Erzbischof Lefebvre „Unser Herr hat seine Apostel nicht ausgesandt, um Dialog zu führen!“
Aus dem Buch „Sie haben Ihn entthront“ (1987)
Der Dialog ist keine Konzilsentdeckung. Paul VI. in Ecc!esiam suam (6. August 1964) ist der Urheber: Dialog mit der Welt, Dialog mit den anderen Religionen; doch ist zuzugeben, dass das Konzil dabei die liberale Tendenz außerordentlich verstärkt hat. Etwa so:
„Die Wahrheit muss gesucht werden (...) durch das Mittel (…) des Austauschs und des Dialogs, wodurch die einen den anderen die Wahrheit darlegen, die sie gefunden haben oder gefunden zu haben glauben, um sich gegenseitig bei der Suche nach der Wahrheit zu helfen“ (DH 3).
So müsste mit demselben Grund wie der Ungläubige auch der Gläubige allezeit am Forschen sein! Der hl. Paulus hat jedoch sehr gut die falschen Lehrer getroffen, „die immer im Zug sind zu lernen, ohne jemals zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen“ (2 Tim 3,7)! Der Ungläubige könnte also dem Gläubigen Wahrheitselemente bringen, die diesem fehlen! Das Heilige Offizium hat in seiner Instruktion vom 20. Dezember 1949 über den Ökumenismus diesen Irrtum zurückgewiesen und bezüglich der Rückkehr der getrennten Christen zur katholischen Kirche folgendes geschrieben:
„Man wird jedoch vermeiden über diesen Punkt auf eine solche Weise zu sprechen, dass sie, wenn sie zur Kirche zurückkehren, sich einbilden, ihr ein wesentliches Element zu bringen, das ihr bislang gefehlt hätte.“
Was uns die Berührung mit den Nichtkatholiken bringen kann, ist menschliche Erfahrung, nicht aber sind es Elemente der Lehre!
Darüber hinaus hat das Konzil in deutlicher Weise die Haltung der Kirche gegenüber den anderen Religionen, speziell den nichtchristlichen, geändert. Bei einem Gespräch, das ich am 13. September 1975 mit dem Sekretär von Mgr. Adam, dem Bischof von Sitten, führte, zeigte sich dieser Sekretär mit mir einig: Ja, es hat sich etwas geändert in der missionarischen Orientierung der Kirche. Doch er fügte hinzu: „Und es war nötig, daß sich das geändert hat.“ „Heute berücksichtigt man zum Beispiel“, sagte er zu mir, „an denen, die keine Christen sind, und an denen, die von der Kirche getrennt sind, das Gute, das Positive; man versucht in den Werten, die sie besitzen, Keime ihres Heils zu erkennen.“
Gewiss, jeder Irrtum hat wahre, positive Seiten; es gibt keinen Irrtum im Reinzustand, ebenso wie das absolute Böse nicht existiert. Das Böse ist die Verderbtheit eines Guten, der Irrtum ist die Verderbtheit des Wahren in einem Subjekt, das nichtsdestoweniger seine Natur, gewisse natürliche Qualitäten, gewisse Wahrheiten behält. Aber es liegt eine sehr große Gefahr darin, sich auf den Rest an Wahrheit zu stützen, den der Irrtum bewahrt. Was sollte man von einem Arzt denken, der, an das Bett eines Kranken gerufen, erklärte: „Oh, oh! Aber es bleibt ihm immer noch etwas, diesem Kranken, es ist nicht einmal so schlimm!“ Sie können den Doktor zehnmal auf die Krankheit hinweisen und sagen: „Aber beachten Sie doch die Krankheit, sehen Sie nicht, dass er krank ist? Er muss behandelt werden, sonst wird er sterben!“ Er wird Ihnen antworten: „Oh, schließlich ist er so schlecht auch nicht beisammen. Übrigens ist es meine Methode, nicht auf das Übel zu achten, das meine Patienten haben, das ist zu negativ, sondern auf den Rest an Gesundheit, der sich noch bei ihnen findet.“ Also, würde ich sagen, lassen wir die Kranken ruhig ihren Tod sterben! Das Fazit ist, dass, wenn wir den Nichtkatholiken und den Nichtchristen recht oft sagen: „Schließlich habt ihr ein richtiges Gewissen, habt ihr Heilsmittel“, sie zum Schluss glauben, dass sie nicht krank sind. Und wie soll man sie da noch bekehren?
Nun aber ist dieser Geist niemals der Geist der Kirche gewesen. Im Gegenteil, der missionarische Geist ist immer gewesen, den Kranken offen ihre Wunden zu zeigen, um sie zu heilen, um ihnen die Heilmittel zu bringen, deren sie bedürfen. Sich Nichtchristen gegenüberzufinden und ihnen nicht zu sagen, dass sie die christliche Religion brauchen, dass sie sich nicht retten können außer durch unseren Herrn Jesus Christus, ist eine unmenschliche Grausamkeit. Gewiss, am Anfang einer privaten Konversion möge man eine captatio benevolentiae machen, indem man lobt, was es Achtenswertes in ihrer Religion gibt, das ist schon legitim; aber das zum doktrinellen Prinzip zu erheben, ist ein Irrtum, heißt die Seelen täuschen! Die „Heilswerte der anderen Religionen“, das ist eine Häresie! Das zur Grundlage des Missionsapostolats zu machen heißt, die Seelen im Irrtum zurückhalten wollen! Dieser „Dialog“ ist so anti-miissionarisch als nur möglich! Unser Herr hat seine Apostel nicht ausgesandt, um Dialog zu führen, sondern um zu predigen! Da nun aber dieser liberale Dialoggeist seit dem Konzil den Priestern und Missionären eingeschärft wird, versteht man, warum die „Kirche des Konzils“ den missionarischen Eifer, den eigentlichen Geist der Kirche, vollständig verloren hat!