Ein neuer Regens in Zaitzkofen: Ein Interview mit Pater Pascal Schreiber

Quelle: Distrikt Deutschland

Der Speisesaal des Priesterseminars in Zaitzkofen

Mitteilungsblatt: Pater Schreiber, Sie sind seit dem 15. August neuer Regens des Internationalen Priesterseminars Herz Jesu im bayerischen Zaitzkofen.

Den Schweizer Lesern des MB müssen Sie sich als ehemaliger Distriktoberer sicher nicht vorstellen, aber vielleicht können Sie für die vielen neuen Leser, die durch die Corona-Krise die Priesterbruderschaft St. Pius X. kennengelernt und das Mitteilungsblatt abonniert haben, ein paar kurze Sätze zu Ihrer Person sagen.

Regens Pater Pascal Schreiber: Geboren wurde ich 1972 und bin damit der erste Regens in Zaitzkofen, der jünger als die Priesterbruderschaft St. Pius X. ist, die ja dieses Jahr ihr fünfzigjähriges Jubiläum feiern durfte. Aufgewachsen bin ich im Fricktal; das ist ein katholischer Teil des Kantons Aargau in der Nordwestschweiz. Im Jahr 1992 bin ich in das Priesterseminar Herz Jesu eingetreten. Die letzten drei Jahre habe ich in unserem Mutterseminar St. Pius X. in Ecône im Wallis verbracht, wo ich 1998 zum Priester geweiht wurde. Vor Antritt meiner neuen Aufgabe in Zaitzkofen habe ich vier Jahre als Seelsorger im Kanton Freiburg arbeiten dürfen. Danach war ich zwölf Jahre an Schulen der Bruderschaft tätig, in Diestedde (D), in Mels (CH) und in Wil (CH). In den letzten sechs Jahren war ich zuerst zwei Jahre lang Ökonom und dann für vier Jahre Oberer des Schweizer Distrikts.

MB: Das Priesterseminar Herz Jesu im bayerischen Dorf Zaitzkofen, ca. 20 Kilometer südlich von Regensburg, ist seit 1978 eine Ausbildungsstätte des Priesternachwuchses der Bruderschaft. Vielleicht sollte man neuen Lesern des MB erklären, was ein Priesterseminar der Tradition überhaupt ist? Ist es eine Hochschule? Ist es ein Kloster? 

Pater Schreiber: Ein Priesterseminar ist beides. Einerseits spricht Msgr. Marcel Lefebvre, der Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X., im Seminarreglement von einem „quasi universitären Studium“, das in unseren Seminaren angeboten wird. Somit wäre das Element „Hochschule“ gegeben. Anderseits fällt es nicht schwer, im Tagesablauf des Priesterseminars viele Parallelen zu einem klösterlichen Leben zu finden.

Zwei Dinge möchte ich besonders hervorheben, die einem Priesterseminar klosterähnliche Züge verleihen. Zum einen ist es das Stillschweigen. Ich zitiere das Seminarreglement: „Das Stillschweigen muss bestimmend sein für die Atmosphäre im Seminar. Es ist dies die notwendige Bedingung für die Vereinigung mit Gott und die intellektuelle Arbeit. Man zeigt also gegenüber seinen Mitbrüdern eine große Liebe durch das Einhalten des Schweigens.“ Zum anderen lebt man im Seminar stark liturgisch orientiert: „Die Liturgie ist der Mittelpunkt im Leben des zukünftigen Priesters. Sie ist zugleich Quelle des übernatürlichen Lebens und wunderbare Erzieherin in der inneren und äußeren Haltung, die wir gegenüber Gott, der allerseligsten Jungfrau, den Engeln und Heiligen, den armen Seelen im Fegfeuer und dem Nächsten einnehmen sollen, unter besonderer Achtung jener, die an der Autorität Gottes teilhaben.“ Viele Leser des Mitteilungsblattes dürften während der Corona-Krise – leider nur virtuell im Livestream – aus Zaitzkofen ausgestrahlte feierliche Messen und Andachten mitverfolgt haben.

Vielleicht noch ein Wort zur Gewichtung von Studium und Frömmigkeit, von „Hochschule“ und „Kloster“: „Wenn auch die Heiligkeit der Priester von höherer Wichtigkeit ist als ihre Wissenschaft, so ist doch ein Mindestmaß an Wissen notwendig für den, der dazu berufen ist, Seelen zum Glauben und zur Wahrheit zu führen.“ Wiederum Worte unserer von Erzbischof Lefebvre verfassten Seminarordnung.

MB: Wie ist diese Idee des „tridentinischen“ Seminars in Zaitzkofen tatsächlich verwirklicht?

Pater Schreiber: Zuerst möchte ich für die Leser, die zum ersten Mal dem Begriff „tridentinisch“ begegnen, ein wenig ausholen. Zu Beginn des 16. Jh. hat die katholische Kirche durch den Einfluss Martin Luthers und anderer Reformatoren Millionen von Menschen an den Protestantismus verloren. Dieser Glaubensabfall war nur möglich, weil der Klerus und das kirchliche Leben sich damals in einem schlechten Zustand befanden. In der zweiten Hälfte des 16. Jh. kam es in der katholischen Kirche zu einer wahren Erneuerung, besonders durch das Konzil von Trient. Dieses legte Wert darauf, dass die Priester in Seminaren ausgebildet werden, wo ein gesundes Gleichgewicht zwischen Studium und Frömmigkeitsübungen herrscht.

Die Idee des „tridentinischen“ Seminars ist in Zaitzkofen verwirklicht, da Mgr. Lefebvre gerade dieses Ideal anstrebte, wie er in der Seminarordnung schreibt: „Das Reglement richtet sich nach den Traditionen der Kirche, insbesondere nach den Richtlinien des Konzils von Trient und der ratio fundamentalis [Ausbildungsvorgaben] der [vatikanischen] Kongregation für Seminare und Universitäten.“

MB: Ist diese Art der „geschlossenen“ Ausbildung noch zeitgemäß?

Pater Regens: Es gibt gewisse Prinzipien, die ändern sich nie, weil die menschliche Natur stets dieselbe bleibt. Natürlich ändern sich die Zeiten, aber viele Dinge bleiben doch gleich. Darum ist es auch im 21. Jahrhundert immer noch besser, die zukünftigen Priester in einem „geschlossenen“ Priesterseminar auszubilden als auf einer öffentlichen Universität, wo die Anwärter daneben ein relativ weltliches Leben führen können. Der zurückgezogene Rahmen der Ausbildung dient dem Aufbau eines geistlichen Fundaments, bevor man in die Welt hineinwirken kann. Priesterseminare sollen heiligmäßige, d.h. nach Heiligkeit und Tugend strebende Männer des Gebetes hervorbringen.

Die Seminaristen leben aber nicht sechs Jahre lang „abgeschlossen“. Sie verbringen ihre Semesterferien zu Hause und werden während der Sommermonate mindestens vier Wochen lang in die verschiedenen Formen der Seelsorge und des praktischen Apostolats eingeführt.

MB: Wie sieht so ein sechsjähriger Studiengang „Katholischer Priester“ in Zaitzkofen aus? Oder noch konkreter: Wie sieht der Tagesablauf eines Seminaristen aus?

Pater Schreiber: Der Studiengang der angehenden Priester dauert im Normalfall sechs Jahre: Er beginnt mit dem Spiritualitätsjahr, „in dessen Verlauf sich die Anwärter auf das Priestertum mit den Grundsätzen des inneren Lebens, des Lebens in der Gegenwart Gottes und in der Vereinigung mit Gott vertraut machen und sich die Grundkenntnisse für den geistlichen Stand, die Innerlichkeit usw. erwerben“. So wiederum das Seminarreglement.

Anschließend folgen fünf mehr studienorientierte Jahre, in denen „alles getan wird, damit die Seminaristen eine solide philosophische, theologische, dogmatische und moralische Bildung erwerben nach der lichten Lehre des hl. Thomas von Aquin, welche die Päpste und das Kirchliche Lehramt so oft empfohlen haben“.  

Zum Tagesablauf: Der Seminarist steht jeden Tag um 6 Uhr auf, am Sonntag darf er bis 6.30 Uhr „ausschlafen“. Er findet sich spätestens um 6.30 Uhr in der Kapelle ein für die Prim mit anschließender halbstündiger Betrachtung, um 7.15 Uhr folgt die Hl. Messe mit der Danksagung. Um 8.05 Uhr nimmt die Gemeinschaft schweigend das Frühstück ein, von 8.40 bis 12 Uhr folgen die Priesteranwärter dem Unterricht, gefolgt von der gemeinsam gebeteten Sext des Breviers um 12.15 Uhr und dem Mittagessen um 12.30 Uhr. Bis 14 Uhr ist ein Dienst an der Gemeinschaft zu erfüllen, z.B. Reinigungsarbeiten, oder freie Zeit. Der Nachmittag ist für das persönliche Studium bzw. für Sprachunterricht gedacht: Latein, Griechisch und Hebräisch. Um 18 Uhr gibt es theoretische oder praktische Übungen des Gregorianischen Chorales, um 18.30 Uhr wird der gemeinsame Rosenkranz gebetet, das Abendessen wird um 19 Uhr eingenommen. Anschließend ist freie Zeit, um 20.15 Uhr folgt ein geistlicher Vortrag und um 20.45 Uhr die gesungene Komplet. Der Seminarist geht spätestens um 22 Uhr ins Bett. Am Sonntag und Mittwoch gibt es freie Nachmittage, an denen die Studenten sich auch sportlich betätigen können, z.B. durch Fußballspiel oder eine Wanderung.

MB: In Zaitzkofen werden nicht nur Theologen ausgebildet, sondern auch Ordensbrüder der Priesterbruderschaft. Was ist der Unterschied?

Pater Schreiber: Der Unterschied besteht darin, welchen der beiden Wege sie einschlagen möchten. Es gibt aber auch Kandidaten, bei denen es sich erst mit der Zeit herausstellt, ob sie Priester oder Ordensbruder werden. Es geht auch hier – wie schon bei der Standeswahl eines jeden jungen Katholiken – darum, den Willen Gottes zu erkennen und dann zu befolgen.

Nun zu den Unterschieden: Die Ordensbrüder legen die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ab. Die Priester der Bruderschaft legen keine Gelübde ab, mit Ausnahme der lebenslangen Ehelosigkeit, die sie beim Empfang der Subdiakonatsweihe geloben. Selbstverständlich ist der Priester gehalten, im Geiste der Armut zu leben. Bei der hl. Priesterweihe verspricht er vor dem Bischof, den rechtmäßigen Oberen Gehorsam zu leisten. Als Haupttugend ist für den Priester in seiner Leitungsfunktion die Klugheit am wichtigsten, während für den Ordensbruder der Gehorsam im Vordergrund steht. Vom Bruderanwärter wird eine abgeschlossene Berufsausbildung verlangt. Er wird keinen Studiengang absolvieren, besucht aber den Unterricht in Spiritualität und Liturgik.

Auch wenn zwischen den beiden Berufungsarten Unterschiede bestehen, so ergänzen sie sich im Alltag auf wunderbare Weise. Ich zitiere aus der Brüderregel, die Erzbischof Lefebvre für unsere Ordensbrüder gegeben hat: „Die besondere Aufgabe der Brüder innerhalb der Bruderschaft liegt darin, den Priestern in ihrem vielschichtigen Amt zu helfen. Dieser Dienst besteht aber nicht darin, dass sie selbst priesterliche Funktionen übernehmen, sondern dass sie ihnen die apostolische Aufgabe in mannigfacher Weise erleichtern. Sei es, dass sie die Priester in materiellen Aufgaben entlasten […], sei es, dass sie sich mehr direkt dem Apostolat widmen […].“

MB: Man spricht bei Priestern von „Berufung“? Wie kann man eine solche Berufung feststellen? 

Pater Schreiber: Dem hl. Paulus wurde auf dem Weg nach Damaskus eine plötzliche und übernatürliche Erleuchtung von Seiten Gottes zuteil. Sie war verbunden mit einer solchen Gewissheit, dass ein Zweifel ausgeschlossen und eine Weigerung schwer sündhaft schien. Diese Art von Berufung tritt äußerst selten auf. Es wäre vermessen, darauf zu bauen, dass auch wir von Gott auf solch wunderbare Weise erleuchtet werden.

Im Normalfall fühlt sich der Jugendliche über einen längeren Zeitraum vom geistlichen Stand angezogen, wobei diese Anziehungskraft für eine Berufung nicht absolut notwendig ist. Der hl. Papst Pius X. äußerte sich ganz in dieser Richtung, indem er sagte, dass für die Berufung zum Priestertum nicht einmal eine fühlbare Hinneigung zu diesem Amte erforderlich sei.

Neben der Anziehung zum geistlichen Stand fühlt sich der Kandidat gedrängt, ganz dem Herrn anzugehören. Sein Herz ist zu groß für die Erde und sein Wille strebt nach Ganzhingabe. Sodann

besitzt der Jugendliche auch den sogenannten Seeleneifer. In seinem Herzen glüht das Verlangen, sich ganz für das Heil des Nächsten zu verzehren. Der Anblick der vielen Menschenseelen, die gerettet werden sollen, ruft in ihm das Mitleid hervor, ganz nach dem Beispiel Jesu: „Als er die Volksscharen sah, empfand er Mitleid mit ihnen. Denn sie waren abgehetzt und ganz verwahrlost, wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Mt 9,36).

Des Weiteren sind für eine Priesterberufung verschiedene Tugenden und natürliche Eigenschaften notwendig: Abitur oder Matura, gesunder Menschenverstand, solide und erprobte Keuschheit, männliche Frömmigkeit, psychische und emotionale Ausgeglichenheit, Großherzigkeit und Gelehrsamkeit, um die wichtigsten zu nennen.

MB: Was würden Sie einem jungen Mann raten, dem der Gedanke an das geistliche Amt gekommen ist? 

Pater Schreiber: Ich würde ihm drei Dinge ans Herz legen:

1. Er soll versuchen, ein intensives geistliches Leben zu führen: möglichst häufiger Messbesuch, regelmäßiger Sakramentenempfang, tägliche Betrachtung, Rosenkranz, Gewissenserforschung und dazu die Lektüre von geistlichen Schriftstellern.

2. Der junge Mann soll in engem Kontakt mit einem Priester bleiben, mit dem er die Höhen und Tiefen seines geistlichen Lebens bespricht und der ihn auf den Seminareintritt vorbereitet.

3. Der Besuch eines Exerzitienkurses ist sehr hilfreich. Während einer Woche hat man Zeit, um sich in der Stille und im Gebet mit Gott, dem Ziel des Menschen und den wesentlichen Dingen des Lebens zu beschäftigen.

Wird der Gedanke an das Seminar konkreter, soll der junge Mann für einige Tage zu Besuch nach Zaitzkofen kommen. Porta patet, magis cor. Die Tür steht offen, mehr noch das Herz.

Mitteilungsblatt: Was würden Sie Eltern raten, deren Kinder dem geistlichen Stand zugeneigt sind?

Pater Schreiber: Ich rate den Eltern, allen Kindern eine gute und katholische Erziehung zu schenken. Ich glaube nicht, dass man Kinder, die zum geistlichen Stand neigen, anders behandeln sollte als diejenigen, die keine Neigung verspüren, zumal man sich hierin leicht täuschen kann. Die Aufgabe der Eltern besteht darin, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Berufungen entfalten können; die Berufung selbst kommt von Gott.

In einer Gesellschaft, wo man Gott keinen Platz mehr einräumt, ist die Rolle der christlichen Familie wichtiger denn je. Eine gute christliche Familie zu bilden ist eine schwierige, aber gleichzeitig großartige Aufgabe, die reichen Gnadensegen mit sich bringt. Ich ermuntere die Eheleute, ihr Ja-Wort, wodurch sie sich im Ehesakrament verbunden haben, häufig zu erneuern und es auch im Alltag zu leben. Sie haben den schönen Auftrag, ihre Kinder zu einer tiefen und persönlichen Beziehung zu Gott zu führen und ihnen die Erhabenheit der Hl. Messe zu zeigen. Darum sollen sie bestrebt sein, für ihre Kinder gute katholische Schulen auszusuchen und darauf zu achten, sie vor einer der größten Gefahren der jetzigen Stunde zu bewahren: vor dem Weltgeist. Sie sollen sich deshalb nicht scheuen, in den Kindern den Geist der Opferbereitschaft zu wecken. Dann wird die Familie wirklich christlich sein.

Ich fasse zusammen: Die Eltern bereiten den Boden, das Samenkorn der Berufung kommt von Gott.

