Erzbischof Lefebvre: Das Hl. Messopfer, Quelle der Liebe in der Kirche

Quelle: Distrikt Deutschland

Aus der Predigt am Ostersonntag 1979 in Ecône

Ich möchte vor allem etwas bei dem Mittel verweilen, das für uns der Gegenstand der Andacht, das Herz unseres Lebens, der Grund unserer Hoffnung und vor allem die Quelle unserer Liebe sein soll: es ist das heilige Messopfer. „Cum pascha nostrum immolatus est Christus”. Wir haben es gerade gesungen und werden es wieder singen. Unser Herr Jesus Christus hat sich als unser Osterlamm für unseren Auszug geopfert. Wir haben nicht das Recht, darüber hinwegzugehen, dass Unser Herr am Kreuz gestorben ist, um uns zu retten, um sich uns zur Nahrung zu geben, damit wir nicht zugrunde gehen. Das ist unsere geistliche Nahrung. Ohne diese geistliche Nahrung, ohne dieses heilige Messopfer gehen wir zugrunde. „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und Sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben!” (Jo 6,54), sagt Unser Herr. Wir müssen also eine tiefe Andacht zu diesem heiligen Messopfer haben. Dort ist unser Ostern. Dort ist unser Auszug. Dort ist unser Weg. Es gibt keinen anderen. Für keinen Menschen auf der Welt gibt es einen anderen Weg. Nicht nur für die Katholiken, sondern für alle Menschen auf der Welt gibt es keinen anderen Weg als den Weg des Kreuzes, als den Weg Unseres Herrn Jesus Christus, als das Blut Unseres Herrn Jesus Christus, als die allerheiligste Eucharistie, die uns rettet. So müssen wir also, wir, die wir den Glauben haben, wir, die am Glauben festhalten, mit diesem heiligen Messopfer zutiefst verbunden sein, mit dieser geheimnisvollen Wirklichkeit, die das heilige Messopfer darstellt. Wir vergessen es zu oft. Wir müssen über diese außerordentliche Wirklichkeit, über diesen Tod Unseres Herrn Jesus Christus, der sich auf unseren Altären erneuert, meditieren. Und auf unseren Altären ist das nicht ein Symbol, es ist die Wirklichkeit des heiligen Messopfers selbst. Lesen Sie die wunderbaren Texte des Konzils von Trient wieder, die uns sagen: „Es ist derselbe Priester, es ist dieselbe Opfergabe.” „Es gibt keinen Unterschied zwischen Kalvaria und der heiligen Messe”, sagt das Konzil von Trient, „als den der Art, das Opfer darzubringen. Das eine Mal ist die Art eine blutige, das andere Mal eine unblutige. Aber das Opfer ist dasselbe, genau dasselbe. Es ist derselbe Priester, Unser Herr Jesus Christus, der opfert. Es ist dieselbe Opfergabe, Unser Herr Jesus Christus, der sich opfert.” Wir Priester, wir sind nur das Werkzeug Unseres Herrn Jesus Christus. Wir handeln „in persona Christi”, in der Person Christi, um dieses Drama, das sich auf Kalvaria ereignet hat und das uns alle betrifft, wahrhaft zu wiederholen.

