Altarkonsekration in Schlieren ZH

Quelle: Distrikt Schweiz

„Introibo ad Altare Dei“

„Alles Schöne in der Welt ist nur deshalb entstanden, weil jemand mehr tat, als er tun musste.“ Daran muss ich denken, als ich um die Ecke biege und einem unserer Gläubigen zuwinke, der gerade dabei ist, die Umfriedung überall mit frischen Blümchen zu bepflanzen. Am Sonntag wird es so weit sein: unser neuer Altar wird konsekriert! Über diesem hängt das neue Kruzifix, das unsern Heiland nicht mit einer Dornenkrone zeigt, sondern mit einer goldenen – für den König der Könige. Auch zwei neue Wandgemälde zieren unsere Christkönigskapelle: Links steht Jesus vor Pilatus: „Ja, ich bin ein König!“ Rechts ist die Christkönigsenzyklika dargestellt.

Gäbe es die letzte Minute nicht, so würde niemals etwas fertig

Bruder Franz, der Sakristan, muss weit über 200 verschiedene Dinge zusammensuchen, die es heute und morgen braucht: Siegelwachs, ein goldenes Gefäß für das Entsühnungswasser, Maurerkellen und Zement, Pergament und dokumentenechte Tinte, diverse Texttäfelchen mit Sonder-Orationen, ganz zu schweigen von den Akolythenkerzen, die nicht tropfen. Ihm sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt! Ebenso auch Pater Köchli, der sorgfältig alle liturgischen Belange vorbereitet und auch für die Gläubigen Büchlein erstellt hat, damit sie die reichen Texte mitverfolgen können. Er leitet die Zeremonienprobe. Die Ministranten lernen schnell. Das müssen sie auch, denn der Zeremoniar ist nicht wenig anspruchsvoll: „Noch ein kleines bisschen weiter nach rechts!“

„Kommen Sie ruhig ein bisschen näher“

Als Bischof Fellay am Vorabend der Altarweihe ankommt, inspiziert er gleich einmal den Altar und das Reliquiengrab in der Altarmensa, ob alles passt und die minutiösen liturgischen Vorschriften eingehalten wurden. Natürlich wurden sie. Dann schreitet er zur Weihe des Gregorianischen Wassers. Sie findet im Foyer unseres Kapellengebäudes statt. Auf die Aufforderung des Würdenträgers bildet sich ein Halbkreis: „Kommen Sie ruhig ein bisschen näher.“ Der Bischof erklärt für die Gläubigen liebevoll jeden einzelnen Schritt: was er jetzt tut und was das bedeutet. Es werden die Altartücher gesegnet, die Reliquienkapsel wird mit den Reliquien der heiligen Jucundinus († 270), Simplicius († 159) und des heiligen Papstes Pius X. befüllt. Danach wird alles mit Metallfaden kreuzweise verschnürt und der Knoten versiegelt. Die vorbereitenden Segnungen werden abgeschlossen mit der Matutin, die zu Ehren der heiligen Martyrer rezitiert wird.

Wenn große Stunden anbrechen, baut man zuerst Altäre

Am nächsten Tag erwartet uns herrlichstes Frühlingswetter. Die Zeremonie beginnt mit der gesungenen Allerheiligenlitanei: „Dass Du diesen Altar segnen, heiligen und weihen wollest …“ Nach der Entsühnung des Altares folgt die Predigt: „Alle seine Schätze, alles, was er ist, das will er uns schenken. Wir verstehen nicht genügend, wie weit das geht.“

