Erzbischof Marcel Lefebvre: Die katholische Kirche ist nicht ökumenisch

Quelle: Distrikt Deutschland

Der Erzbischof bei der Audienz mit Papst Paul VI.

Aus der Predigt vom 29. Juni 1978 in Ecône

Wir sind nichts ohne Unseren Herrn Jesus Christus. Wir können alles mit Unserem Herrn Jesus Christus. Schließen wir uns Unserem Herrn an. Aber Er hat uns auch gesagt: „Ego mitto vos sicut agnos inter lupos — Ich sende euch wie Lämmer unter Wölfe“ (Lk 10,3). Wir alle, Christen, Priester, besonders Priester und Seminaristen, sind von Unserem Herrn Jesus Christus wie unter Wölfe gesandt. Und diese Wölfe hat Unser Herr Jesus Christus beschrieben. Er hat auch jene Mietlinge beschrieben, denen die Schafe nichts bedeuten, die an den Schafen nicht interessiert sind und die sie bei der geringsten Gelegenheit preisgeben.

Leider sind wir gezwungen festzustellen, dass es heute nicht nur außerhalb der Kirche Wölfe gibt, sondern dass es im Innern der Kirche Mietlinge gibt. Wir sind gezwungen, das festzustellen. Und gerade dazu will ich mit allem Nachdruck betonen: Wenn die katholische Kirche eine missionarische Kirche ist, dann ist sie nicht ökumenisch. Die katholische Kirche ist nicht ökumenisch.

Die Kirche von heute ist von diesen Mietlingen, von diesen Wölfen besetzt und möchte uns mit sich fortreißen. Aber natürlich nicht die Kirche, sondern jene Männer, die die Kirche an sich gerissen haben, die im Innern der Kirche sind, denn der Feind sitzt im Innern der Kirche! Das sagt uns schon der hl. Pius X. Dieser Feind will uns ins Verderben stürzen! Und auf welche Weise? Auf dem Weg des Ökumenismus. Und diese Leute verbergen sich nicht einmal.

Was ist dieser Ökumenismus anderes als ein Verrat an der Wahrheit, ein Verrat an Unserem Herrn Jesus Christus? Der Ökumenismus ist eine Wahrheit, die verfälscht ist, die sich mit dem Irrtum vermengt. Man verteidigt nicht mehr das Gesetz Unseres Herrn Jesus Christus, den Dekalog. Unter dem Vorwand, zum modernen Menschen, zu den Menschen dieser Welt gut zu sein, verteidigt man nicht mehr die Moral, die uns Unser Herr Jesus Christus gelehrt hat. Deshalb hat man uns eine ökumenische Messe vorgeschrieben, einen ökumenischen Katechismus vorgeschrieben, eine ökumenische Bibel vorgeschrieben, und deshalb will man, dass die Staaten und auch die bürgerliche Gesellschaft ökumenisch sind. Das heißt, dass man mit dem Irrtum Kompromisse schließt, und damit sind diese Menschen nicht mehr katholisch. Wir dürfen diese Dinge nicht zulassen. Sie sind vergiftet.

Dieser Ökumenismus kommt geradewegs aus den geheimen Zentren der Freimaurerei, wir scheuen uns nicht, das auszusprechen. Auch das hat schon der hl. Pius X. gesagt. Lesen Sie den Brief des hl. Pius X. von 1910 an die Bischöfe Frankreichs, in welchem er den Sillon beschreibt und verurteilt, den Sillon, der ganz einfach eine Art Ökumenismus ist und den Ökumenismus von heute vorbereitet hat. Der Große Sillon, wie er sich nennt, war ohne Zweifel ein modernistischer Ökumenismus. Und der hl. Papst Pius X. sagt auch, nachdem er den Sillon beschrieben und verurteilt hat: „Wir wissen sehr gut, von wo diese Ideen herkommen. Sie kommen von den Zentren der Geheimen Gesellschaften.“ „Hier weht der Geist der Revolution“, sagt er dazu (Seite 119). Und angesichts des heutigen Ökumenismus können auch wir sagen: „Hier weht der Geist der Revolution.“ Eben deshalb weisen wir diesen Ökumenismus entschieden zurück.

Ich könnte Ihnen dazu Texte zeigen, zum Beispiel den eines hohen Funktionärs der Freimaurerei, eines Herrn Fred Zeller, Ex-Großmeister der Grand-Orient-Loge von Frankreich, der ein Buch herausgegeben hat: „Drei Punkte, das ist alles.“[1] Er schreibt darin ganz offiziell: „Das Konzil wird lange brauchen, um seine wahre Bedeutung zu finden. Aber den Gläubigen ist klar, dass etwas sehr Wichtiges eingetreten ist, das ganz und gar im Wort Ökumenismus enthalten ist. Und das bedeutet“, fügt er hinzu, „dass sich die Kirche mit allen Religionen wird versöhnen müssen und folglich auch mit der Freimaurerei.“ Das sagte also dieser Großmeister der Freimaurerei. Und vor kurzer Zeit haben zwei Jesuitenpatres in der „Civiltà Cattolica“, der großen Jesuitenzeitschrift in Rom, der größten und bedeutendsten römischen Zeitschrift, die auch für die seriöseste gehalten wird, einen Artikel über die „Integralisten“ veröffentlicht, womit offensichtlich wir gemeint sind und wo leider auch mein Name genannt ist.[2] In diesem Artikel machen sie uns offen zum Vorwurf, dass wir beharrlich den Sozialismus, den Kommunismus und die Freimaurerei als Feinde der Kirche betrachten. Das machen sie uns zum Vorwurf! Zwei Jesuitenpatres haben das vergangenen Februar in der größten katholischen Zeitschrift von Rom gesagt! Gut, wir haben verstanden. Wir wissen jetzt, mit wem wir es zu tun haben. Wir sind uns vollkommen im Klaren darüber, dass in Rom eine teuflische Hand am Werk ist, die von uns „im Gehorsam“ die Zerstörung der Kirche verlangt. Und deshalb haben wir das Recht und die Pflicht, diesen Gehorsam zu verweigern.

 

ANMERKUNGEN

1 Fred Zeller „Trois points c’est tout“, Edition Robert Laffont, Paris 1978

2 Civiltà Cattolica“ vom Februar 1978