            Wir kennen die Reichtümer nicht genug, die der liebe Gott uns geschenkt hat, die Liebe, die Er uns erwiesen hat und die zeigt, was Er für uns getan hat und was unser Ziel ist. Hier haben wir das Mittel, unser Ziel zu erreichen. Und welches ist unser Ziel? Unser Ziel ist, in die allerheiligste Dreifaltigkeit einzugehen. Sie ist das Gelobte Land. Das Gelobte Land ist die allerheiligste Dreifaltigkeit, ist der Himmel. Der Himmel, das ist Gott. Gott, das ist die allerheiligste Dreifaltigkeit. Er wird uns in die allerheiligste Dreifaltigkeit eingehen lassen. Und was ist die allerheiligste Dreifaltigkeit? Was werden wir da tun? Was werden wir da sein? Sie ist die Liebe. „Deus caritas est”. Gott ist die Liebe. Die allerheiligste Dreifaltigkeit ist die Liebe. Es gibt nichts Schöneres, Größeres, Liebenswürdigeres, Wunderbareres als die Liebe. Lesen Sie die Worte des hl. Paulus über die Liebe (1 Kor 13,1-8): Wer die Liebe hat, denkt nicht an sich selbst. Wer die Liebe hat, denkt nur an die Anderen. Wer die Liebe hat, tut alles für die Anderen. Nichts für sich selbst tun, alles für die Anderen tun und vor allem für Gott, das ist die Liebe zu Gott. Wenn es nun für uns ein Mittel gibt, uns eine leider nur so schwache Vorstellung von dieser Liebe im Inneren der allerheiligsten Dreifaltigkeit zu machen, dann ist es gerade das heilige Messopfer, das uns ein Bild gibt, das herzergreifendste, das wahrhaftigste Bild. Denn wenn hier auf Erden je eine Tat der Liebe vollbracht wurde, die als die schönste, die als die erhabenste gelten kann, dann ist es nur der Tod Unseres Herrn Jesus Christus am Kreuz zur Verherrlichung Seines Vaters und zur Rettung unserer Seelen. Liebe zu Gott, Liebe zum Nächsten muss uns erfassen, wenn wir das heilige Messopfer mitfeiern. Wir müssen ergriffen sein von dieser Liebestat, die Unser Herr vollbringt, wenn Er sich für Seinen Vater hingibt, sich für Seinen Vater opfert, Sein Blut zur Verherrlichung Seines Vaters vergießt. Durch das heilige Messopfer stellt Unser Herr die Ehre Seines Vaters wieder her, führt unsere Seelen wieder in den Zustand der Gnade Gottes, gibt uns das ewige Leben wieder, wenn wir in dieses Opfer wirklich immer tiefer eindringen, wenn wir bei der heiligen Kommunion immer danach verlangen, Ihn auch weiterhin zu empfangen und Seine Liebe in unseren Herzen entzünden, um die Sünde daraus zu verbannen. Denn Sünde ist gerade alles das, was der Liebe entgegengesetzt ist. Die Sünde widersetzt sich der Liebe durch die Hoffart, durch den Egoismus, der die Liebe tötet. In dem Maß, als wir von Liebe erfüllt sind, können wir nicht sündigen. Und wenn wir sündigen, handeln wir gegen das Gebot der Liebe. Seien wir also von dieser Liebe durch das Herz Unseres Herrn erfüllt, das in unserem Herzen schlägt, wenn wir Es in der allerheiligsten Eucharistie empfangen. Unser Herr ist ganz Liebe, Er, der nur den einen Wunsch hat, uns dorthin mitzunehmen, wo es nichts mehr geben wird als die Liebe, wo es nichts mehr geben wird, was der Liebe entgegengesetzt ist, und das ist der Himmel. Schauen Sie dorthin, wo man sich liebt! Es sind kleine Paradiese. Eine Gemeinschaft, in der man sich liebt, ist schon ein kleiner Anfang des Paradieses. Aber wenn man sich noch viel stärker und viel mehr liebt, wird es noch herrlicher sein. Jetzt aber haben wir nicht die geringste Vorstellung davon, was der Himmel sein kann im Vergleich zu dem, was wir hier auf Erden als Glück erleben. Suchen wir darum, uns immer enger und immer mehr mit Unserem Herrn Jesus Christus zu vereinen, uns mit Seiner Liebe zu erfüllen und uns so unseren Himmel zu bereiten.

            Mit diesen wenigen Worten konnte ich Ihnen vielleicht die Tragödie verständlich machen, die wir heute erleben, die Tragödie der gläubigen Katholiken. Es gibt manche, die sich von einem gewissen Ökumenismus, einem gewissen Protestantismus mitreißen lassen, der bewirkt, dass sie nicht mehr diesen wahren Glauben an das heilige Messopfer haben. Aber da verkümmert die Kirche. Da wird die Kirche unfruchtbar. Nicht die Kirche selbst, aber diejenigen, die der katholischen Lehre der Kirche nicht mehr folgen. Sie verlieren dann diese Fruchtbarkeit, die die Kirche gerade aus dem heiligen Messopfer erhält. Alles kommt uns von dort. Die ganze Quelle der Liebe der Kirche ist im heiligen Messopfer enthalten, im Kreuzesopfer. Wir brauchen das heilige Messopfer. Wenn wir es anders auffassen, wenn wir nicht mehr den Glauben an die wirkliche Gegenwart Unseres Herrn haben, wenn wir nicht mehr glauben, dass es ein wahres Opfer ist, das sich auf unseren Altären wirklich wiederholt, dann lassen wir zwangsläufig die Quelle der Liebe hier auf Erden versiegen. Und dann sehen wir die Folgen davon. Sobald sich die Liebe nicht mehr von unseren Altären herab ergießt, schwindet die christliche Kultur und wir geraten in einen Kulturzustand, wie wir ihn uns vorher nicht vorstellen konnten.