Fehlprägung einer Münze aus der Zeit Kaisers Tiberius' bestätigt Alter des Grabtuchs
Die Bilder vom Grabtuch wurden im Jahr 1976 mit einem Spezialcomputer, dem sog. VP 8-Image Analyzer, untersucht. Dieser erstellt zwar keine dreidimensionalen Bilder, aber er arbeitet mit Helligkeitsunterschieden, die vom menschlichen Auge als dreidimensional interpretiert werden. Die Bilder brachten ein weiteres Detail zum Vorschein, das mit bloßem Auge auf dem Tuch nicht zu sehen ist.
Die Augen des auf dem Tuch Dargestellten scheinen sehr tief zu liegen, mittels spezieller Techniken konnte man aber nachweisen, dass auf dem rechten Auge die Umrisse einer Münze nachweisbar waren. Jahre später konnte man solche Umrisse auch über dem linken Auge finden. Die Münze maß etwa 15 mm im Durchmesser und zeigte einen Krummstab in der Mitte, umgeben von einer Schrift: Tiberiou Kaisaros (Kaiser Tiberius).
Die Wissenschaftler kontaktierten den Chicagoer Numismatiker Michael Marx. Ihm war eine solche Münze nicht fremd, es existieren noch etliche Exemplare. Man analysierte die Bilddaten einer dieser Münzen und des Abdrucks auf dem Tuch und fand eine Übereinstimmung in 74 Details. Diese Münze war eindeutig unter Kaiser Tiberius geprägt und der Numismatiker konnte die Zeit und den Ort ihrer Prägung präzisieren: 29-32 n.Chr. in Judäa.
Bald stellte sich heraus: Die Münze war eine Fehlprägung, ein Buchstabe im Wort „Kaiser“ war falsch geschrieben, von dieser Fehlprägung gibt es heute noch weltweit drei Exemplare in Museen.
Wir kennen den heidnischen Brauch im antiken Griechenland, den Verstorbenen Münzen auf die Augen zu legen, um den Fährmann Charon zu bezahlen, der die Seelen der Toten in die Unterwelt führt. In der jüdischen Welt dürfte das einen ganz praktischen Grund gehabt haben: um die Augenlider geschlossen zu halten. Auch in anderen jüdischen Gräbern fand man Münzen, so auch im Grab einer Angehörigen der Familie des Hohenpriester Kajaphas, welches im Jahr 1990 in einem Jerusalemer Vorort entdeckt wurde.