. Wir werden jetzt heimkehren, und wir werden wieder mit jenen Schwierigkeiten, mit jenen Ärgernissen zu kämpfen haben! Darum: halten wir an unserem Glauben fest!