26 Jahre im kommunistischen Lager
Pater Daniel Couture über die Glaubenszeugin Rose Hu (+2012)
Rose Hu wurde am 4. mai 1933 in Shanghai als achtes von neun Kindern geboren. Sie fand zum katholischen Glauben und wurde am 17. April 1949 getauft, nur sechs Monate bevor China offiziell kommunistisch wurde. Nach ihrer Verhaftung im Jahr 1951 verbrachte Rose die nächsten 26 Jahre (!) in chinesischen Konzentrationslagern unter Mao Tse-Tung. Nach ihrer Freilassung im Jahr 1982 konnte sie ihre Geschichte in ihren eigenen Worten erzählen.
Sie berichtet von den Leiden der Katholiken in einem chinesischen Arbeitslager während der Verfolgungen durch die Kommunisten in den 1950er Jahren. Ihre Geschichte wird von Pater Daniel Couture FSSPX, ihrem Beichtvater, sehr empfohlen.
Pater Daniel Couture ist Kanadier und wurde 1984 von Erzbischof Marcel Lefebvre zum katholischen Priester geweiht.
Mitteilungsblatt: Pater Couture, vor kurzem ist im Sarto-Verlag die Übersetzung des Buches Mit Christus im chinesischen Straflager von Rose Hu erschienen. Als junge Konvertitin musste Rose Hu 26 Jahre lang in einem chinesischen Arbeits- und Umerziehungslager leiden. Davon spricht sie in dieser neuen Publikation. Warum sollte man den Schmerz auf sich nehmen, dieses Buch zu lesen?
Pater Daniel Couture: Wir alle benötigen die Vorbilder von in der ein oder anderen Weise herausragenden Menschen. Die Geschichte von Rose Hu ist die einer tugendhaften Heldin, wie wir sie auch in Heiligenleben finden, die man mit ähnlichem Gewinn liest. Sie hat das Evangelium verstanden und in die Praxis umgesetzt. Das Jesuswort: „Seid vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist“ ist deshalb das Losungswort für alle heutigen Christen! Rose beweist es uns. In unserer vom Naturalismus und Liberalismus durchdrungenen Welt macht es Mut, eine junge Frau von 20 Jahren zu sehen, die bereit ist, ihr Leben zu opfern, um die Sünde zu meiden und den Himmel zu gewinnen.
MB: Können Sie in wenigen Worten die Geschichte der Rose Hu zusammenfassen?
Pater Daniel Couture: Ein bürgerliches Mädchen vom Lande, das mit 17 Jahren nach ihrer Konversion zum Katholizismus getauft wird, nimmt das Kreuz Christi auf sich und leidet 26 Jahre um seinetwillen. Bei ihrer verhaftung war sie damals 20 Jahre alt. Eingesperrt in einem Umerziehungslager der Kommunisten unter Mao, verweigert sie es, ihren Glauben zu leugnen trotz Gehirnwäsche, Folter und ungezählten anderen Verfolgungen. Als sie endlich befreit wird nach dieser Jugend im „laogai“ [„Reform durch Arbeit“ – Name der Arbeitslager] in China, emigriert sie 1989 in die USA. Dort trifft sie neuerlich auf eine Revolution: diejenige, die in der Zwischenzeit über die Kirche hereingebrochen ist… Sie entdeckt im Jahr 2000 die überlieferte hl. Messe, tritt 2003 dem Dritten Orden der Priesterbruderschaft St. Pius X. bei und verlässt am 13. Oktober 2012 die irdische Welt, um in den Himmel zu kommen.
MB: In der originalen englischen Version des Buches heißt der Titel „Freude im Leiden“ – warum?
Pater Daniel Couture: Die Originalversion ist nicht die englische, sondern die chinesische, die diesen Titel trägt.
Rose hätte auch einen anderen Titel finden können, der das ausdrückt, was sie erlebt hat, etwa „Die Freude im Mysterium des Kreuzes“ oder besser vielleicht noch „Ich habe die Weisheit des Kreuzes begriffen“. Mit diesem Titel zeigt uns Rose, wie wir auch heute noch den Seligpreisungen, insbesondere der achte, entsprechend leben können: „Selig, die Verfolgungen leiden um der Gerechtigkeit willen! Ihrer ist das Himmelreich“!
Dies erinnert an die Worte des hl. Paulus, der sagte, daß das Mysterium des Kreuzes für die einen eine Torheit, für die anderen ein Ärgernis sei. Viele Katholiken kennen das Evangelium und das Leben Jesu nur mangelhaft. Diese Ignoranz gegenüber den göttlichen Angelegenheiten, um ein Wort des hl. Pius X. zu gebrauchen, ist sicherlich der Hauptgrund für die Misstände, die wir heute sowohl in der Kirche als auch in der Welt sehen.
