Distriktnotizen

Der Schweizer Distriktobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Pater Pascal Schreiber, veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen kurze Aufzeichnungen von seiner Arbeit und von Ereignissen im Schweizer Distrikt. Lesen Sie heute die „Distriktnotizen“ für die Monate Mai und Juni 2017.
Sa, 13. Mai
Heute begehen wir den 100. Jahrestag der ersten Erscheinung Unserer Lieben Frau in Fatima. Wo kann man dieses Jubiläum besser feiern als am Institut Sancta Maria in Wangs, das früher sogar den Namen Fatima-Institut trug? Glücklicherweise fällt der 100. Gedenktag auf einen Samstag, so dass das Patronatsfest am Festtag selbst gehalten werden kann.
Am Vormittag wird das levitierte Hochamt mit anschliessender Erneuerung der Weihe der Schule an das Unbefleckte Herz Mariens gefeiert. Nach dem Apéro werden im Sternensaal 450 Mittagessen serviert, eine grosse Leistung durch das Küchenteam des Instituts! Die Buben übernehmen die Servierdienste, auch dies gehört zu einer gesamtheitlichen Formung! Nach der körperlichen Stärkung folgt das Nachmittagsprogramm mit vielen musikalischen Beiträgen und dem Theaterstück „König Midas“ als krönendem Abschluss.
Möge das Unbefleckte Herz Mariens das Institut immerdar schützen und aus der Schülerschar viele geistliche Berufungen und heilige Familienväter hervorgehen lassen!
Mo, 15. - Di, 16. und Mo, 29. - Di, 30. Mai
Im Monat Mai finden zwei zweitägige Priestertreffen statt: in Oberriet für die Deutschschweizer, in Enney für die Westschweizer. Im vergangenen Jahr haben wir uns mit Martin Luther und der Reformation beschäftigt. Dieses Jahr setzen wir uns mit der Antwort von katholischer Seite her auseinander, nämlich mit dem Konzil von Trient. Die referierenden Mitbrüder geben einen Abriss über die Konzilsgeschichte und analysieren die verschiedenen Dekrete. Wie sähe es heute in der Kirche aus, wenn wir 1962 - 1965 nicht ein 2. Vatikanisches Konzil, sondern ein 2. Konzil von Trient gehabt hätten?!
Sa, 20. Mai
Pater Köchli, Pater Biedermann und ich treffen uns in Schlieren. Seit einigen Jahren haben die Zürcher Gläubigen ein eigenes Gotteshaus, auf das sie stolz sein dürfen.
Wir beschäftigen uns mit Materiellem. Auch wenn die Infrastruktur schon einiges bietet, so gibt es doch noch Verbesserungsmöglichkeiten. Die Sakristei beispielsweise könnte noch praktischer und würdiger eingerichtet werden. Sodann gibt es ein Projekt für den Chorraum mit einem Steinaltar und Wandmalereien. Wenn eines Tages die Arbeiten vollendet sein werden, dann wird die Priesterbruderschaft St. Pius X. in der Schweizer Wirtschaftsmetropole eine Kapelle besitzen, die sich sehen lassen kann.
Mo, 22. Mai
Die Angestellten und freiwilligen Helfer des Brockenhauses La Vie kommen in den Genuss einer Schifffahrt auf dem Genfersee. Ich muss wohl nicht speziell erwähnen, dass sie es auch verdient haben! Beim anschliessenden Picknick am Ufer lese ich – unter Wahrung der Anonymität – aus einigen Dankesschreiben vor. Der Reingewinn des Brockenhauses wird nämlich nicht an irgendwelche Aktionäre ausbezahlt, auch werden damit nicht Greenpeace-Aktionen im Südpazifik finanziert, sondern das Geld kommt zu einem wichtigen Teil bedürftigen Familien im Distrikt zugute. Einige Dankeskärtchen sind rührend. So steht beispielsweise in einem geschrieben: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie viel Arbeit gemacht werden muss, bis am Schluss 1000 Franken als Überschuss in der Kasse sind. Dahinter stecken viele, viele Stunden Arbeit, die zuerst getan werden müssen.“ Solche Worte der Wertschätzung sind Balsam für die Seele der Mitarbeiter.
