Erzbischof Lefebvre Allerheiligen 1990: Ein tiefes und mystisches Band

Quelle: Distrikt Deutschland

Grundsteinlegung des Seminars in Ecône

Predigt von Erzbischof Marcel Lefebvre zum Allerheiligenfest 1990 (Auszug)

Heute, auf den Tag genau vor zwanzig Jahren, begab ich mich nach Freiburg zu Seiner Exzellenz Bischof Charrière von Freiburg. Der Grund meines Besuches war, ihn nach den Ergebnissen seiner Prüfung und der notwendigen Untersuchungen unserer Statuten und Konstitutionen, die ich ihm Anfang Juli überreicht hatte, zu befragen. Er hatte vier Monate Zeit, diese Konstitutionen zu prüfen. Etwas beklommen begab ich mich zum bischöflichen Palais. Die damalige Zeit stand jedem Werk der Tradition bereits sehr ablehnend gegenüber. Mich beschäftigte die bange Frage, was mir Seine Exzellenz Bischof Charrière wohl antworten würde. Zu meinem Erstaunen und zu meiner begreiflicherweise großen Freude sagte er mir gleich: „Ich bin einverstanden! Ich werde Ihnen dieses Dokument sofort unterschreiben.“ Er ließ seinen Sekretär holen und bat ihn um die Dokumente. Das Schreiben an mich war bereits angefertigt. Seine Exzellenz unterschrieb die Annahme unserer Statuten und Konstitutionen. Ich gestehe, für mich war das ein kleines Wunder. Mit Spannung dachte ich an die Reaktion unserer „Ältesten“, unserer ersten Seminaristen, auf diese offizielle Annahme der Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X. Als ich in die Rue de la Vignettaz kam und diese Nachricht den lieben anwesenden Mitbrüdern eröffnete, war das wirklich eine wahre Explosion der Freude und Verwunderung. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. war offiziell von der Ortskirche von Freiburg durch Seine Exzellenz Bischof Charrière anerkannt! […]

Meine lieben Freunde, Sie bemerken, dass zwischen dieser offiziellen Anerkennung der Priesterbruderschaft St. Pius X. und dem Tag von Allerheiligen ein außerordentliches, tiefes und mystisches Band besteht, das in vollkommener Weise das Ziel der Priesterbruderschaft St. Pius X. bezeichnet. Ich würde sagen, es gehört zum Wesen der Bruderschaft, nicht nur die Heiligkeit zu suchen, sondern auch Heiliges zu vollbringen. Was ist der Priester, meine lieben Freunde? Sacerdos – sacra dans. Der Priester ist derjenige, der die heiligen Dinge gibt. Sacrificium, sacrum faciens. Der Priester ist derjenige, der das Heilige tut. Das ist der Priester. An diesem Festtag der Heiligkeit haben wir die Genehmigung zu unserer Priesterbruderschaft erhalten! Liebe Freunde, dieses Zusammentreffen dürfen wir nicht vergessen. Durch die heilige Vorsehung geschieht nichts zufällig. Ich bin überzeugt, dass sich die heiligen Engel über dieses Zusammentreffen des so schönen Allerheiligenfestes und der Anerkennung dieser Bruderschaft sehr gefreut haben. Die Bruderschaft ist dazu geschaffen, heilige Priester hervorzubringen. Diese Priester werden die Heiligkeit vermitteln und den Gläubigen zur Heiligkeit verhelfen. Ich bitte Sie daher: wir wollen gemeinsam kurz versuchen, aus diesem Zusammentreffen unsere Schlüsse zu ziehen. Von der Vorsehung ist es gewollt, dass unsere Priester heilig sind. Was ist die Heiligkeit? Ist es nicht die wesenhafte Heiligkeit und das Wort Gottes selbst? Verbum Dei? Es ist das Lamm Gottes, das in der Apokalypse beschrieben ist. Das Lamm Gottes ist von den vierundzwanzig Ältesten und einer unzählbaren Menge von Engeln und Auserwählten umgeben, die singen: „Heilig, heilig, heilig, ist der Herr, Unser Gott.“ Es handelt sich wahrhaft um das Wort, und zwar um das menschgewordene Wort. Die Priester machen nichts anderes, als das Wort Gottes weiterzugeben. Dieses heilige Wort geben die Priester mit ihren Worten weiter. Die Priester sind nichts anderes als die Verkünder des Wortes Gottes, des wesenhaften Wortes Gottes, und zwar aller Worte, die das menschgewordene Wort während Seines Erdenlebens ausgesprochen hat. Das ist die Aufgabe des Priesters. Er ist der Verkünder, wie die Propheten. Seine Worte müssen die Priester allen Gläubigen, die wahrhaft Kinder Gottes und wahrhaft der Gnade Unseres Herrn Jesus Christus teilhaftig sein wollen, getreu überliefern. Wir verkünden also die Worte Gottes. Aber wir verkünden auch das Wort, das Fleisch angenommen hat – et verbum caro factum est – und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (Jo 1, 14). Sie wissen, das wesentliche Werk, durch das Er Seine Gnade und Sein Leben verliehen hat, ist das Kreuzesopfer. Das Wort zu verkünden durch das Wort Gottes, durch das heilige Messopfer, das menschgewordene Wort. Die Aufgabe des Priesters besteht darin, Jesus Christus in der allerheiligsten Eucharistie zu spenden, nachdem er Ihn gegenwärtig gesetzt und das Kreuzesopfer wiederholt hat, indem er Gott in den Gestalten von Brot und Wein herabkommen lässt und Ihn den Gläubigen austeilt. Was für ein wunderbares Vorbild! Was für eine außerordentliche Aufgabe! Der Priester ist wahrhaft für die heiligen Dinge bestellt. Er muss daher auch selbst heilig sein. […]

Nach diesem zwanzigjährigen Bestehen der Priesterbruderschaft müssen wirklich alle zugeben, dass sie von Gott gesegnet wurde. Selbst diejenigen müssen es zugeben, die jetzt außerhalb der Bruderschaft stehen, ihr nicht mehr folgen oder sogar mit ihr nicht mehr einverstanden sind. Ein Beweis dafür sind die Vertreter aus Rom, die uns offiziell visitiert haben. Im Goldenen Buch des Seminars haben sie Worte der Bewunderung für das Werk eingetragen, das sich in diesem Seminar verwirklicht hat. Die Bruderschaft war wirklich von Gott gewollt. Sie hat unzählige Gnaden erhalten. Das ist unser großer Trost in den schweren Prüfungen, die uns auferlegt wurden.