Erzbischof Haddad beklagt die Abwanderung von Christen aus dem Libanon

Quelle: FSSPX Aktuell

Msgr. Elie Béchara Haddad

Auf Einladung von Kirche in Not besuchte der griechisch-katholische melkitische Erzbischof von Saida (Libanon), Elie Béchara Haddad, vom 20. bis 28. April das Tessin und die französischsprachige Schweiz. Seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober mussten Zehntausende Dorfbewohner die Grenzgebiete im Süden des Libanon verlassen, die fast täglich von der israelischen Armee bombardiert werden.

Der 64-jährige Bischof prangerte eine Politik der verbrannten Erde an, die zusätzlich zu der schweren Wirtschaftskrise, die seit Oktober 2019 andauert, zu einer Massenauswanderung führt. Sie betrifft verhältnismäßig stärker die christliche Minderheit. 

Im Süden, in der Stadt Tyrus, in der eine große christliche Gemeinschaft lebt, scheint das Leben relativ normal. Die Dörfer in der Gegend, die ununterbrochen bombardiert wurden, sind jedoch verlassen, und die Menschen sind weiter nach Norden gezogen, insbesondere nach Beirut. 

„Viele dieser Flüchtlinge sind Bauern: Ihre Häuser wurden oft zerstört, ihre Obstgärten und Ernten durch die von Israel illegal abgeworfenen Bomben mit weißem Phosphor verbrannt. Die Olivenbäume sind verdorrt, sie sind tot, die Felder sind vergiftet. Diese Menschen wissen nicht, was aus ihnen werden soll“, erklärte Bischoff Haddad. In einigen Orten sind ganze Familien weggezogen und haben nur eine Person zurückgelassen, die sich um das Eigentum kümmert und es vor Diebstahl schützt. 

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, die Vertreibung der Hisbollah aus dem Südlibanon sei ein nationales Ziel, aber „dennoch weiß er sehr wohl, dass der Libanon nichts gegen die Hisbollah unternehmen kann, da diese autonom agiert. Es ist nicht das erste Mal, dass der gesamte Libanon dafür bezahlt“, so Haddad weiter. 

Heute versucht die überwältigende Mehrheit der Libanesen nur noch zu überleben. Dies gelingt vor allem dank der Hilfe von außen. Trotzdem gibt es stark verarmte Familien, die nicht genug zu essen haben. Die melkitische Diözese von Saida und Deir el-Qamar, die seit 2007 von Bischof Elie Béchara Haddad geleitet wird, zählte einst 80.000 Seelen und ist heute auf 40.000 geschrumpft. 

Die christlichen Dörfer östlich von Saida waren in den Jahren 1982 bis 1985 von drusischen Kämpfern und sunnitischen Milizen, die gegen die libanesischen Streitkräfte kämpften, im Zuge des Krieges zerstört worden, 1983 nach dem Rückzug der israelischen Armee ausbrach. In einigen Dörfern hatten die Auseinandersetzungen bereits mit dem israelischen Einmarsch in den Libanon am 6. Juni 1982 begonnen. 

„Unsere Diözese, die seither wieder aufgebaut worden war, ist erneut stark betroffen“, erklärt der Erzbischof von Saida. Die Gefahr geht von der Destabilisierung des Landes aus, die die Libanesen zur Auswanderung nach Kanada, in die USA, nach Australien, aber auch nach Frankreich, Belgien und in die Schweiz treibt. Die Christen machen nur noch ein Drittel der libanesischen Bevölkerung aus, und es wird mit einem weiteren Rückgang gerechnet. 

„Es sind die jungen Leute, die auswandern, aber auch ganze Familien. Zum Glück erhalten wir Hilfe von außen für unsere Schulen, Krankenhäuser, Gesundheitsstationen... Die Diaspora hilft uns, aber auch Organisationen wie Kirche in Not und das französische Œuvre d'Orient. Das stabilisiert die Lage, löst aber nicht das Problem, denn der Libanon ist äußeren Einmischungen ausgesetzt, die es ihm nicht erlauben, sein eigenes Schicksal zu bestimmen.“ 

Während viele christliche Familien in sicherere Gebiete geflohen sind, sind Priester und Ordensleute immer noch da, um diejenigen zu begleiten, die vor Ort geblieben sind, um sich um ihre Häuser zu kümmern, oder die zu alt oder zu gebrechlich sind, um umgesiedelt zu werden. ACN unterstützt in dieser Notsituation, indem die katholische Hilfsorganisation Lebensmittelpakete und medizinische Hilfe bereitstellt und christlichen Schülern in der Region den Zugang zu Online-Bildungsangeboten ermöglicht. 

Biografie: Bischof Elie Béchara Haddad wurde am 28. Januar 1960 in Ablah in der Bekaa-Ebene geboren. Er trat als junger Mann in das Kloster Saint-Sauveur des Basilianerordens vom Heiligsten Erlöser in Joun, in der Nähe von Saida, ein. Er wurde am 9. August 1986 zum Priester geweiht, nachdem er seine philosophischen und theologischen Studien an der Heilig-Geist-Universität in Kaslik (1980-1983) und an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom (1983-1985) abgeschlossen hatte. 

Er promovierte 1994 an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom in Kirchen- und Zivilrecht. Elie Béchara Haddad wurde am 11. Oktober 2006 vom Heiligen Synod der griechisch-katholischen melkitischen Kirche gewählt und am 24. März 2007 von Patriarch Gregor III. Laham zum Erzbischof von Saida und Deir el-Qamar geweiht.