Di, 23. - Sa, 27. Mai
Es gibt Menschen, da macht man sich keine grosse Sorge um ihr Seelenheil, wenn sie zu Grabe getragen werden, denn sie haben ein gutes Leben hinter sich. So geht es mir bei Herrn Otto Gächter. Diese treue Seele war jahrelang als Sakristan im Priorat St. Karl Borromäus tätig. Während der kanonischen Visitation von Oberriet findet sein Begräbnis statt. Der Verstorbene liegt friedlich im Sarg, seinem Wunsche gemäss mit dem Mantel der Marienritter bekleidet. Herr, gib ihm die ewige Ruhe!
An Christi Himmelfahrt feiert das Priorat das 10-jährige Jubiläum der Kirchweihe. Warum steht in Oberriet eine Kirche, warum gibt es ein Priorat, warum eine Primarschule? Der liturgische Tag gibt die Antwort. Wir wollen in den Himmel, und die genannten Mittel bringen uns dorthin!
So, 28. Mai
Die Kapelle „Maria, Hilfe der Christen“ in Goldau gibt es nun schon seit 25 Jahren. Die Gläubigen der Innerschweiz haben die Ehre, zum Jubiläum den Generaloberen der Bruderschaft zu empfangen. Mgr. Bernard Fellay singt das Festhochamt und dankt – in Vereinigung mit den Gläubigen – dem lieben Gott für die während dieser Zeit erhaltenen Gnaden.
Am gleichen Tag, aber 70 Kilometer entfernt, halten die Basler Gläubigen den sogenannten „Frühlingsanlass“ ab. Dieser führt sie zu einer Waldhütte im Fricktal, das zum grossen Einzugsgebiet der Kapelle am Schliengerweg 33 gehört. Die Umgebung des abgeschiedenen Ortes setzt der Phantasie der Kinder keine Grenzen. Die Kleinen vergnügen sich mit allerlei Spielen den ganzen Nachmittag lang im Wald.
So, 11. - Do, 15. Juni
Die kanonische Visitation des Priorates Enney lässt mich fünf Tage lang Freiburger Luft schnuppern.
Den Auftakt macht das Pfarreifest von Granges-Paccot. Die Gläubigen der zweisprachigen Gemeinde verbringen ein paar gemeinsame Stunden in gemütlicher Runde und bei feinstem Grillduft. Während die Erwachsenen bis zum Ende ernsthafte Gespräche führen, kommt es bei den Kindern am Schluss zur obligaten Wasserschlacht. Niemand kann es den Kleinen verübeln, dass sie sich bei den heissen Temperaturen eine willkommene Abkühlung verschaffen.
Wer heutzutage als katholischer Familienvater leben will, hat gleich mehrere Herausforderungen zu bestehen (ähnliches gilt natürlich auch für die Mütter)! Er braucht ein gehöriges Mass an Klugheit und Stärke, um seine Familie unbeschadet durch eine unchristliche Zeit zu führen. Sodann muss er in einer Arbeitswelt, wo Ellbogen eine wichtige Rolle spielen, sein Geld verdienen. Das Einkommen benötigt er nicht nur, um für den Unterhalt der Familie zu sorgen, sondern er muss auch das Schulgeld für die Kinder aufbringen. Vor Jahren bin ich einem Familienvater begegnet, der mich stark beeindruckte. Um seinen Kindern eine katholische Schule zu ermöglichen, hatte dieser Mann nicht nur eine Arbeitsstelle, sondern deren zwei! Von drei Uhr bis halb sieben Uhr morgens arbeitete er auf der Post, dann begann seine „normale“ Berufstätigkeit. Ich spreche von Herrn Marius Vonlanthen, der am Tag vor Fronleichnam in Bulle zu Grabe getragen wird. Es ist sein Priestersohn, der das Requiem singt und das Begräbnis vornimmt.
„Herrgottstag“ nennen die Jauner das Fronleichnamsfest. Nicht nur sie, sondern auch viele Greyerzer, die Gläubigen von Granges-Paccot, ein paar Waadtländer und eine schöne Delegation aus dem Wallis „pilgern“ nach Enney, um am Festgottesdienst und an der Prozession teilzunehmen. Ein herzliches Vergelt’s Gott an Bruder Antoine Marie und seine Helfer, wie auch an die Blumenfrauen, für die grossartige Arbeit zu Ehren des eucharistischen Herrn!
