Erzbischof Lefebvre „Die Bischofskonferenz ist aber keine göttliche Institution..."
Aus einem Vortrag vom 29. Dezember 1975 in Barcelona
Warum die Kollegialität? Um dieses jeder Amtsgewalt widersprechende Prinzip einzuführen, sei es jener des Papstes, der Bischöfe oder eines Pfarrers, weil man immer die Untergeordneten um Rat fragen und die „Basis“ an der Ausübung der Amtsgewalt beteiligen muss. Das ist aber sehr schwerwiegend vor allem in der heiligen Kirche, in der die Amtsgewalt eine persönliche ist. So kommt zum Beispiel die Amtsgewalt des Papstes unmittelbar von Gott auf seine Person, denn die Kardinäle designieren ihn nur, sie verleihen ihm aber nicht die Amtsgewalt an sich. Desgleichen erhält der Bischof die Amtsgewalt über seine Diözese durch die Bischofskonsekration. Ebenso wird der Pfarrer zum Haupt seiner Pfarre ernannt. Er erhält seine Amtsgewalt von oben, nicht von seinen Pfarrkindern. Er erhält seine Amtsgewalt von Gott, weil er an der Autorität Gottes teilhat.
Übrigens kommt alle Autorität von Gott. Der hl. Paulus sagt: „Omnis potestas a Deo.“ Selbst der Familienvater, selbst der Geringste derer, die eine Amtsgewalt über andere ausüben, hat immer in gewisser Weise an der Autorität Gottes teil. Dieser Autorität aber widerspricht geradewegs jenes Prinzip der Kollegialität, auf Grund dessen Synoden, Priesterräte, Bischofsräte geschaffen werden, ohne die praktisch die selbständige Amtsgewalt nicht mehr in moralisch einwandfreier Weise ausgeübt werden kann. Selbst wenn das noch persönlich möglich ist, so auch dann nur auf die Gefahr hin, beträchtlichen Schwierigkeiten zu begegnen. Also kann der Bischof nichts mehr tun ohne seinen Priesterrat, der Pfarrer ohne seinen Pfarrbeirat, der Papst ohne seine Synode oder die Bischofskonferenzen.
Wie oft sehen wir uns heute mit unserem Ansuchen an den Heiligen Vater von den römischen Kongregationen an die Bischofskonferenz verwiesen. Sie wird so zu einer Schutzwand zwischen den Bischöfen, den Priestern, den Gläubigen und dem Papst, während früher der Papst der Vater aller war und der geringste der Laien ihm schreiben konnte und eine Antwort erhielt und so wusste, dass man seine Sache anhörte und studierte. Aber heute können sich nicht einmal mehr die Bischöfe unmittelbar an den Papst wenden – man antwortet ihnen, sie mögen sich an die Bischofskonferenz wenden.
Die Bischofskonferenz ist aber keine göttliche Institution, und wenn man derartige demokratische Organe einführt, hat man wahrhaft die Ausübung der göttlichen Autorität im Innern der Kirche zerstört. Alle Bischöfe fürchten sich voreinander, und wenn man sie zum Beispiel hinsichtlich eines Seminars oder eines Katechismus oder hinsichtlich ihrer Schulen um eine Entscheidung bittet, antworten sie, sie seien nicht frei und sie könnten nichts tun, ohne ihre Mitbrüder von der Bischofskonferenz oder von dieser oder jener Kommission zu konsultieren. Das ist sehr schwerwiegend, denn ein Bischof, der nicht die Freiheit hat, in seiner Diözese zu gebieten, ist nicht mehr ihr Vater. Ohne Zweifel ist es sehr nützlich, dass sich die Bischöfe Rat holen, aber das ist schon im früheren Kirchenrecht vorgesehen. Der Bischof hatte einen Rat, aber nur einen mit beratender, nicht mit beschließender Funktion. Er hat ihn nach freiem Ermessen versammelt und dessen Mitglieder selbst ernannt, während jetzt alle diese Räte gewählt werden – das heißt, dass diese Mitglieder dem Bischof aufgezwungen sind. Desgleichen sind die Bischofskonferenzen keine schlechte Sache, wenn ihre Befugnis auf ein besseres gegenseitiges Einverständnis beschränkt ist, zum Beispiel im Hinblick auf die Verwirklichung eines Seminars, einer Universität oder einer katholischen Zeitung. Es ist gut, dass sich die Bischöfe gegenseitig beraten, aber wenn das zu einem derartigen Organismus führt, dass sie in ihrer Diözese nichts mehr tun können, ohne die verschiedenen Kommissionen, die von der Bischofskonferenz abhängen, zu konsultieren, dann ist das absolut unzulässig. Es widerspricht den Gesetzen der Kirche, dass der Bischof hinsichtlich der Seminare, der Presse, der Schulen oder des Katechismus von solchen Kommissionen abhängt.
Es muss auch auf die Konsequenzen des Ökumenismus hingewiesen werden, und vor allem auf die Liturgiereform, die nach meiner Ansicht von einem falschen Ökumenismus kommt, der uns mit dem Protestantismus verschmelzen will, nicht mehr und nicht weniger! Denn man wollte uns den Protestanten näherbringen, nicht, um sie für den Katholizismus zu gewinnen, sondern im Gegenteil, diesen dem Protestantismus anzunähern.
Das ist der Grund, warum man die Texte des heiligen Messopfers und auch alle jene der Sakramente geändert hat. Man hat das Brevier für die Priester und den Kalender umgewandelt. Das alles ist geschehen, um alles zu vermeiden, was die Protestanten stören könnte. Aber durch ständiges Fragen vor jeder Reform, was die Protestanten darüber denken, ist man offensichtlich so weit gekommen, alles zu eliminieren, was im eigentlichen Sinn wesentlich katholisch ist, alles, was im Gegensatz zu den protestantischen Irrtümern wahrhaft an unseren Glauben gemahnt.