Der Buchtitel bezieht sich nicht allein auf die Verfasserin. Ihr Seelenführer, den sie ungefähr 1950 in Shanghai kennengelernt hatte, Pater Aiden McGrath, ein Apostel der Legio Mariae in China, der selbst der irischen Missionsgesellschaft des hl. Columban angehörte, hat Rose Hu gebeten, ihre Lagererinnerungen aufzuschreiben. In den Konzentrationslagern, in denen sie war, hatten die Kommunisten sie ins Lagerlazarett geschickt, weil sie vor ihrer Gefangennahme sich medizinische Kenntnisse angeignet hatte. Dort in der Krankenbaracke hatte sie die besondere Gelegenheit, heldenmütigen Seelen zu begegnen, einige von ihnen zu taufen und zahlreichen in ihren letzten Stunden beizustehen. Pater McGrath wollte nicht, dass die Erinnerungen dieser Helden verlorengehen. Erlauben Sie mir zu ergänzen, dass die chinesische Version im Radio Vatikan gelesen und im Sendebereich China ausgestrahlt wird. Das liegt daran, dass Rose in der chinesischen Untergrundkirche sehr bekannt ist.
MB: Trotz der 26 Jahre, die sie gewissermaßen als Gefangene in diesen kommunistischen Folterkammern in China verbracht hat, hat Rose Hu immer nach Gottes Vorsehung gesucht und dieser entsprochen: auch als sie unter Unterleibskrebs litt und andere Leiden zu erdulden hatte. Wie können wir uns an ihr ein Beispiel für das Leben nehmen?
Pater Daniel Couture: Die Antwort findet sich im Originaltitel ihres Buches: Die Freude im Leiden. Rose erinnert uns daran, dass wenn jemand ein Jünger unseres Herrn sein will, er sein Kreuz tragen muss in der Nachfolge des göttlichen Heilands – und es nicht schleppen soll. Denn es zu tragen bedeutet, dies in Liebe zu tun, in den schmerzhaften Umständen unseres Lebens das Hauptgnadenmittel zu erkennen und uns dadurch nach seinem Bilde formen zu lassen. Lesen Sie in ihrem Buch das Gedicht über den Schmerz, es handelt sich um ein kleines poetisches und geistliches Meisterwerk. In einem Wort: „Mein Gott, ich danke dir!“ zu sagen, auch wenn es wehtut. Das ist nicht leicht, gestehe ich, aber genau daran erinnert uns diese gute Seele.
MB: Nach der gewaltsamen Machtergreifung der Kommunisten in China begannen Christenverfolgungswellen. Rose Hu schreibt, der Kommunismus sei ein Feind Jesu. Worauf beruht diese Feindschaft?
Pater Daniel Couture: Der Kommunismus ist ein militanter Atheismus. Es gibt keinen Gott, sagen seine Vertreter, also auch keinen Wert oberhalb des Menschen.
Ich habe einmal in China ein riesiges Plakat an einem Gebäude gesehen, worauf stand: „Lasst uns eine neue Welt auf den Menschen aufbauen!“ Für den Kommunismus steht der Mensch im Mittelpunkt von allem, während für einen Christen Jesus, der menschgewordene Gottessohn, der gesandt wurde, um uns in den Himmel zu führen, der Mittelpunkt von allem ist. Deshalb besteht eine radikale Unvereinbarkeit zwischen dem Kommunismus und dem Christentum.
Übrigens hat Rose im Jahr 2003, noch bevor ihr Buch ins Englische übersetzt worden war, ein kleines Video selbst gedreht, das den Titel Soldiers of Christ, the battle continues („Soldaten Christi, der Kampf geht weiter“) trug. Im ersten Teil dieses Videos erzählt sie einen Teil ihrer Lebensgeschichte und im zweiten Teil vergleicht sie den Kommunismus und die neue Messe, nichts weniger als das! Der wichtigste Punkt ist derselbe: der Mensch steht im Mittelpunkt, nicht Gott.
MB: Ein Teil des Kampfes gegen die Katholiken in China war die Gründung der „Katholischen patriotischen Assoziation“, die von den Kommunisten kontrolliert wurde. Worum handelte es sich dabei und welche Rolle spielt diese Organisation heute noch?
Pater Daniel Couture: In den 1950er-Jahren seit Maos Machtergreifung wussten die Kommunisten sehr genau, dass die Katholiken ihr Spiel niemals mitspielen würden. Also beschlossen sie, eine „patriotische Kirche“ zu gründen, eine von Rom unabhängige chinesische Kirche, die von der Partei gesteuert wurde. Diese Assoziation, von der wir sprechen, ist ein Arm des kommunistischen Regimes, um eine schismatische Kirche zu lenken, die trotzdem den äußeren Schein des Katholischen wahrt. Es gibt sehr wohl Kirchen in China und auch Gläubige, die fromm und religiös erscheinen, aber all das dient nur dem Betrug, denn die wahre Kirche muss in den Untergrund gehen und wird gewaltsam verfolgt.
Roses ganzes Buch ist ein Zeugnis dessen.
MB: Nach ihrer Freilassung aus dem Gefängnis konnte Rose Hu in die Vereinigten Staaten ausreisen. Dort hat sie die katholische Tradition wiedergefunden und ist sogar dem Dritten Orden der Priesterbruderschaft St. Pius X. beigetreten. Wie konnte es dazu kommen?
