Bedingungslose Verbundenheit mit dem Vikar Christi
In einem 1975 gehaltenen Vortrag, einige Wochen nach der ungerechten Aufhebung der Priesterbruderschaft St. Pius X., spricht Mgr. Lefebvre von einer „neuen Kirche“:
„Sicherlich hat es ab dem Vatikanum II einen Bruch gegeben. Ein neuer Geist, eine Reform, eine neue Kirche, eine liberale Kirche, eine reformierte Kirche, ähnlich der reformierten Kirche Luthers, ist eigentlich in die katholische Kirche eingedrungen. Es ist nicht mehr die katholische Kirche.“
Beim Lesen dieser wenigen Zeilen, aus dem Zusammenhang der Konferenz herausgenommen, kann man sich fast fragen, ob der Papst nun das Oberhaupt einer unabhängigen Konzilskirche wäre. Wenn jedoch der Gründer der FSSPX von einer „neuen Kirche“ spricht, so geschieht das nur, um von der konziliaren Tendenz zu sprechen, die wie eine Art Fremdkörper ins Innere der katholischen Kirche eingedrungen ist.
Auf keinerlei Art und Weise kann hiermit die Tatsache, dass der Papst das Oberhaupt der universellen Kirche ist, in Frage gestellt werden. Übrigens zitiert der Erzbischof im selben Vortrag ein paar Sekunden später einen Brief, den er soeben an das Kirchenoberhaupt geschrieben hat.
Es handelt sich – zu dieser Zeit – um Paul VI., den Papst, der die neue Messe promulgiert und der dem Werk der Bruderschaft die kanonische Anerkennung weggenommen hat. Paul VI. hat die Schismatiker freigesprochen, die Häretiker ermutigt, die Liturgie verwüstet.
Trotz dieser furchtbaren Umstände und inmitten des Sturmes stellt Mgr. Lefebvre einen wahren Katholiken mit einer unerschütterlichen Anhänglichkeit an Rom dar. Er lässt sich nicht von der Bitterkeit ergreifen. Er bekräftigt diesen Glauben, welcher, wenn auch hart geprüft in den aktuellen Zeiten, wie er sagt, die „Seele des Katholizismus“ ist:
„Ich möchte Ihnen die Antwort, die ich dem Heiligen Vater gegeben habe, vorlesen, damit Sie wissen, was ich in diesen vergangenen Tagen als Antwort auf die beiden an mich gerichteten Briefe des Heiligen Vaters geschrieben habe. Ich hielt es für richtig, dem Heiligen Vater öffentlich zu antworten; ich tat es aber nicht, denn ich gebe zu, dass ich Hemmungen hatte, dem Heiligen Vater einen offenen Brief zu schreiben; das hätte ein wenig den Eindruck hinterlassen, als stellte ich mich auf die gleiche Stufe wie er. Doch das widerstrebt mir, ich habe zu große Ehrfurcht vor der Rolle des Nachfolgers Petri, um den öffentlichen Eindruck zu hinterlassen, ich befände mich auf gleicher Ebene wie der Papst, also schrieb ich doch keinen offenen Brief. Das habe ich dem Heiligen Vater übrigens gleich in den ersten Zeilen des Briefs mitgeteilt:
Heiliger Vater, wenn sich meine Antwort auf den Brief Eurer Heiligkeit etwas verspätet hat, dann deswegen, weil es mir widerstrebte, daraus einen öffentlichen Akt zu machen, der darauf hätte schließen lassen könne, dass ich die Anmaßung besäße, den Nachfolgern Petri auf Augenhöhe zu begegnen. Mir ist es ein Anliegen, auf Anraten der Nuntiatur, Eurer Heiligkeit einige Zeilen zu schreiben, um ihm meine uneingeschränkte Verbundenheit zum Heiligen Stuhl und zum Vikar Christi auszudrücken. Ich bedauere es ausdrücklich, dass meine Gesinnung in diesem Zusammenhang angezweifelt und dass einige meiner Aussagen falsch ausgelegt werden konnten. Jesus Christus hat seinem Vikar die Aufgabe anvertraut, seine Brüder im Glauben zu bestätigen, und dass er darüber wachen solle, dass jeder Bischof den Glaubensschatz treu bewache gemäß den Worten des heiligen Paulus an Timotheus. Die Überzeugung, die mich führt und schon immer geführt hat, in meinem priesterlichen und apostolischen Leben, dieser Glaube, den ich mit Hilfe Gottes versuche, an die Jugend weiterzugeben, die sich auf das Priestertum vorbereitet, ist die Seele des Katholizismus, so wie es das Evangelium verkündet: „Auf diesen Fels baue ich meine Kirche.“