Bibel von Moutier-Grandval wird im Schweizer Jura ausgestellt

Die Bibel von Moutier-Grandval
Die Bibel von Münster-Granfelden (französisch: Moutier-Grandval), ein mittelalterliches Meisterwerk, das in der British Library in London aufbewahrt wird, kehrt für drei Monate in die Schweiz zurück, und zwar ins Jurassische Kunst- und Geschichtsmuseum in Delsberg (französisch: Delémont). Anlässlich der Ausstellung „Auf den Spuren eines Meisterwerks: Die Bibel von Moutier-Grandval“ wird sie bis zum 8. Juni 2025 der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Bibel von Moutier-Grandval wurde zwischen 820 und 843 unter der Herrschaft von Ludwig dem Frommen, Sohn von Karl dem Großen, von den Mönchen der Abtei Saint-Martin de Tours in Frankreich geschrieben und mit Illustrationen verziert. Sie ist eine der bedeutendsten erhaltenen Bibeln, von denen schätzungsweise hundert Exemplare in fünfzig Jahren hergestellt wurden.
Die Mönche von Tours arbeiteten noch nach den Anweisungen ihres Abtes Alcuin, der unter Karl dem Großen (742-814) die Bibeltexte in ihrer Gesamtheit wiederhergestellt hatte. Der um 730 in York, Irland, geborene Alcuin war aufgrund seiner tiefen Gelehrsamkeit und seines Eifers für die Einheit der Lehre ein unermüdlicher Verfechter des katholischen Glaubens.
Sein Ruf auf diesem Gebiet war so groß, dass Karl der Große ihm die schwierige Aufgabe übertrug, den durch unzählige handschriftliche Abschriften stark verfälschten Text der Vulgata zu überarbeiten. Er führte eine umfangreiche Vergleichsarbeit anhand einer Reihe von Manuskripten aus dem Skriptorium der Abtei Saint-Martin durch, die dazu beitrugen, die früheren, fehlerhaften Versionen der Vulgata nach und nach zu beseitigen.
Alkuin legte großen Wert auf eine sorgfältige Kalligraphie und Interpunktion, die bis dahin in der gängigsten Schriftart, der Kursivschrift, fast völlig vernachlässigt worden war. Er hatte erkannt, dass diese schnelle Schrift mit ihren schlecht getrennten Buchstaben und ihrem unübersichtlichen Aussehen für viele Übertragungsfehler verantwortlich war. Deshalb führte er in seiner Werkstatt eine neu entwickelte Schriftart ein, die karolingische Minuskel [auch Carolina, d. Red.].
Der Abt von Saint-Martin de Tours hatte auch andere Normen festgelegt: Alle Bücher der Bibel mussten in einem einzigen Band enthalten sein, der aus 450 großformatigen Pergamentblättern, also 900 Seiten, bestand und in gut lesbarer Carolina geschrieben war.
Diese neuen Schriftzeichen waren elegant, abgerundet und auf vier Buchstabenhöhen verteilt. Die Zeichen waren miteinander verbunden und die Wörter getrennt, Abkürzungen gab es selten und die Zeichensetzung war sehr klar. Sie ermöglichten ein leichtes Lesen und sparten durch ihre effiziente Größe Pergament.
Das Manuskript hat seinen Namen vom Kloster Münster-Granfelden (französisch: Moutier-Grandval) im Kanton Bern in der Schweiz. Die Abtei Münster-Granfelden wurde Mitte des 7. Jahrhunderts von dem heiligen Valbert, Abt der Abtei Saint-Pierre et Saint-Paul in Luxeuil (Franche-Comté), gegründet, die wiederum 590 vom heiligen Columban gegründet worden war.
Über die frühe Geschichte dieser Bibel gibt es nur wenige Hinweise, aber es ist möglich, dass sie von Anfang an in Münster-Granfelden war, da das Skriptorium von Tours regelmäßig Handschriften für andere Stiftungen anfertigte.
Sie blieb bis zur Reformation in Münster. Da Münster inzwischen protestantisch geworden war, verließen die Kanoniker, die Erben der Mönche, 1534 den Ort, nahmen die Bibel mit und ließen sich in der Nachbarstadt Delsberg nieder. Als zweieinhalb Jahrhunderte später, im Jahr 1792, die Kanoniker durch die Französische Revolution vertrieben wurden, ging die Bibel in ihrem Kapitelsaal in Delsberg „verloren“. Im Jahr 1821 entdeckten Kinder zufällig das Werk, das schließlich 1836 an den englischen Hof verkauft wurde.
Die Bibel von Moutier-Grandval (Münster-Granfelden) ist 53 Zentimeter hoch und 40 Zentimeter breit. Der Einband ist mit vergoldeten Kupferbeschlägen verziert. Der lateinische Text, der von vierundzwanzig Kopisten in karolingischer Minuskel geschrieben wurde, ist auch heute noch gut lesbar. Er umfasst 449 Blätter aus relativ dünnem Pergament, also insgesamt 898 Seiten. Die verschiedenen Bücher, aus denen die Bibel besteht, werden meist durch ein Vorwort des Heiligen Hieronymus eingeleitet, außerdem enthält sie Gedichte von Alkuin.
(Quellen: cath.ch/mjah/rhef/DICI n°454 – FSSPX.Actualités)
Illustration: Daderot, CC0, via Wikimedia Commons