Pater Daniel Couture: Sie beschreibt das in ihrem Buch: Bald nachdem sie einen chinesischen Katholiken in der Nähe von Los Angeles, wo sie lebte, kennengelernt hatte, stellte sie fest, dass die Handkommunion zu wenig Respekt vor der Heiligen Eucharistie bezeugt. Man muss sich in unsere Heldin hineinversetzen: Nachdem sie von 1955 bis 1981 von der Welt abgeschnitten war, fand sie sich in einer Kirche wieder, in der die neue Messe und die Handkommunion praktiziert wurden. Sie hatte überhaupt nichts von der Liturgiereform mitbekommen und sie hatte zunächst auch die Entscheidungen der Autoritäten nicht in Frage gestellt, weil sie so froh war über ihre Befreiung und dass sie nun endlich nach so vielen Jahren wieder in die Messe gehen durfte.
Aber dieser chinesische Katholik hat ihr die Augen geöffnet über das Wesen der Handkommunion und ihr von der traditionellen Messe erzählt, die er besuchte. Dies trug sich in der Tat in unserer Kapelle in Arcadia (am Stadtrand von Los Angeles) zu. In der Folge hat sie begonnen, dort in die Messe zu kommen. Als sie dann die Persönlichkeit und die Predigten von Erzbischofs Lefebvre kennenlernte, erkannte sie auf der Stelle in ihm denselben Geist, der auch die chinesischen Märtyrer beseelt hatte, die sie so gut kannte. Einer davon war der Erzbischof Ignatius Kung Pin-Mei, der am selben Tag wie sie, am 8. September 1955, inhaftiert worden war und der später, noch in Haft, Kardinal werden sollte. Sie entschied im Zuge ihrer geistlichen Entwicklung, – wie sie mir vielfach selbst gesagt hat – dass sie eine geistliche Tochter von Erzbischof Marcel Lefebvre werden wollte: „Im Himmel will ich eine geistige Tochter von Monseigneur Lefebvre sein!“ Deshalb wollte sie ein Teil der Priesterbruderschaft St. Pius X. werden, und durch ihren Eintritt in den Dritten Orden, in welchem Laien, die den Kampf des Erzbischofs verstanden haben, die Priester durch Gebet und Opfer unterstützen.
MB: Sie durften Rose Hu persönlich kennenlernen. Was für eine Art von Mensch war sie, die bereit war, die Hälfte ihres Lebens zu leiden, um unserem Herrn Jesus Christus nicht untreu zu werden?
Pater Daniel Couture: Sie war sicherlich eine der schönsten Seelen die ich in meinem Priesterleben kennengelernt habe. Sie war ganz „aus einem Guss“, genauso wie der Gründer unserer Bruderschaft. Man fühlt sich in Gegenwart solcher Seelen ganz klein. Man denkt sich: Was habe ich selbst denn gelitten für unseren Herrn Jesus Christus, für meinen Glauben? Ich denke mir, dass die ersten Christen zur Zeit der römischen Christenverfolgungen so wie sie gewesen sein müssen. Wie ich Ihnen bereits gesagt habe: man erkennt den Sinn des Evangeliums besser, wenn man solche Seelen kennenlernt. Der hl. Franz von Sales hat gesagt: Das Evangelium ist auf Papier geschriebene Musik. Das Leben der Heiligen spielt diese Musik. Rose ist eine Seele, die ihren Glauben kompromisslos gelebt hat. Sie muss einen einfach begeistern!
MB: Was denken Sie, würde sie wohl den Katholiken in der westlichen Welt raten, in einer Welt fast völliger Entchristlichung und antichristlicher Glaubensverfolgung?
Pater Daniel Couture: Halten Sie am Glauben fest! Gott ist viel mächtiger als alle Kräfte des Bösen! Glaubt an unseren Herrn Jesus Christus und an seine unbefleckte Mutter! Geht in die trationelle Messe!
Ich glaube, sie würde uns von der entscheidenden Rolle der Heiligen Jungfrau in unserem Leben erzählen, überhaupt in der Geschichte und in der Geschichte der verfolgten Christen in China.
Was die Seele von Rose Hu seit ihrer Bekehrung im Alter von 17 Jahren geprägt hat, ist die Legio Mariens und das eindrucksvolle Goldene Buch des hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort. Die Legio Mariens besteht aus eifrigen Laien. Dank des Paters McGrath in China, über den wir schon gesprochen hatten, hat Mao Tse-Tung vor Jahrzehnten zugeben müssen, die Legion Mariens sei der Feind Nummer eins der Kommunistischen Partei!
Rose hat viele Gnaden aus ihrer Hingabe an die Heilige Jungfrau und ihren Glauben an Maria erhalten. Sie würde uns sagen: Kehrt um zu Maria, vertraut ihr, liebt sie! Sie ist viel stärker als alle Feinde unseres Herrn!
MB: Danke für das Gespräch.
Rose Hu (1933–2012)
Mit Christus im chinesischen Straflager
Freude im Leiden
Übersetzung von Franz Kronbeck
kart., 264 Seiten, € 14,80