So, 18. Juni
In Delsberg besuchen viele Jugendliche die Sonntagsmesse, darum wende ich mich in der Predigt besonders an sie. Ich fordere sie auf, den täglichen Rosenkranz für die anderen Jugendlichen zu beten, damit alle dem Glauben treu bleiben und während der schwierigen Jugendjahre keine Federn lassen.
Fast alle Gläubigen nehmen im Anschluss an den Gottesdienst an der „weltlichen“ Feier teil. Der grosse Zusammenhalt der Delsberger Gemeinde der Priesterbruderschaft St. Pius X. sticht ins Auge. Das Programm ist abwechslungsreich, der Nachmittag vergeht wie im Fluge. Wir spielen eine Runde Lotto nach der anderen. Links und rechts werden Preise gewonnen. Das Resultat? Einige gehen mit volleren Händen nach Hause, als sie gekommen sind…
Wenn ich in ein paar Jahren an den 18. Juni 2017 zurückdenke, dann werde ich mich auch an die Abstimmung erinnern, die heute in Moutier stattfindet. Die Bewohner dieser Stadt entscheiden an der Urne, ob sie beim Kanton Bern bleiben oder neu zum Kanton Jura stossen. Die Abstimmung wird im Rest der Schweiz wenig beachtet, noch weniger ruft sie Emotionen hervor. Anders im Kanton Jura, aus verständlichen Gründen. Als am späten Nachmittag im Saal das knappe Ergebnis zugunsten eines Kantonswechsel verkündet wird, wird sofort klar, dass man sich nicht auf Berner Boden befindet… – Wenn wir uns alle so sehr um die Rettung unserer Seele bemühen, wie sich in Moutier die eifrigsten Verfechter für einen Kantonsübertritt eingesetzt haben, dann steuern wir sicher dem Hafen der ewigen Heimat zu!
Mo, 19. - Di, 20. Juni
Aus Anlass des 600. Geburtstags unseres Nationalheiligen führt der zweitägige Priesterausflug ins Flüeli. Für die Aktivitäten gibt es mehrere Gruppen, die der unterschiedlichen Physis der Mitbrüder entsprechen. Die einen spazieren auf einem Panoramaweg, andere erklimmen den Wandelen und überschreiten den Arnigrat, wieder andere besuchen die schönen Kirchen am Sarnersee. Gemeinsam besuchen wir das Grab des heiligen Niklaus von Flüe und beten den Rosenkranz in der oberen Ranftkapelle.
Sa, 24. Juni
Es gibt keinen freien Platz in der Kirche St. Josef von Luzern. Die Verwandten und Bekannten der 25 Firmlinge füllen das Gotteshaus und freuen sich mit denen, die heute das Sakrament der Fülle der Gnade erhalten. Der Kirchenchor singt eine polyphone Messe. In der Predigt geht Mgr. Alfonso de Galarreta auf den Tagesheiligen Johannes den Täufer ein. Der Vorläufer Jesu legte Zeugnis für Christus und für den Glauben ab. Er starb schliesslich als Märtyrer, weil er die wahre Lehre über die Ehe verkündete. Der Begriff „Märtyrer“ kommt aus dem Griechischen und heisst „Zeuge“. Die Firmlinge sollen in der Nachfolge des heiligen Johannes des Täufers Zeugnis für den wahren Glauben ablegen. Dafür werden sie durch die Handauflegung des Bischofs und durch die Salbung der Stirn mit dem hl. Chrisam gestärkt.
Eine kleine Begebenheit möchte ich erwähnen, die wahrscheinlich keinem der Gläubigen aufgefallen ist: Zwischen der Firmung und dem Pontifikalamt will der Bischof die Pontifikalhandschuhe anziehen. Diese sind neu. Der Bischof bemerkt, dass das Anziehen nicht klappt, da die beiden Handschuhe noch aneinandergenäht sind. Pater Thomas Suter, der Zeremoniar, erfasst blitzschnell die Situation, greift in seine Soutanentasche, nimmt ein Schweizer Taschenmesser hervor und trennt die beiden Handschuhe mit einem präzisen Schnitt. „Ä rächtä Bueb hett es Mässer im Sack!“, sagen wir Schweizer.