Die Ausführungen des Bischofs, aber auch alle Riten, Gesten und Gebete, die wir heute miterleben dürfen, weisen mit höchster Ehrfurcht ganz hinauf zu Gott, dem auf diesem Altar das heilige Opfer dargebracht wird. Diese unbedingte vertikale Ausrichtung ist gar nicht mehr so selbstverständlich in Zeiten, wo überall alles innerweltlich auf den Menschen hingeordnet wird. Kürzlich hat ein Bischof der Amtskirche in Österreich für den Novus Ordo einen Altar konsekriert und glaubte, seine Schäfchen für die Erhabenheit des Geschehens disponieren zu sollen mit den Worten: „Hier blüht das Leben auf, hier erfahre ich Trittsicherheit für mein Leben. Hier an diesem Tisch wird mir etwas zugesagt, was ich sonst nirgends habe. Man kann nicht immer glücklich sein, aber ich kann Ihnen zusagen, Ihr Leben glückt!“ – Also, das wäre mir jetzt zu flach, zu unverbindlich. Als Noah aus der Arche stieg, baute er als Erstes einen Altar, um dem Herrn zu opfern. Er baute eben keinen Tisch, sondern einen Altar! Das ist etwas ganz anderes. Und Abraham baute auch einen Altar; Josue, Gideon, Samuel, Elias, sie alle bauten einen Altar, um Gott ein Opfer darzubringen. Und nicht, „damit ihr Leben glückt …“ Wenn große Stunden anbrechen, baut man immer zuerst Altäre.

In einer Prozession werden sodann die Reliquien abgeholt und in den Kapellenraum übertragen „Ziehet ein, ihr Heiligen Gottes. Eine Wohnstatt ist euch bereitet vom Herrn.“ Dieser begleitende liturgische Gesang erinnert an das Versprechen Jesu: „Ich gehe hin, euch eine Wohnung zu bereiten.“

Der Maurer hat Zement angemischt und kommt in Frack und Fliege, um das Reliquiengrab fachgerecht für immer zu verschließen. Seine Kunst besteht darin, dass die kleine Marmorplatte, von der die Reliquienkapsel überdeckt wird, am Schluss weder aus der Altarplatte herausschaut noch in diese versenkt ist. Sonst würde später der Kelch mit dem Kostbaren Blut wackeln, wenn er draufsteht.

Nun werden die fünf Kreuze der Altarplatte und dazu fünf Stellen, an denen die Mensa mit dem Unterbau verbunden ist, mit dem heiligen Chrisam gesalbt. Der Altar versinnbildlicht Christus und der Name „Christus“ bedeutet ja: „der Gesalbte“. Jetzt ist auch unser Altar ein Gesalbter.

Wie sehnt es mich, dass es brenne …

Es folgt das feierliche Weihrauchopfer. Auf den Knien wird zuerst der Heilige Geist herabgerufen. Dann werden drei große Tassen voll Weihrauch, die gestern eigens dafür gesegnet wurden, auf die in der Altarmensa eingelassenen Kreuze gestreut und mit Dochten in Kreuzesform entzündet. „Die Wolke des Räucherwerkes stieg vor das Angesicht Gottes“, singt die Schola dazu. Genau während der Altar „brennt“ und der Weihrauch als „Fumus aromatum“ reichlich zum Himmel steigt, ertönen von draußen die Signalhörner von mindestens vier Feuerwehrautos. Man könnte meinen, sie hätten den ganzen Tag auf diesen Augenblick gewartet. „Zum Glück ist’s nicht bei uns …“

In jedem Hochamt betet der Priester: „Dieser Weihrauch, von Dir gesegnet, steige hinauf zu Dir, o Herr, und es steige herab zu uns Dein Erbarmen.“ Und zwar in dieser Reihenfolge: hinauf und herab! Genau das verwirklicht sich hier: der Weihrauch steigt auf und dann, wenn er abgekühlt ist, sinkt er – als gesegnetes Sakramentale – tatsächlich wieder auf uns herab. Unwillkürlich ist man erinnert an das, was Jesus einmal zu Nathanael sagte, denn es ereignet sich eben jetzt vor unseren Augen: „Ihr werdet den Himmel offen und die Engel hoch und nieder steigen sehen.“

Beim anschließenden Aperitif sagt mir eine Gläubige noch ganz erfüllt: „Dass ich das noch erleben darf!“ Dieser Gnadentag wirkt noch lange in uns allen nach. Ein anderer Kirchgänger stellt fest: „Wir Katholiken wissen gar nicht, was die Kirche für Schätze besitzt!“ Nach diesem Erlebnis erfassen wir auf eine nur schwer mitteilbare Weise besser, was wir meinen, wenn wir beten: „Zum Altare Gottes will ich treten, zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf.“