11. Januar - Hl. Theodosius, Erzvater der Mönche
Theodosius wurde in einem kleinen Dorf in Kappadozien geboren und von seinen frommen Eltern in aller Gottesfurcht erzogen. In seiner Jugend wurde er zum Lektor in der Kirche aufgestellt und übte dieses Amt zur allgemeinen Erbauung der Gläubigen. Da er gemäß seines Amtes zum beständigen Lesen der heiligen Schriften verpflichtet war, erwarb er sich große Kenntnisse in Erklärung des göttlichen Wortes und die Betrachtung desselben trieb ihn an, immer vollkommener zu werden, ja der Welt gänzlich abzusagen und in der Einsamkeit Gott zu dienen.
Durch eine innere Stimme gemahnt, verließ er das Vaterhaus und das Vaterland und reiste nach Jerusalem, um dort am Grabe des Heilandes Gott über seine fromme Lebensweise um Rat zu fragen.
Auf der Reise besuchte er auch den heiligen Säulensteher Simeon. Dieser Heilige rief ihm, als er ihn kommen sah, mit lauter Stimme zu: „Sei mir willkommen, Theodosius, Diener Gottes!“ Verwundert, sich von dem Heiligen, der ihn niemals gesehen, mit Namen nennen zu hören, warf sich Theodosius vor ihm zur Erde nieder. Allein Simeon lud ihn ein, die Säule zu besteigen, umarmte ihn zärtlich, sagte ihm viele Umstände seines Lebens voraus und gab ihm gute Lehren zum geistlichen Leben. Gesegnet vom heiligen Simeon zog er getrost nach Jerusalem und besuchte dort mit größter Andacht alle heiligen Orte.
Nachdem er seiner Andacht Genüge getan, entschloss er sich für das Klosterleben und begab sich unter die Leitung eines gottseligen Einsiedlers, Longin mit Namen, der neben dem Turm Davids in einer Zelle lebte. Hier machte er die besten Fortschritte in der Tugend. Aus Gehorsam gegen seinen Lehrer und Oberen übernahm er die Leitung einer der seligsten Jungfrau geweihten Kirche, legte aber dieses Amt bald nieder und zog sich in eine auf einem hohen Berge gelegene Höhle zurück. Dort führte er nun das strengste Bußleben.
Von dem Rufe seiner Tugenden angezogen, kamen einige heilsbegierige Jünglinge zu ihm mit der Bitte, sie zu einem frommen Leben anzuleiten. Der Heilige nahm sie in seine Höhle auf.
Die erste oder Grundregel, welche der Heilige seinen Schülern gab, war das beständige Andenken und Betrachten des Todes. Um diesen Gedanken ihnen recht tief in das Herz zu prägen, ließ er eine für die ganze Gemeinde bestimmte Grabstätte machen. Als dieselbe fertig war, ließ er eines Tages alle seine Schüler dort versammeln und sagte zu ihnen: „Das Grab ist vollendet; wer wird es wohl von euch einweihen?“ „Ich“, rief der Priester Basilius aus. Sogleich warf er sich vor seinem Abt auf die Knie nieder und begehrte seinen Segen. Basilius bereitete sich nun zum Tode und ohne krank zu sein, starb er vierzig Tage nachher.
Als dieses Ereignis sich zutrug, hatte der Heilige nur 12 Schüler.
Am Osterfest hatten sie einst nichts mehr zu essen, es fehlte sogar das Brot zum heiligen Messopfer. Einige der Brüder murrten, allein der Heilige verwies ihnen ihren Kleinmut und sagte: „Setzet euer Vertrauen auf Gott, er wird euch helfen.“ Bald darauf sah man Maulesel mit Lebensmitteln beladen ankommen, ohne zu wissen woher.
Durch den Ruf der Wunder, welche Theodosius wirkte, und seine Heiligkeit angezogen, vermehrte sich die Zahl der Jünger, die Höhle wurde zu klein und der Heilige erbaute nun auf Eingebung Gottes nahe bei Bethlehem ein großes Kloster. Mit dem Kloster waren drei Krankenhäuser verbunden, wo die Brüder mit zärtlichster Sorgfalt die Kranken, die alle Aufnahme fanden, pflegten. Auch für die Fremdlinge und Pilger ließ der Heilige ein Haus bauen und die Zahl derselben wurde so groß, dass beinahe hundert Tische mit Speise besetzt werden mussten. Öfters war der Speisevorrat zu klein, den dann der Heilige durch Gebet wunderbar vermehrte.
Im Kloster selbst herrschte himmlischer Friede. Alle Brüder umschlang das Band heiliger Liebe, alle strebten unausgesetzt nach Vollkommenheit: sie führten ein engelgleiches Leben im sterblichen Leibe.
Nach mehreren Verfolgungen aufgrund seines Glaubens entschlief Theodosius im Alter von 105 Jahren sanft im Herrn im Jahre 529. Vor seinem Ende gab er seinen versammelten Jüngern zum Abschied noch heilsame Lehren. Sein Leichenbegängnis verherrlichten viele Wunder.
Quelle:
Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes