Distriktnotizen
Der Schweizer Distriktobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Pater Pascal Schreiber, veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen kurze Aufzeichnungen von seiner Arbeit und von Ereignissen im Schweizer Distrikt. Lesen Sie hier die „Distriktnotizen“ für die Monate Mai und Juni 2018.
So, 6. Mai
Kennen Sie Corjolens? Wahrscheinlich haben Sie noch nie davon gehört. Es handelt sich um eine kleine Siedlung in der Nähe von Fribourg. Hier besitzt Frau Rose-Marie Messer, eine Gläubige der Bruderschaft, ein Haus mit einem märchenhaften Garten. Fast die ganze Gemeinde von Granges-Paccot trifft sich auf dem Anwesen, um den 70. Geburtstag von Herrn Pater Mörgeli zu feiern. Mich freut besonders, dass der Anlass von der Generation des Jubilars selbst organisiert wird. Mit 70 Jahren gehört man zwar schon zu den routinierten AHV-Bezügern; alt und tatenlos ist man deswegen noch lange nicht, schon gar nicht Herr Pater Mörgeli! Sein inneres Feuer drängt ihn noch zu grossen Taten.
Di, 15. bis Sa, 19. Mai
Die anstehende kanonische Visitation ruft mich nach Wangs: Gespräche von morgens bis abends, längere mit den Priestern und Brüdern, kürzere mit den Angestellten. Diese Gespräche erlauben einen umfassenden Einblick in die Kommunität und in die Schule. Es sticht ins Auge, mit wie viel Herzblut hier am Fusse des Pizol gearbeitet wird.
Zwei Aktivitäten ermöglichen eine willkommene Abwechslung.
An einem Abend spiele ich zusammen mit den Schülern Unihockey. „Meine“ 3. Oberstufe verliert im Penaltyschiessen gegen die 2. Oberstufe. Wäre der Trainer den jüngeren Schülern nicht zu Hilfe geeilt, so hätten wir diese problemlos gebodigt! Nichtsdestotrotz: Herzliche Gratulation an die 2. Oberstufe für den Sieg an diesem Abend und noch mehr für den hervorragenden 5. Platz bei der Schweizermeisterschaft in Zofingen zwei Wochen später. Als Vertreter des Kantons St. Gallen scheitern sie im Viertelfinale am späteren Turniersieger Graubünden.
An einem anderen Abend steht eine Lichterprozession zu Ehren der Maienkönigin an. Sie führt beim Eindunkeln vom Institut zur Grotte, die vor gut 100 Jahren der bekannte Kräuterpfarrer Johann Künzle erbaut hat. Zu Zeiten des Kulturkampfes engagierte sich der Geistliche für die Erhaltung der katholischen Schulen in der Schweiz. Heute ist sein ehemaliges Kurhaus in Wangs unser Institut Sancta Maria! Möge die Patronin des Instituts über ihr Werk wachen!
Sa, 26. Mai
In kaum einer Kirche kann sich die Liturgie des Pontifikalamts so prächtig entfalten wie in der Dreifaltigkeitskirche von Wil. Bevor die feierliche Bischofsmesse beginnt, spendet unser Generaloberer zahlreichen Gläubigen das Sakrament der heiligen Firmung.
Zum Abschluss der Pfingstoktav wird heute das letzte Mal die Sequenz „Veni Sancte Spiritus“ gesungen. An ihrer Stelle stand im römischen Missale früher das „Sancti Spiritus adsit nobis gratia“, welches ganz in der Nähe von hier verfasst worden ist. Das Lied stammt nämlich aus der Feder des heiligen Notker, eines Mönchs von St. Gallen, der von 840 bis 912 lebte. Die Diözese St. Gallen verehrt seinen Heiligen in angemessener Weise, in dem sie seinen Gedenktag am 7. Mai als Zweitklassfest feiern lässt.
Hier die ersten Zeilen des „Sancti Spiritus adsit nobis gratia“ in deutscher Übersetzung:
„Des Heiligen Geistes Gnade sei mit uns.
Zu seiner Wohnstatt mach er unsere Herzen,
wenn alle Geisteslaster von hinnen sind verjagt.
Hehrer Geist, der Menschen Leuchte,
erhelle unseres Herzens tiefes Dunkel.
Du liebst von jeher schon verständnisvolles Denken,
drum giesse deine Salbung gnädig ein in unseren Geist.“
Sa, 2. Juni
Eigentlich müssten alle Gläubigen der Bruderschaft sich um die Mitgliedschaft des Dritten Ordens reissen! Zu diesem Schluss komme ich in meiner Predigt anlässlich des nationalen Treffens in Oensingen. (Leider hören diese Worte nur diejenigen, die dem Dritten Orden schon angehören bzw. das Treffen besuchen.)
Warum sollten sich die Gläubigen denn um die Mitgliedschaft reissen? Die Antwort findet sich in den Statuten: „Die Mitglieder des Dritten Ordens haben teil an den Gnaden der Priesterbruderschaft, die durch die Gebete und Verdienste ihrer Mitglieder erworben werden.“ Überspitzt formuliert heisst dies: Man erhält Gnaden ohne etwas zu tun! Na ja, so ganz einfach ist es natürlich nicht. Die Ordensangehörigen stimmen verschiedenen Verpflichtungen zu und leisten so ihren Beitrag zum Wohl der Priesterbruderschaft und für die Heiligung ihrer Mitglieder.
Zur innigen Freude aller Anwesenden legen vier Personen ihre Profess ab. Die Bedeutung der Profess kommt unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass für deren Ablegung der Tabernakel geöffnet wird. Den neuen Mitgliedern wird anschliessend eine Medaille des hl. Pius X. und ein Kruzifix überreicht.
So, 3. Juni
Liebe Gläubige der Kapelle St. Theresia in Basel, auf Ihre Fronleichnamsprozession dürfen Sie stolz sein! Zu drei würdigen und schön gelegenen Altären wird Christus auf einer abwechslungsreichen Strecke durch die anliegenden Quartiersträsschen und den Horburgpark getragen. Der König der Könige wird begleitet von einer ausgezeichneten Blaskapelle, hellwachen Ministranten und tief gesammelten Gläubigen in der Stadt, die selbst die „königliche“ genannt wird, kommt doch nach einer möglichen Lesart der lateinische Name Basels, Basilea, aus dem Griechischen und heisst „königlich“. Möge unsere Basler Fronleichnamsprozession stets königlich bleiben!
So, 10. Juni
Zwei Trümpfe begünstigen das Apostolat der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Lausanne: die Kapelle am Montolivet und die Schule Cours Notre-Dame-des-Champs. Des Weiteren wird die Gemeinde von einem Priester betreut, der sehr gut ins Milieu passt. Lausanne dürfte zudem die Gemeinde im Distrikt sein, die den höchsten Prozentsatz an Akademikern besitzt.
Das Pfarreifest beginnt mit dem Hochamt, gefolgt von einem Apéro und dem gemeinsamen Mittagessen. Am Nachmittag geben die Schüler von Cours Notre-Dame-des-Champs mehrere Theaterstücke zum Besten. Es herrscht eine frohe, familiäre Atmosphäre, eine Frucht des guten Zusammenhalts der Gläubigen.
Eine kleine Notiz am Rande: Bei den Messbesuchern stosse ich auf eine Person, die ein direkter Nachkomme vom hl. Niklaus von Flüe ist. Auch in anderen Kirchen (Wil, Zürich, Luzern und Oensingen) weiss ich von Gläubigen, die von unserem Nationalheiligen abstammen. – Wenn der hl. Bruder Klaus durch seine Fürbitte im Zweiten Weltkrieg den Einmarsch der deutschen Truppen in die Schweiz verhindern konnte, so wird er umso mehr dem einen oder anderen seiner direkten Nachkommen die Gnade erfleht haben, die Treue zum überlieferten katholischen Glauben in der heutigen Kirchenkrise zu bewahren.