MB: Nicht wenige Priester in Deutschland sympathisieren mit der Bruderschaft. Trotzdem finden wenige Berufungen aus den heutigen modernen Pfarreien den Weg in die Bruderschaft. Gibt es so etwas wie eine „gläserne Wand“, die diese Berufenen daran hindert, in Zaitzkofen einzutreten?  

Pater Schreiber: Mir scheint es einen bedeutenden Unterschied bezüglich der Herkunft der Seminaristen zwischen Ecône und Zaitzkofen zu geben. In Frankreich stammt tatsächlich ein großer Teil unserer Seminaristen aus Familien, die ganz in der Bruderschaft aufgewachsen sind, die unsere Schulen besucht haben und nachher fast nahtlos ins Seminar eintreten. In Zaitzkofen ist nur ein kleiner Teil der Kandidaten diesen „klassischen“ Weg gegangen. Einige haben erst im Erwachsenenalter zur Bruderschaft, ja sogar zum Glauben gefunden. So gesehen kommen sie zuweilen sogar von noch weiter weg her als von den heutigen Diözesen. Jede Berufung ist heutzutage ein kleines Wunder, besonders dann, wenn es mehrere „Wände“ – sichtbare und unsichtbare – zu überwinden gilt.

MB: Bis 1988 gab es praktisch nur die Priesterbruderschaft, die eine Ausbildung nach dem alten Missale anbot. Mittlerweile gibt es eine große Zahl von „traditionell-katholischen“ Ausbildungsstätten. Was ist das „Besondere“ an Zaitzkofen?

Pater Schreiber: Zaitzkofen ist ein Seminar der Priesterbruderschaft St. Pius X., die seit der Gründung im Jahre 1970 bis auf den heutigen Tag eine Gratwanderung zwischen zwei Extremen gegangen ist: Auf der einen Seite der Sedisvakantismus, dessen Vertreter überzeugt sind, dass es aktuell keinen Papst gibt, und auf der anderen Seite ein halbherziger Konservatismus, der Kompromisse in Bezug auf die Neuerungen seit dem 2. Vatikanischen Konzil eingeht, z.B. dessen vollständige Gutheißung und die Akzeptanz der Neuen Messe als legitimen Ritus. – Wenn ich von Gratwanderung spreche, dann will ich durch dieses Bild zwei Dinge zum Ausdruck bringen. Erstens ist eine Gratwanderung heikel und braucht die ganze Aufmerksamkeit des Berggängers, um nicht auf der linken oder rechten Seite herunterzufallen. Zweitens strebt der Grat in die Höhe, von wo aus man die Umgebung am besten überblickt.

MB: Der Generalobere hat einen „Rosenkranzkreuzzug“ für die Berufungen ausgerufen. Ist die Situation so dramatisch?

Pater Schreiber: Ja und nein. Bevor ich auf die Situation der Berufungen in unseren Seelsorgebereichen zu sprechen komme, möchte ich kurz erwähnen, dass es beim Rosenkranzkreuzzug noch ein weiteres bedeutendes Anliegen gibt: Wir beten auch für die „bedingungslose Freiheit, die Heilige Messe öffentlich feiern und an ihr teilnehmen zu dürfen“, wie es im Text des Generaloberen heißt.

Unser Herr fordert uns auf, um Berufungen zu bitten: „Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seinen Weinberg sende“ (Mt 9,37). Der Generalobere wiederholt eigentlich nur die Einladung Jesu, von daher ist da nichts Dramatisches dabei. Die Aussage unseres Herrn bedeutet aber auch, dass, wenn das Gebet der Gläubigen fehlt, nicht alle Berufungen ihren Weg finden, sonst müsste man ja nicht in diesem Anliegen beten.

Nach dem hl. Pfarrer von Ars ist jede fünfte Person, nach dem hl. Don Bosco und Alphons von Liguori sogar jede dritte berufen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dem heute nicht mehr so ist. Folglich müssten schon rein statistisch aus unseren Messzentren mehr Berufungen hervorgehen. So gesehen hat die aktuelle Situation – auch bei uns – etwas Dramatisches an sich! Also: Auf die Knie und den Rosenkranz in die Hand!

MB: Danke für das Gespräch.